Gelsenkirchen. Kanadagänse verschmutzen Gelsenkirchens Parks und sorgen für immense Schäden. Die Tiere treiben aber nicht nur die Kosten in die Höhe.

Für die einen sind sie eine Plage, für die anderen schützenswerte Lebenswesen: Immer wieder sind Gänse Thema in Gelsenkirchen. Besonderes Ärgernis: Die eigentlich in diesen Breiten gar nicht heimischen Tiere verursachen jedes Jahr aufs Neue immense, sechsstellige Kosten – verursacht durch sogenannte Fraßschäden und durch die erforderliche Reinigung der von Kot verschmutzten Wege und Anlagen.

„Die zusätzliche Reinigung von März bis September kostet uns circa 100.000 Euro“, erklärt eine Sprecherin der Gelsendienste auf Nachfrage der Redaktion. Angesetzt seien drei Reinigungsstunden pro Tag in den Monaten April bis Oktober. Hinzu kommen die Nachpflanzungen der abgefressenen oder geschädigten Pflanzen, vor allem im Bereich Schloss Berge. Und die Sprecherin fügt noch ein Beispiel an: „Vor dem Sommerfest haben wir im Bereich Berge 1000 Begonien nachgepflanzt. Für diese Aktion liegt die Kalkulation bei circa 2000 Euro. Im letzten Jahr wurde im Bereich Berge insgesamt zweimal nachgepflanzt.“ Addiert würden sich die Kosten pro Jahr demnach auf knapp 104.000 Euro belaufen. „Viel ärgerlicher ist vor allem aber der zeitliche Aufwand, der dahinter steckt“, so die Sprecherin weiter.

Gänse in Gelsenkirchen: Hohe Schäden, hohe Kosten

Das grundsätzliche Problem, das nicht nur Gelsenkirchen betrifft: Die Kanadagänse fühlen sich wohl in der Gesellschaft des Menschen, suchen sogar bewusst die Nähe. Sie haben es gut in den Anlagen der Stadt, dort finden sie Lebensräume mit größeren Grün- und Wasserflächen. Ursprünglich stammt die Kanadagans – sie ist gut zu erkennen an ihrem schwarzen Kopf und Hals und dem grau gefiederten Körper – aus Nordamerika, wurde vor knapp 100 Jahren zum Teil versehentlich, zum Teil aber auch absichtlich ausgewildert, wie Georg Nesselhauf, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde, berichtet. Inzwischen gelte sie als etablierte „Neozoenart“, also als nicht heimische Tierart.

Auch im Gelsenkirchener Stadtgarten fühlen sich die Kanadagänse wohl.
Auch im Gelsenkirchener Stadtgarten fühlen sich die Kanadagänse wohl. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Der Bestand habe sich in den vergangenen drei Jahrzehnten etwa verzehnfacht, auch, weil es beispielsweise keine wirklichen Feinde für sie gibt, schätzt Nesselhauf. Der geschätzte Bestand in Gelsenkirchen liege bei circa 350 bis 500 Exemplaren, die sich vor allem in den Parkanlagen konzentrieren. Die Tendenz sei schwankend, abhängig vom jeweiligen Bruterfolg. „Eine gewisse Reduzierung fand im Frühjahr 2023 durch den Ausbruch der Vogelgrippe in Gelsenkirchen statt: Zwischen dem 12. Februar und 10. März wurden dem Veterinäramt 44 tote Kanadagänse vor allem aus den Berger Anlagen gemeldet“, berichtet Nesselhauf. Im Mai 2023 wurde die sogenannte Seuchenmeldung aufgehoben, da keine weiteren Fälle aufgetreten waren.

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Der geschätzte Bestand an Brutpaaren liege in Gelsenkirchen etwa bei 50 bis 70. Nesselhauf schränkt aber ein: „Genaue Zahlen, die aufwändige Synchronzählungen erfordern würden, liegen meines Wissens nach nicht nur hier nicht vor. Es gibt zwar Schwankungen, aber Populationszuwächse wie vor 20 Jahren sind nach unserer Einschätzung nicht erkennbar.“ Mittlerweile würden Forscher schon von einer Stagnation des Bestands sprechen. Die Gründe hierfür seien etwa, dass die Kanadagänse mittlerweile durch Schwäne und Nilgänse verdrängt werden oder ein fehlendes Futterangebot.

Während der Brutzeit sind die Tiere vor allem in Gelsenkirchener Parks zu sehen

Während der Brutzeit ist eine Konzentration vor allem in den Parks der Emscherstadt sichtbar, im Juni und Juli im Stadtgarten, am Berger See und den benachbarten Teichen, im Lohmühlental oder im Afrikateich der Zoom Erlebniswelt. Eigentlich sind die Tiere ihrem Standort treu, es kommt jedoch immer mal wieder vor, dass sie auch angrenzende Grünflächen wie den Golfplatz Leythe oder den Hertener Schlosspark bevölkern.

Noch vor zwei Jahren hatte Gelsendienste einen Versuch gestartet, weil es damals erhebliche Schäden an der Sommerbepflanzung gegeben hatte. Das Mittel der Wahl, das eigentlich Abhilfe schaffen sollte: spezielle Matten aus Kunststoff, in die Beete gesetzt, mit Spitzen, die für die Tiere beim Belaufen lediglich unangenehm sind, aber nicht zu Verletzungen führen. Was ist daraus geworden? „Der Versuch war leider nicht erfolgreich“, räumt die Gelsendienste-Sprecherin ein.

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Als sinnvolle Maßnahmen zur Bestandsbegrenzung würden in der Regel Fütterungsverbote und die Entwicklung von Rasenflächen zu (für Gänse unattraktive) Langgraswiesen angesehen, erläutert Georg Nesselhauf. Einige Städte wie Düsseldorf hätten „Gänsebeauftragte“, die Eier aus Gelegen entnehmen und die Tiere überwachen.

Der Erfolg all dieser Maßnahmen werde jedoch in Wissenschaft und Praxis kontrovers diskutiert. „Ein Bejagung der Tiere in den Parkanlagen ist keine machbare und sinnvolle Option und würde lediglich eine öffentliche Polarisierung dieses Themas herbeiführen“, betont Nesselhauf.