Gelsenkirchen. Zuvor übten sie deutliche Kritik, jetzt überschütten sie Karin Welge mit Lob. Was die Charmeoffensive über die SPD GE sagt - ein PolitGEflüster.

Vor fast genau drei Jahren lösten die fünf Bezirksbürgermeister Gelsenkirchens (allesamt SPD) mit einem Interview in der WAZ ein politisches Beben in der Stadt aus, in dem sie betonten, dass sie die „Zukunft der Stadt in Gefahr“ sehen.

Das Quintett unterstrich damals, mit Blick auf die Probleme, die es in Gelsenkirchen mit der Zuwanderung aus Südosteuropa gibt, dass ihre Geduld längst überstrapaziert werde. Von „Staatsversagen und Kontrollverlust“ war die Rede und auch davon, dass „die Bürger von der Stadtverwaltung und der Polizei oftmals nicht ernst genommen werden.“ Manchmal, so die Bezirksbürgermeister damals, „haben wir das Gefühl, dass die Stadtverwaltung, die Berufspolitiker – auch in Land und Bund – und die einfachen Bürger in verschiedenen Welten leben“.

Innerhalb der SPD kam das Interview erwartungsgemäß nicht bei allen gut an. Als Nestbeschmutzer und Rassisten wurden die Bezirksbürgermeister von nicht wenigen beschimpft, während andere ihnen für ihre Offenheit Respekt zollten. Hinter verschlossenen Türen stritt man in der Gelsenkirchener SPD, ob man die „eigene Stadtverwaltung“ und mit ihr, die eigene Oberbürgermeisterin öffentlich so kritisieren darf?

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Jetzt, drei Jahre später, melden sich die fünf Bezirksbürgermeister der SPD erneut gemeinsam zu Wort. Diesmal klingt alles ganz anders. Für die Stadtverwaltung, vor allem für Oberbürgermeisterin Karin Welge, regnet es Zuspruch und Lob.

„Die Gelsenkirchener Bezirksbürgermeister sind sich einig, dass Karin Welge eine gute Arbeit für die Stadt leistet. Von der Basis der SPD hört man deutlich und sehr positiv, dass man mit ihr gemeinsam in die Zukunft gehen möchte“, erklären Thomas Fath, Marion Thielert, Dominic Schneider, Joachim Gill und Wilfried Heidl.

„Gelsenkirchen ist auf dem richtigen Weg und wir sind uns sicher, dass wir mit Karin Welge vorankommen. Während wir in den Jahren zuvor mehr oder weniger auf taube Ohren gestoßen sind, hat sich das mit der neuen Stadtspitze geändert“, betonen die Bezirksbürgermeister.

Die Probleme im Zusammenhang mit der Zuwanderung aus EU-Ost habe auch Welge selbst klar angesprochen, der Landes- und Bundesregierung vorgetragen und dort Hilfe eingefordert. „Sie nutzt alle kommunalen Mittel und Möglichkeiten aus, um restriktiv und integrativ den Problemen zu begegnen“, schwärmen die Bezirksbürgermeister nun über das, was sie zuvor nach eigener Aussage zutiefst frustriert hatte. Und mehr noch: „Wir unterstützen Karin Welge als Kämpferin für die Interessen unserer Stadt. Das macht sie gut.“

Ein Kommentar von Sinan Sat, Leiter der WAZ-Redaktion Gelsenkirchen.
Ein Kommentar von Sinan Sat, Leiter der WAZ-Redaktion Gelsenkirchen. © funkegrafik nrw | Selina Sielaff

Andere SPD-Kandidaten sollen möglichst verhindert werden

Hintergrund für diese Charmeoffensive ist eine SPD-interne Debatte darüber, wer für die Partei 2025 bei der OB-Wahl antritt, auch, wenn das keiner öffentlich zugeben mag. Bislang hat sich Welge noch nicht erklärt, ob sie erneut für ihre SPD antreten will.

Die Bezirksbürgermeister wollen ihr nun öffentlich Anschub geben - nicht zuletzt auch, um möglichen anderen Kandidaten in der Partei, denen man das Amt nicht zutraut, von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ein erstaunlicher Vorgang in der Gelsenkirchener SPD, der tief in die Partei blicken lässt, die zuletzt bei der Europawahl nur noch drittstärkste Kraft in der Stadt wurde.