Gelsenkirchen. Tierschützer loben die Stadt Gelsenkirchen für ihren Umgang mit Stadttauben. Allerdings hinkt die Stadt bei ihren Plänen hinterher.

Dass in Gelsenkirchen Tierschutz großgeschrieben wird, wenn es um den Umgang mit Tauben geht, ist schon beim Deutschen Tierschutzbund angekommen. Die Emscherstadt gehe den „richtigen Weg, um nachhaltig zu einer gesunden Stadttaubenpopulation beizutragen und Konflikte mit den Anliegen der Bürger zu entschärfen“, heißt es aus der Pressestelle in Bonn. Das Gelsenkirchener Taubenmanagement sei ein „absolutes Vorzeige-Projekt“, meinen auch die Ehrenamtlichen, die sich im Auftrag der hiesigen Verwaltung um die Stadtvögel kümmern. Allerdings legt der aktuelle Stand bei dem Projekt nahe, dass sich die Stadt wohl etwas zu viel vorgenommen hat.

Kurzer Rückblick: 2006 half die menschliche Hand erstmals hochoffiziell beim Einrichten einer Tauben-Unterkunft in Gelsenkirchen: Der damals entstandene „Tauben-Turm“ in Buer galt dann als Vorbild für das, was 17 Jahre später an der Robert-Koch-Straße in der Altstadt entstehen sollte. Hier wird versucht, der Innenstadt-Population einen Übersee-Container schmackhaft zu machen, wo sich die Tiere niederlassen sollen und mit artgerechtem Futter versorgt werden sollen. Die Eier der Tauben werden dann durch Gipseier ausgetauscht, um die Population zu kontrollieren. 2024 sollte eigentlich an vielen Hotspots in der Stadt ähnlich vorgegangen werden. Aber der Plan stockt.

Tauben-Hotspots in Gelsenkirchen: Hier ist der Handlungsbedarf „sehr dringlich“

Als erstes sollte ein weiteres Taubenhaus an der Hiberniastraße/Ecke Bokermühlstraße entstehen, um den Tauben ein Zuhause zu geben, die durch den Verschluss ihrer Brutstätten an der Brücke Bokermühlenstraße vertrieben wurden. „Aufgrund personeller Engpässe bei der GAFÖG Arbeitsförderungsgesellschaft ist der Ausbau noch nicht so weit fortgeschritten wie geplant“, heißt es hierzu auf Nachfrage von der Stadt. Offenbar soll der Ausbau also als Integrationsmaßnahme von Arbeitssuchenden geleistet werden. So lief es laut Stadt auch beim Ausbau des roten Containers in der City.

Anna Ebke ist Vorsitzende des  „Stadttauben Gelsenkirchen e.V.“ und lobt die Stadt für Engagement beim Thema Tierschutz.
Anna Ebke ist Vorsitzende des  „Stadttauben Gelsenkirchen e.V.“ und lobt die Stadt für Engagement beim Thema Tierschutz. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Als „sehr dringlich“ wurde auch die Tauben-Lage am Brennpunkt Wickingstraße in Neustadt/Ückendorf bewertet. Die Stadt wollte hier auf vier Maßnahmen setzen: Die Grundreinigung der Brücke und der Gehwege, das Abschrägen der Mauervorsprünge, um den Einflug zu erschweren, eine engmaschigere Kontrolle des Fütterungsverbotes und – sofern möglich – eine Ansiedlung der Tiere an anderen Taubenschlägen.

„Da es sich beim Abschrägen der Mauervorsprünge um ein sehr spezielles Vorhaben handelt, wird derzeit noch nach einer passenden Firma gesucht“, lautet hierzu der aktuelle Stand von der Stadt. Der Bereich unter der Brücke werde regelmäßig durch Gelsendienste gereinigt. „Die komplette Grundreinigung soll dann erst im Zusammenhang mit den Umbaumaßnahmen stattfinden, damit der Erfolg der Maßnahme an der hoffentlich ausbleibenden Verschmutzung abgelesen werden kann“, sagt Stadtsprecher Martin Schulmann.

Tätig werden will man auch am Hauptbahnhof, wo unterhalb des Busbahnhofs viele Tiere brüten. Ein Termin für die weitere Planung unter dem Bus-Bahnhof sei für Mitte August angesetzt, heißt es hierzu. „Auch wir hoffen am Hauptbahnhof auf baldige Maßnahmen“, sagt Anna Ebke, die Vorsitzende des „Stadttauben Gelsenkirchen e.V.“, dessen Arbeit für das Taubenmanagement unerlässlich ist. „Gerade im Winter war es ein Hotspot mit Küken, die teilweise schwer verletzt in unseren Pflegestellen ankamen, da sie aus den Nestern direkt auf den Asphalt gestürzt sind“, sagt die Tierschützerin.

Tauben-Freunde sind dankbar für Maßnahmen der Stadt Gelsenkirchen

Ebke und ihr Team sind es auch, die das Taubenhaus an der Robert-Koch-Straße zu einem Erfolgsprojekt (160 Tiere brüten hier, 400 Eier wurden 2024 schon ausgetauscht) gemacht haben – ein Erfolg, der immer wieder durch Zwischenfälle geschmälert wird. Anfangs war es Dauerärger durch Vandalen, kürzlich kam durch einen Greifvogel, der den Park als sein bevorzugtes Jagdrevier auserkoren hatte, Unruhe in die Wohngemeinschaft. „Mittlerweile ist der Jäger aber weitergezogen“, heißt es aus dem Hans-Sachs-Haus. „Glücklicherweise“ würden sich die Tiere im Fall von Greifvogel-Attacken ohnehin in den Schlag zurückziehen „und sich dann von uns einsammeln lassen, statt verletzt auf der Straße zu sitzen“, nennt Anna Ebke einen weiteren Vorteil des Tauben-Containers.

So sieht es im Taubenhaus an der Robert-Koch-Straße aus. Mittlerweile ist der Container hier noch wesentlich dichter bewohnt.
So sieht es im Taubenhaus an der Robert-Koch-Straße aus. Mittlerweile ist der Container hier noch wesentlich dichter bewohnt. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Ob auch die weiteren Schwerpunkte erfolgreich angenommen werden, hängt im Kern auch davon ab, was der „Stadttauben e.V.“ noch in der Lage sein wird, zu leisten. Aktuell würden sich von den 60 Vereinsmitgliedern vor allem zwei um das Tauben-Haus in Buer und drei um das an der Robert-Koch-Straße kümmern. „In den letzten zwei Jahren haben wir einige Unterstützer dazu gewonnen, viel Aufklärungsarbeit geleistet und das Image der Stadttauben gewissermaßen verbessert“, sagt Ebke. „Aber was wir dringend brauchen, sind weitere Hände: Sei es als ehrenamtlicher Helfer oder auch Pflegestellen für kranke Tauben und Küken.“

Den Eindruck, dass die Stadt noch mehr Hilfe leisten könnte, will Ebke allerdings nicht entstehen lassen. „Wir sind mehr als froh, dass sich eine Stadt wie Gelsenkirchen Gedanken darüber macht, wie man mit der Taubenpopulation umgehen kann“, sagt sie. Es sei nicht weniger als „ein Dank an die Leute, die sich dem Tierschutz verschrieben haben.“