Gelsenkirchen. Fehlende Motivation, unpassende Fächerkombination: Die Gelsenkirchener FDP kritisiert angesichts der zunehmenden Klagen die Praxis grundlegend.
Die Gelsenkirchener FDP hat erhebliche Zweifel am Verfahren der Abordnung von Lehrkräften aus dem Münsterland nach Gelsenkirchen geäußert. Die Praxis sei nicht zielführend, heißt es. Zum einen, weil die Klagefreudigkeit der Abgeordnete zunehme, wie die WAZ berichtete. Zum anderen aber auch, weil häufig die Fächer der Abgeordneten nicht zum Bedarf der Schulen vor Ort passe. Als Beispiel nennt die Partei einen Gymnasiallehrer für Mathe und Chemie, der an einer Grundschule in Gelsenkirchen Deutsch unterrichten soll. Ob dies häufig der Fall ist, kann die WAZ allerdings im Einzelnen nicht überprüfen.
Absurd, dass Studierende aus Bochum und Essen nicht nach Gelsenkirchen dürfen
Die Bezirksregierung hat bereits entschieden, in allen beklagten 14 Fällen, ihre Entscheidung zurückzunehmen. „Das zeigt doch, dass man in der Behörde von den eigenen Plänen nicht überzeugt ist“, sagt die schulpolitische Sprecherin Bernadette Betz. Zum Schuljahresbeginn fehlen allein an Gelsenkirchener Grundschulen 98 Lehrer und Lehrerinnen. „Das ist eine bildungspolitische Katastrophe in einer Stadt, wo acht von 40 Grundschulen als höchst belastet beim schulscharfen Sozialindex eingestuft werden“.
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Zudem sei es „absurd, dass die Ruhrgebiets-Unis Essen und Bochum nicht die in der Region angesiedelten Städte bedienen dürfen.“ Die Chance, dass Studenten aus Münster nach Gelsenkirchen kommen, sei nicht nur unwahrscheinlich, sondern ökologisch wegen der Fahrtkosten und -zeiten bedenklich. Tatsächlich sind eigentlich nur Lehramtsstudierende der Universität Münster für Referendariate in Gelsenkirchen vorgesehen - eine Fehlsteuerung, auch die Verwaltung und andere Fraktionen bereits beklagt haben.
FDP will die Kompetenzen und Grenzen der Bezirksregierung aufweichen
Die FDP geht allerdings noch weiter. Angesichts der Bildungsmisere müsse man „die Grenzen und Kompetenzen der Bezirksregierungen im Ruhrgebiet aufweichen.“ Eine Jobvergabe über Landeslisten wurde früher lange praktiziert. Bis vor einigen Jahren konnten sich Lehrer gar nicht schulscharf für eine bestimmte Schule bewerben. „Sie wurden als Berufsanfänger dort eingesetzt, wo sie gebraucht wurden“, erinnert sich Betz. Die FDP regt eine Lehrer-Tauschbörse auf freiwilliger Basis an. Diese könne über die Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung in Gelsenkirchens Norden organisiert werden. „Dann könnte in Zukunft verhindert werden, dass eine Lehramtsstudentin der Uni Essen, die in Gelsenkirchen lebt, ihr Praktikum in Moers absolvieren muss.“
Zudem müsse es mehr Anreize geben für Bewerber. Neu am FDP-Vorschlag: Eine Wohngemeinschaft für mehrere Lehrer oder ein Shuttle-Service als Alternative zum eigenen Pkw oder der unzuverlässigen Bahn. Ein weiterer Vorschlag ist, die Lehrerausbildung neu zu strukturieren, zum Beispiel eine Art duale Ausbildung anzubieten, die an der Uni Wuppertal für Berufskolleg-Kräfte bereits praktiziert werde.