Gelsenkirchen. Einige Tierarten sind in Gelsenkirchen vom Aussterben bedroht. Dabei fahren Männchen und Weibchen der Geburtshelferkröte doch schon mehrgleisig.

Bedrohte Tierarten haben in der Vergangenheit vor allem große Schlagzeilen gemacht, wenn ihretwegen etwas nicht gebaut werden konnte, oder Konzerte auf der Kippe standen. So hat ein gefährdeter Vogel namens Ziegenmelker ein 250 Millionen Bauprojekt in Tübingen ausgebremst, weil er dort gesichtet wurde. Auch die seltene Feldlerche sorgte bereits für Aufsehen: Ihr zuliebe musste Ed Sheeran sein Konzert von Essen/Mülheim nach Düsseldorf verlegen. Gelsenkirchen ist von solchen prominenten Fällen bisher verschont geblieben, doch auch hier ist der Schutz der Feldlerche ein Thema – und mit ihr auch von vier weiteren Tierarten.

Bedrohte Arten in Gelsenkirchen: „Menschengemachte Zerstörung natürlicher Lebensräume“

Als Hauptgrund für das Aussterben einiger Tierarten sieht Wolfgang Kwasnitza vom Naturschutzbund (NABU) die Zerstörung natürlicher Lebensräume. „Die Tiere haben immer weniger Platz, sie sind eingeschränkt.“ Das wirke sich dann auf ihre Fortpflanzung aus. Der Kiebitz, zum Beispiel, ist ein Bodenbrüter. „Durch eine intensivere Bewirtschaftung der Flächen wird er aber zurückgedrängt“, erklärt der NABU-Sprecher. Und das merkt man Deutschlandweit an seinem Vorkommen. Seit 1980 ist die Population um ganze 93 Prozent zurückgegangen.

Obwohl zum „Vogel des Jahres 2024“ gekürt, hat der majestätische Ruf des Kiebitzes auch in Gelsenkirchen einen düsteren Unterton angenommen. Einst existierten hier drei Verbreitungsgebiete, zurzeit ist nur noch ein letzter Rückzugsort übriggeblieben. Das Sutumer Feld ist das Zuhause von bis zu drei Brutpaaren. Seit einigen Jahren gibt es dort auch das „Kiebitz-Schutzprojekt“, das von Landwirten und der Kreisjägerschaft getragen wird. Seitens der Stadt heißt es, dass 2024 eine dauerhafte, strukturverbessernde Lösung angestrebt wird, um den Bestand zu sichern.

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Die Feldlerche hat in Gelsenkirchen zwar noch nicht so viel für Aufsehen gesorgt, wie beim Ed Sheeran Konzert, aber auch sie ist hier Thema. Denn ihr Bestand gilt als gefährdet, obwohl es in den vergangenen Jahren eher eine erfreuliche Entwicklung entgegen dem bundesweiten Abwärtstrend gegeben hat. Von einst nur zwei Vorkommen sind inzwischen sechs entstanden, mit insgesamt etwa 15 bis 18 Brutpaaren. Dieser Erfolg ist das Ergebnis gezielter Bewirtschaftung und neuer Flächenangebote wie dem Glückauf Park und der ehemaligen Kohlenreserve Graf Bismarck. Auch für den zwitschernden Flussregenpfeifer gibt es gute Nachrichten: In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Population in Gelsenkirchen auf relativ stabile fünf bis acht Brutpaare eingependelt. 

Geburtshelferkröte: Mehrgleisige Fortpflanzungsvariante trägt Früchte

„Bei Amphibien ist das größte Problem, dass immer mehr Flächen versiegelt werden“, sagt Kwasnitza. Das zerstöre ihre natürliche Umgebung, was sich dann auch auf das Fortpflanzungsverhalten auswirkt. Zwei Amphibienarten stehen in Gelsenkirchen auf der roten Liste, doch die Prognosen sind eher positiv. Die Kreuzkröte, eine stark gefährdete Art in NRW, findet in den Montanbrachen des Ruhrgebietes ihren Lebensraum. Gelsenkirchen hat hier eine besondere Verantwortung und gestaltet die Flächen so, dass der Bestand der Kreuzkröte immerhin als „stabil“ bezeichnet werden kann.

Die Geburtshelferkröte ist in Deutschland ein seltener Gast: Hier wurde sie in Herne gesichtet. In Gelsenkirchen könnte sie bald öfter zu sehen sein.
Die Geburtshelferkröte ist in Deutschland ein seltener Gast: Hier wurde sie in Herne gesichtet. In Gelsenkirchen könnte sie bald öfter zu sehen sein. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Ein leises Quaken ist auch wieder von einem Bewohner Gelsenkirchens zu hören, der nach Jahren der Abwesenheit zurückgekehrt ist: die Geburtshelferkröte. Diese kleine, unscheinbare Amphibie hat dank engagierter Naturschutzmaßnahmen wieder Fuß gefasst und sich in den vergangenen zehn Jahren erstaunlich vermehrt. Ihre besondere Fortpflanzungsmethode scheint also zu fruchten: Die Männchen tragen die Laichschnur nach der Paarung bis zum Ende der Embryonalperiode um ihre Hinterbeine gewickelt mit sich herum. Erst wenn die Embryonen voll entwickelt sind, setzen sie die Larven ins Gewässer ab. Dabei können sie mehrere Laichschnüre von verschiedenen Weibchen mit sich tragen. Auch die Weibchen sind ganz pragmatisch in ihrer Fortpflanzung und verteilen ihren Laich auf mehrere Männchen.

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