Gelsenkirchen.. Seit 26 Jahren bauen die Modell-Eisenbahn-Freunde den Gelsenkirchener Eisenbahnverkehr der späten 50er-Jahre nach. Zwei Mal pro Woche treffen sich die 14 Bastler in ihrer Welt im Keller der Sternschule.

Hinter dem Modell eines Hauses erscheint der Kopf eines kleinen Jungen, der offensichtlich ganz aus dem Häuschen ist. Der vielleicht Fünfjährige hält sich mit seinen Händen an der Tischplatte fest, reckt sich und streckt sich auf Zehenspitzen, dreht den Kopf zur Seite und endlich, endlich sieht er etwas. „Da ist eine!“, ruft er mit weit aufgerissenen Augen und zeigt auf das Ende eines Eisenbahntunnels, aus dem im nächsten Moment ein Güterzug mit rostbedeckten Waggons schleicht.

So junge Begeisterung erleben die alten Hasen von den Modell-Eisenbahn-Freunden Gelsenkirchen nur selten. Ungefähr ein Mal im Jahr – beim Tag der Offenen Tür. Die Aussage von Dieter Giersch (60) macht stutzig angesichts der vielen glänzenden Kinderaugen. „Unsere Jugendlichen sind uns abhanden gekommen“, sagt der Vereins-Vorsitzende betreten. Wie zum Hohn sind mehrere Jungs zwischen vier und zehn Jahren mit ihren Vätern oder Opas in den Schulkeller an der Franz-Bielefeld-Straße in Schalke gekommen und können sich gar nicht sattsehen.

14 Vereinsmitglieder

Und unter der Sternschule gibt es allerhand zu entdecken. Die Modell-Eisenbahn-Freunde laden quasi zu einer Zeitreise in die späten 50er- und in die 60er-Jahre ein. Im Maßstab 1:87 – das ist das Format H0 – zeigen die verbliebenen 14 Vereinsmitglieder den Eisenbahnverkehr rund um den Gelsenkirchener Hauptbahnhof in den späten 50er-Jahren. Neben dem Hauptbahnhof mit dem angeschlossenen Bahnbetriebswerk versetzen die Besucher auch der naturgetreue Nachbau des Bahnhofs Rotthausen mit der Zeche und Kokerei Dahlbusch in Staunen. Die mit viel Liebe ausgearbeiteten Details erschlagen den Betrachter beinahe in ihrer Fülle. Für einen ausgedehnten Rundgang sollte man sich deshalb viel Zeit mitnehmen.

„Soviel wie heute bauen wir nur am Tag der Offenen Tür auf, sonst ist es weniger“, sagt Giersch. Zwei Mal in der Woche treffen sich die Modell-Eisenbahn-Freunde. Eine große Gruppe waren sie nie, zu Hochzeiten waren sie 25. Beim alten geblieben ist nur das Geschlecht: die Miniatur-Eisenbahner sind allesamt Männer. Männer zwischen 50 und Mitte 60. Der Junior in der Gruppe ist Stefan Bergner (35). Mit seiner Tätowierung, die einen kompletten Unterarm bedeckt, will er so gar nicht ins Bild passen.

Vorbild Hafen

Eisenbahn-Freunde GE

.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
.
. © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
1/18

In einem Nebenraum fällt ein Graffiti ins Auge. Das haben Sprayer an die Kaimauer im Hafen gemalt. „Das war ursprünglich unsere Jugendanlage“, zeigt Dieter Giersch über die etwa zwei mal fünf Meter große Platte, auf der der Modelleisenbahn-Nachwuchs eine Hafenanlage aufgebaut hat. Im Gegensatz zum Herzstück des Vereins nebenan ist diese Eisenbahnlandschaft lediglich nachempfunden und orientiert sich nur sehr grob an der realen Vorlage: dem Gelsenkirchener Hafen. „Wir haben nur die Situation als solche nachempfunden“, sagt Dieter Giersch über die Anlage.

Besonders stolz sind die Modell-Eisenbahn-Freude darauf, das beinahe alle Gebäude Marke Eigenbau sind. „Nur vereinzelt haben wir Industriebausätze verwendet. Und wenn, dann haben wir sie unseren Ansprüchen entsprechend angepasst“, so der Vereins-Vorsitzende. Ein verstorbenes Mitglied hat seinerzeit die Gebäude fotografiert und dabei einen Zollstock angelegt, damit der Maßstab der miniaturisierten Nachbauten stimmt. Eine 1:1-Umsetzung ist dabei nicht möglich. Der Gebäudebau sei immer mit Kompromissen behaftet, erklärt Giersch. „Die Häuser stehen bei uns auch nicht unbedingt an den Straßen, an denen sie in Wirklichkeit stehen.“ Das Ergebnis ist nichtsdestotrotz beeindruckend.

Lesen Sie auch

Eigentlich ein Blickfang: das Mosaikfenster des alten Hauptbahnhofes. Doch inzwischen hat es am ehemaligen Boecker-Modehaus seinen Glanz verloren. Fotos (2): WAZ, Martin Möller
Von Von Sylvia Lukassen