Gelsenkirchen. In Gelsenkirchen gab es keinen Widerspruch, als ein AfD-Politiker zum Schöffen gewählt wurde. Was ist das für ein Signal an die Wähler?

Die Realität ist, dass nicht nur ziemlich viele Menschen in Gelsenkirchen die AfD wählen, sondern diese hier auch eine ziemlich breite Basis hat. Wer also alle Menschen verteufelt, die irgendetwas mit der AfD zu tun haben, müsste in Gelsenkirchen ziemlich vielen, zu vielen Menschen aus dem Weg gehen.

Aber wer es ernst damit meint, die rechtsaußen stehende Partei nicht normalisieren zu wollen, Kooperationsverbote und Brandmauern in der Praxis leben will und nicht möchte, dass AfD-Funktionäre mehr Mitsprache in der Stadt haben, wer also ernst genommen werden will, der darf so etwas wie bei der vergangenen Schöffen-Wahl in Gelsenkirchen nicht passieren lassen.

WAZ-Redakteur Gordon Wüllner-Adomako kommentiert die Wahl eines AfD-Politikers zum Schöffen in Gelsenkirchen. „Das zeugt von politischer Schwäche und mangelnder Glaubwürdigkeit.“
WAZ-Redakteur Gordon Wüllner-Adomako kommentiert die Wahl eines AfD-Politikers zum Schöffen in Gelsenkirchen. „Das zeugt von politischer Schwäche und mangelnder Glaubwürdigkeit.“ © Gelsenkirchen | gowe

Denn hier wurde mit Friedhelm Rikowski nicht einfach nur ein Mann gewählt, der von der AfD vorgeschlagen wurde. Hier wurde jemand ohne Widerspruch gewählt, der für die AfD seit Jahren Politik in Gelsenkirchen macht, der die Partei mit verschiedensten Ämtern vertritt, der zwar wesentlich gemäßigter, sympathischer, unauffälliger wirkt als viele andere AfD-Vertreter in Gelsenkirchen, aber trotzdem so hinter der Ideologie seiner Partei und den regelmäßigen Ausfällen seiner Fraktion (wie jüngst die Verbreitung rechtlich problematischer Videos aus dem Stadtrat) zu stehen scheint, dass beides ihn nicht dazu bewegt, einen Parteiaustritt zu erwägen. Ein anderer „Gemäßigter“ hatte das getan: Der Gelsenkirchener Ratsherr Thorsten Pfeil verließ Partei und Fraktion Mitte des Jahres – weil er den „Kindergarten“ und das „ganze Völkische“ dort nicht mehr ertragen konnte.

AfD-Politiker wird zum Schöffen gewählt: Das ist inkonsequent von den anderen Parteien

Rikowski aber ist und bleibt einer der wichtigsten Vertreter der AfD in Gelsenkirchen. Nun wurde er nicht zum nächsten Oberbürgermeister gewählt, sondern „nur“ zum Schöffen. Aber so ein Laienrichter hat auch gesellschaftliche Verantwortung, entscheidet vor Gericht mit über Schuld oder Unschuld eines Angeklagten. Wenn für die anderen Fraktionen im Stadtrat doch sonst jeder politische Antrag für die Mülltonne ist, wenn die AfD der Urheber ist, warum lassen sie dann hier einen Riss in der Brandmauer zu? Wenn sich die anderen Fraktionen bei sonstigen Vorschlägen der AfD sofort auf die Hinterbeine stellen und AfD-Personal normalerweise für sie nicht tragbar ist, wie kann es sein, dass sie dann einen Ratsherren der Rechten als Schöffen zulassen?

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Es zeugt damit von politischer Schwäche und mangelnder Glaubwürdigkeit, von Inkonsequenz und einem zu laxen Umgang mit den eigenen Prinzipien, dass SPD, CDU und Grüne keinen Widerspruch eingelegt haben, als Rikowski zur Wahl stand. Wer seinen Wählern verspricht, gegen die AfD zu sein, der sollte das auch sein.