Gelsenkirchen. Die AfD Gelsenkirchen verbreitet Videos, die Rechte verletzen. Ihre Erklärung dazu? Einsilbig. Die Reaktion der Stadt? Soll kommen.

Die AfD Gelsenkirchen hat auf ihrer Facebook-Seite Links zu YouTube-Videos gepostet, die von einem Kanal mit dem Namen „AfD Leaks Gelsenkirchen Stadtrat“ veröffentlicht wurden. Sie zeigen Redebeiträge des Fraktionsvorsitzenden Jan Preuß, aber auch die sitzungsleitende Oberbürgermeisterin Karin Welge ist darin zu sehen und zu hören – teils mit technisch veränderter Micky-Maus-Stimme. Dabei ist es in Gelsenkirchen verboten, Videoclips aus den gefilmten und im Internet veröffentlichten Ratssitzungen herauszuschneiden und selbst zu veröffentlichen. Die Stadt prüft nun rechtliche Schritte.

Stadt Gelsenkirchen zu AfD-Videos: „Selbstverständlich ein Verstoß gegen das Urheberrecht“

„Bei dem Posting prüfen wir noch, was rechtlich möglich ist. Selbstverständlich ist es ein Verstoß gegen das Urheberrecht, der offenbar bewusst von der AfD unterstützt wird“, teilte Stadtsprecher Martin Schulmann auf Nachfrage mit. Und was sagt die AfD selbst? „Wir haben die Videos nicht veröffentlicht, es ist nicht unser Kanal“, behauptet man dort auf Nachfrage. Man verlinke lediglich auf die Videos. Wer hinter dem Kanal steckt, sei der Fraktion nicht bekannt.

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Im Gegensatz zu anderen Ratsfraktionen in vielen Ruhrgebietsstädten, wo die AfD vor allem durch Nichtstun auffällt, kann man der Gelsenkirchener Fraktion nicht absprechen, dass sie sich zu vielen Themen zu Wort meldet. Dabei schwanken die Forderungen gewaltig hin und her – zwischen sachlich und populistisch, wenn die komplexe Realität ausgeblendet wird.
Von Gordon Wüllner-Adomako und Sinan Sat

Aber warum unterstützt die AfD mit der Verbreitung der Videos eine eindeutige Urheberrechteverletzung? „Durch uns wurde keine Urheberrechtsverletzung begangen. Das ist unsere Antwort. Mehr nicht“, heißt es darauf von AfD-Pressereferent Christoph Martin Labaj. Wir versuchen es erneut und fragen: Also unterstützt die AfD als Rechtsstaatspartei (eine häufige, von Funktionären der Partei getätigte Selbstbezeichnung) klare Rechtsbrüche? Labaj: „Mehr als das haben wir nicht zu sagen.“

SPD: AfD hält sich nicht an Regeln und zeigt ihr „wahres Gesicht“

Mehr zu sagen haben die anderen Fraktionen im Gelsenkirchener Stadtrat: „Bei der Einführung des Rats-TV haben wir im Rat klare Regeln beschlossen. Dazu zählt, dass die Videos der Ratssitzungen nur von der Stadt Gelsenkirchen selber verwendet und bereitgestellt werden dürfen, denn das Rats-TV ist nicht für die Propaganda bestimmter Parteien auf Kosten der Steuerzahlenden da, sondern um lokale Politik insgesamt digitaler und transparenter zu gestalten“, sagt Taner Ünalgan von der SPD-Fraktion und ergänzt: „Wie erwartet, versucht die AfD, auch diese Regelung zu sabotieren. Das zeigt ihr wahres Gesicht – eine Partei, die sich selbst nicht an die Regeln hält, aber von anderen erwartet, dass sie es tun, ist verlogen. Die Stadtverwaltung hat bei der Verfolgung dieses Rechtsverstoßes unsere volle Unterstützung.“

Durch uns wurde keine Urheberrechtsverletzung begangen. Das ist unsere Antwort. Mehr nicht.
Christoph Martin Labaj

Deutliche Worte gibt es auch von CDU-Fraktionschef Sascha Kurth: „Bei rechtswidrigen Material hängt auch derjenige am Fliegenfänger, der das Material verbreitet, nicht nur der Ersteller.“ Die Reaktion der AfD sei bemerkenswert und habe den Anschein einer „fadenscheinigen Ausrede“. Kurth: „Ich erwarte, dass die Stadt bei ihrer Prüfung schnell zu einem Ergebnis kommt. Regeln wurden klar definiert, damit genau so etwas nicht passiert.“ Zu prüfen sei dabei auch, ob nicht schon das Bildschirmfoto von Jan Preuß aus der Ratssitzung, das die AfD in Ergänzung zu den YouTube-Links gepostet hat, eine Urheberrechtsverletzung darstelle.

Grüne Gelsenkirchen: Aussage der AfD wirkt nicht überzeugend

Mit dem Statement der AfD konfrontieren wir auch die Grünen, die die Einführung der Livestreams aus dem Rat zu Beginn der Ratsperiode als eines ihrer wichtigsten Ziele bezeichneten: „Die Aussage, dass die AfD nichts mit dem Kanal zu tun haben soll, wirkt absolut nicht überzeugend, vielmehr gehen wir von einem weiteren Versuch der AfD aus, die Grenzen des rechtlich Zulässigen auszutesten“, sagt dazu Co-Fraktionschefin Adrianna Gorczyk. „Die Geschäftsordnung des Rates, insbesondere die Vereinbarungen zum Livestream, gelten für alle, vor allem aber für Fraktionen und Stadtverordnete, die eine Vorbildfunktion haben.“ Auch Gorczyk erwartet von der Stadt eine schnelle Prüfung,

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Ratssitzungen in Gelsenkirchen werden seit Juni 2022 gefilmt und auf der Homepage der Stadt als Livestream zur Verfügung gestellt. Im Voraus gab es viele Jahre Diskussionen über die Einführung des Rats-TV, unter anderem sorgte man sich, dass gerade die AfD Schnipsel aus den Sitzungen nutzen könnte, um polarisierende Postings auf sozialen Medien zu verbreiten. Um das zu verhindern, wurden entsprechende Regelungen im Rats-TV-Beschluss getätigt. Um dem Beschluss Rechnung zu tragen, steht nun deutlich neben den Streams der Hinweis: „Das alleinige Nutzungsrecht liegt bei der Stadt Gelsenkirchen. Die Vervielfältigung oder Verwendung dieser Dateien (oder Teilen davon) in anderen elektronischen oder gedruckten Publikationen und deren Veröffentlichung (auch im Internet) ist nicht gestattet.“