Gelsenkirchen. Nach aktuellem Stand hat jede Gelsenkirchener Grundschulklasse eine eigene Klassenlehrerin. Warum das zum Start aber schon anders aussehen kann.
84,49 Prozent: Das ist die Zahl, die die Bezirksregierung als „Personalausstattungsquote“ für Gelsenkirchens Grundschulen nennt. Zum Vergleich: NRW-weit liegt diese Personalausstattungsquote bei 99,07 Prozent, im Regierungsbezirk Münster insgesamt bei 97,9 Prozent an den Grundschulen. Trotz aller Bemühungen: Die Verteilung der Ressourcen bleibt also extrem ungleich, trotz der in Gelsenkirchen sicher dramatisch größeren Herausforderungen.
Noch sind keine Kürzungen der Stundentafel geplant
Den pädagogischen Gesamtstellenbedarf im Grundschulbereich beziffert die Schulaufsicht mit rund 834, besetzt sind knapp 697 Stellen, die Reserve eingerechnet sind es 704. Alles eingerechnet spricht die Schulaufsicht dennoch „nur“ von 90 unbesetzten Stellen. Das Startchancenpaket des Bundes, über das Gelsenkirchens Schulen eigentlich viel mehr Unterstützung bekommen sollen, schlägt sich in den aktuellen Besetzungsplänen nicht erkennbar nieder.
Schulrat Fridtjof Unger, der für die Schulaufsicht in Gelsenkirchen die Besetzungen der Grundschule koordiniert und die Schulen betreut, versichert: Es gibt nach jetzigem Stand für jede Gelsenkirchener Grundschulklasse eine eigene Lehrkraft. Und es soll - Stand Mitte Juli - im kommenden Schuljahr auch keine generellen Kürzungen der Mindest-Stundentafel geben.
Offizielle Besetzungsquote 5 Prozent höher als 2023
Im vergangenen Schuljahr waren an Grundschulen - je nach Besetzung - bei Musik, Kunst und/oder Religion Stunden reduziert beziehungsweise gestrichen worden mangels Personal. Tatsächlich lag die offizielle Quote Gelsenkirchener Grundschulen im August 2023 mit 79,2 Prozent noch einmal fünf Prozent niedriger als in diesem Jahr. Die Situation müsste sich also trotz höherer Schüler- und Klassenzahl leicht verbessert haben.
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Allerdings ist die Quote - 84,49 Prozent - nur bedingt aussagekräftig. Was sie immerhin zeigt: Die Besetzung ist auf Kante genäht, und zwar extrem. Reserven gibt es kaum. Sobald Lehrkräfte krank werden oder wegen Schwangerschaft ausfallen, kann der volle Unterricht kaum noch gewährleistet werden.
Bei den 45 als Abgeordnete von außen zur Verfügung stehenden Grundschullehrkräften handelt es sich um Lehrer, die aus nördlicheren Städten des Regierungsbezirks Münster abgeordnet wurden. Bei dem neuen Kaskadensystem kommen die zeitlich befristeten Kräfte nicht mehr unbedingt direkt aus Münster oder umliegenden Gemeinden. Vielmehr erfolgen die Versetzungen stufenweise, beispielsweise von Münster nach Dülmen, von Dülmen nach Haltern, von Haltern nach Recklinghausen und von dort nach Gelsenkirchen.
Das soll den (freiwilligen) Abgeordneten allzu lange Anfahrtswege ersparen. Allerdings bedeutet das natürlich auch, dass die Betroffenen für diese Zeit nicht umziehen müssen, keine Wurzeln in Gelsenkirchen schlagen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie in Gelsenkirchen bleiben nach Ablauf der (in der Regel) zwei Jahre, für die sie sich verpflichten, könnte dadurch noch ein bisschen unwahrscheinlicher werden.
Situation an Gymnasien und Gesamtschulen etwas besser
Neben den 45 von anderen Gemeinden abgeordneten Grundschul-Pädagogen werden fünf Gymnasialkräfte an Gelsenkirchener Grundschulen eingesetzt, drei weitere helfen von Gelsenkirchener Gymnasien aus.
Auch diesmal ist die Besetzung der Gymnasien mit 97,96 Prozent Ausstattungsquote besonders hoch. Gesamtschulen (93,94 Prozent) und Berufskollegs (94,13 Prozent) sind laut Bezirksregierung ebenfalls vergleichsweise gut ausgestattet in Gelsenkirchen, ebenfalls das Weiterbildungskolleg Emscher-Lippe (WBK). Allerdings bestreitet das WBK die laut Tabelle fantastische Besetzung mit 114 Prozent, von längst anderswo eingesetzten Lehrkräften spricht.
An Hauptschulen fehlen anteilig die meisten Lehrkräfte
Am meisten unter Unterbesetzung allerdings leiden aktuell ausgerechnet Gelsenkirchens Hauptschulen. 82,15 Prozent Besetzungsquote, und das bei einer besonders anspruchsvollen Schülerschaft mit vielen internationalen Förderklassen. Ähnliches gilt für die Förderschulen, an denen lediglich 83,3 Prozent der Stellen besetzt sind. Die Realschulen müssen sich nach jetzigem Stand mit 87,9 Prozent der benötigten Kräfte begnügen, die Sekundarschule hat immerhin 91 Prozent der vorgesehenen Stellen besetzt.