Gelsenkirchen/Recklinghausen. Gelsenkirchener Jungsozialisten bedauern den AfD-Sieg bei der Europawahl, sagen aber auch: „SPD muss ihre Strategie ganz klar überdenken.“

Die Ergebnisse der Europawahl haben zutage geführt: Die Menschen in Deutschland sind unzufrieden mit den Ampelaprteien. Die CDU ist in NRW klarer Wahlsieger, deutliche Verluste hinnehmen müssen SPD, Grüne und FDP, die AfD legt deutlich an Stimmen zu. Im Ruhrgebiet kam die SPD nur noch in Herne auf Platz eins. In Gelsenkirchen gingen die Sozialdemokraten nach der AfD nur noch als Dritte ins Ziel. Auffällig ist, dass viele junge Menschen rechts gewählt haben, die zuvor eher den Grünen zugewandt waren. Das beschäftigt auch die jungen Sozialdemokraten (Jusos), die auch ihre eigene Partei bei der Niederlage in der Verantwortung sehen.

Die jungen SPDler aus Gelsenkirchen und Recklinghausen betrachten die Wahl aus zwei Perspektiven als Niederlage. „Die SPD hat tausende Menschen verloren, die früher noch sozialdemokratisch statt blau gewählt haben und auch wir als Gesellschaft haben verloren, wenn eine rechtsextreme Partei von so vielen Menschen gewählt wird“, heißt es. Erschreckend finde man vor allem, dass die jungen Wähler die AfD gewählt haben.

Mehr zu den Wahlergebnissen in Gelsenkirchen

Jusos Gelsenkirchen behaupten: Social-Media Strategie der AfD hat viele Jungwähler überzeugt

Besonders besorgniserregend finden die Jusos aus Recklinghausen und Gelsenkirchen, dass viele 16- bis 24-Jährige ihr Kreuz bei der AfD gemacht haben. Sie machen dafür auch die Social-Media-Strategie der Partei verantwortlich, insbesondere auf Plattformen wie TikTok. Die Beiträge hätten ihren Anteil daran gehabt, dass viele junge Menschen von den „rechtsextremen Inhalten“ überzeugt wurden. Es gibt jedoch ein großes Aber. Denn so „einfach dürfen wir es uns nicht machen und den jungen Menschen die Verantwortung für die Wahlergebnisse zuschieben“, sagt Lisa Fullert von den Jusos Recklinghausen. „Vielmehr sind wir als politische Parteien in der Verantwortung, Themen zu setzen, die die Sorgen und Nöte junger Menschen wieder in den Blick nehmen.“

Berat Arifi von den Gelsenkirchener Jusos findet klare Worte für die Herangehensweise seiner Partei an das Wahldebakel: „Und auch mit einem Ost-West-Austausch, wie Hendrik Wüst ihn vorschlägt, ist niemandem geholfen. Was bringt es jungen Menschen aus Gelsenkirchen zu sehen, dass es jungen Menschen im Osten auch schlecht geht?“ Er schlägt vor, dass man statt auf Verständigung armer Bevölkerungsschichten zu setzen, lieber in marode Infrastruktur und gute Bildung investieren solle.

„Müssen die Probleme der Menschen wieder ernst nehmen“

Auch Lisa Fullert sieht die eigene Partei in der Verantwortung und fordert eine kritische Aufarbeitung der Wahlniederlage: „Die SPD hat sich zu lange und zu oft in innerparteilichen Diskussionen verfangen. Wir müssen wieder lernen, zuzuhören und die Probleme der Menschen ernst zu nehmen“. Der AfD sei es besser gelungen, die Sorgen der Menschen anzusprechen, als der Ampel-Regierung. Man müsse versuchen, die „Arbeiterklasse“ zurückzugewinnen. Denn vor allem die „einstige Kernwählerschaft der SPD“ habe es zu der AfD verschlagen, behauptet sie.

Videos und Bilder aus Gelsenkirchen finden Sie auch auf unserem Instagram-Kanal GEtaggt. Oder abonnieren Sie uns kostenlos auf Whatsapp und besuchen Sie die WAZ Gelsenkirchen auf Facebook.

Die Niederlage der Sozialdemokraten erklären sich die Jusos so: „Für uns ist das ein Zeichen dafür, dass die Kampagne der SPD kein klares politisches Profil hatte.“ Europa lasse sich nicht mit Bilanzen der Ampelregierung gewinnen, sondern mit europäischen Themen. „Die Partei muss ihre Strategie grundlegend überdenken, wenn sie im nächsten Wahljahr wieder die Menschen abholen will, für die sie Politik macht.“