Gelsenkirchen. Bitter für Gelsenkirchen: 14 Lehrkräfte, die ab August Grundschulen mit extremer Personalnot entlasten sollten, haben erfolgreich geklagt.

Um die extreme Personalnot in Gelsenkirchen zumindest ein wenig zu lindern, hat die obere Schulaufsicht in Münster schon seit einigen Jahren Lehrkräfte aus dem besser versorgten Münsterland in die Emscher-Lippe-Region und speziell nach Gelsenkirchen abgeordnet. Für das kommende Schuljahr sollten es besonders viele - meist junge - Lehrkräfte sein, die Städte wie Gelsenkirchen mit vielen Brennpunktschulen entlasten.

Dafür wurde besonders auf ein Kaskadenverfahren gesetzt, das zu lange Anfahrtswege für die vorübergehend versetzten, im Behördendeutsch „abgeordneten“ Lehrkräfte verhindern soll. Doch nun haben 14 der 256 ausgewählten Lehrkräfte gegen die Auswahl ihrer Person beziehungsweise gegen das Auswahlverfahren geklagt - eine Grundschullehrerin und ein Gymnasiallehrer hatten per Eilantrag auf Rücknahme vor dem Verwaltungsgericht Münster bereits Erfolg. Das hat bittere Folgen für Gelsenkirchen.

Folgen gleich für mehrere Grundschulen in Gelsenkirchen

So sind drei Schulen in Gelsenkirchen von dem erfolgreichen Eilantrag und der daraus erfolgten Rücknahme der Abordnungsanweisung durch die Schulaufsicht der Bezirksregierung in Münster betroffen, und zwar mit insgesamt 1,83 Vollzeitstellen. Im Detail sind es die Grundschule Am Fersenbruch in Heßler, wo ein Stellenanteil von 0,86 mit einer abgeordneten Lehrkraft besetzt werden sollte, die Friedrich-Grillo-Schule in Schalke, wo 0,79 fehlende Kapazitäten ausgeglichen werden sollten und die Wiehagenschule in der Neustadt, wo allerdings lediglich eine Abordnung mit einer 0,18 Stelle geplant war.

Von den 14 Klagen, die sich nicht auf die grundsätzliche Abordnung, sondern auf das bei den Klägern angewendete Auswahlverfahren bezogen, sind zwar die meisten noch gar nicht verhandelt und erst recht nicht entschieden. Die Bezirksregierung in Münster habe sich aber entschieden, so die Antwort auf eine Anfrage der WAZ Gelsenkirchen, die Abordnungen bereits in allen beklagten 14 Fällen zurückzunehmen, um noch vor dem Schuljahresbeginn am 20. beziehungsweise 21. August (für Erstklässler) nach neuen Lösungen für das kommende Schuljahr zu suchen.

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Das Verwaltungsgericht hatte vor allem das Auswahlverfahren kritisiert, das zum Teil auch nach einer Vorauswahl mit Losentscheid gearbeitet hatte. Dies wolle man bei der Auswahl der für eine Abordnung infrage kommenden Lehrkräfte im nächsten Schuljahr berücksichtigen. „Die Organisationsgrundentscheidung, die gleichmäßige Sicherstellung der Unterrichtsversorgung im Regierungsbezirk Münster zu erreichen, dürfte grundsätzlich die Annahme eines dienstlichen Bedürfnisses für die Abordnung rechtfertigen“, bescheinigte das Gericht. Bei der Auswahl aber sah man Verbesserungsbedarf. Rechtliche Bedenken gegen das Auswahlverfahren hatte es schon frühzeitig gegeben. Lehrerverbände üben gar grundsätzliche Kritik am System von Abordnungen. Ihre Argumentation: Das mache den Lehrerberuf noch unattraktiver für viele junge Menschen und wirke sich negativ auf die Gewinnung von Nachwuchs aus.

98 Stellen an Grundschulen nicht besetzt

Wie genau die nun noch größer gewordenen Lücken in der Lehrerversorgung an Gelsenkirchens Grundschulen geschlossen werden sollen, will Schulrat Fridtjof Unger von der Unteren Schulaufsicht in Gelsenkirchen für den Grundschulbereich bei einem Gespräch mit Verantwortlichen der Bezirksregierung zeitnah in Münster besprechen. Laut der jüngsten Statistik der Bezirksregierung in Münster zur Lehrerversorgung in Gelsenkirchen fehlten allein an Grundschulen mehr als 98 Vollzeitkräfte, die Versorgungsquote gab Münster mit 84 Prozent an. Bei den Förderschulen in Gelsenkirchen waren es gar nur 83 Prozent besetzte Stellen, bei den Hauptschulen 82 Prozent.

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Mit den betroffenen Schulen, so die Bezirksregierung auf WAZ-Anfrage, wolle man gemeinsam Lösungen finden, „wie die Unterrichtsversorgung sichergestellt werden kann. Eine Kompensation wird durch schulamtsinterne Maßnahmen erfolgen, unter anderem durch erneute Ausschreibung von Elternzeitvertretungen und schulamtsinterne Abordnungen, mit dem Ziel, den Mangel gleichmäßig zu verteilen“, so eine Sprecherin der Bezirksregierung.