Gelsenkirchen-Horst. Christiane Kürten aus Horst hat beim Megamarsch durchs Ruhrgebiet mitgemacht – und als eine von 328 das Ziel erreicht. Das waren ihre Eindrücke.
Die Strapazen der vergangenen Tage sind Christiane Kürten nicht anzumerken, als wir sie in ihrer Mittagspause treffen. Dabei hat die 49-Jährige Zimmerassistentin eines Gelsenkirchener Orthopäden am vergangenen Wochenende 100 Kilometer zu Fuß zurückgelegt. Beim Megamarsch ging es für sie 19 Stunden lang von Essen aus quer durchs Ruhrgebiet.
1046 Mutige marschierten am vergangenen Samstag zwischen 16 und 16.30 Uhr an der Hallostraße in Essen in kleinen Gruppen los. Mit Christiane Kürten liefen ihr Mann und vier Freunde. Sie hatten auch gemeinsam einen Rucksack mit allem gepackt, das sie in den kommenden Stunden brauchen oder brauchen könnten: Getränke, Regenjacken, T-Shirts zum Wechseln, lange Hosen, Ersatzschuhe, Magnesium gegen Muskelkater, Mückenspray, Blasenpflaster, Sonnencreme, Stirnlampen, Schokolade,... „Unvorbereitet würde ich mir so etwas nicht zutrauen“, sagt die Marathonläuferin, die sich vor dem Marsch im Internet darüber informiert hat, was sie erwartet.
Und auch die Strecke hatten sie und ihr Mann vorher erkundet: Im Training waren sie zusammen den 37 Kilometer langen mittleren Teil und das Endstück über 30 Kilometer abgelaufen. Als Härtetest vor dem eigentlichen Event quasi.
Verregneter Start und Unwetterwarnung
Die Aufregung am großen Tag war trotzdem groß – auch, weil Unwetter vorhergesagt waren. Nach einem kräftigen Regenguss gleich nach dem Start besserte sich das Wetter aber und die Läufer konnten ihre Wanderung bis zum Einbruch der Dunkelheit genießen. Dann hieß es: Stirnlampen aufsetzen und weiter. „Als ich mich dann umgedreht habe, sah es aus wie Hunderte Glühwürmchen, die durch die Nacht laufen“, schildert Kürten die noch frischen Eindrücke. Bei der Orientierung half den Nachtwanderern neben Kreidepfeilen auf dem Boden auch eine App mit GPS.
Ein Teilstück, das durch einen finsteren Wald führte, war für einige der Starter eine der größeren Herausforderungen. „Der Veranstalter hatte vorher gesagt, dass wir nicht alleine gehen sollen“, erzählt Kürten. Sie habe sich aber nie unsicher gefühlt. „Als wir einmal nicht wussten, wo wir lang müssen, kamen sofort Malteser auf Motorrädern und haben uns geholfen“, erinnert sie sich.
Die Sanitäter begleiteten die Sportler während des gesamten Laufes. Außerdem konnten sie sich in regelmäßigen Abständen an Verpflegungsstationen mit Kohlenhydraten und Getränken versorgen. „Das war immer ein Highlight, weil alle geklatscht haben, wenn man dort ankam“, sagt Kürten. Denn anders als beim Marathon seien statt Fans nur Angehörige der Läufer an der Strecke gewesen, um die Wanderer anzufeuern. „Einige haben wir aber immer wieder getroffen. Es war am Ende wie eine große Familie“, schwärmt sie.
Nur 320 von 1046 erreichten das Ziel
Trotz der Anstrengung sei die Zeit schnell vergangen. Auch, weil die Stimmung unter den Aktiven so gut gewesen sei: „Wir haben so viele nette Leute kennengelernt, da schaut man gar nicht mehr auf die Uhr.“ Dass der Lauf dennoch eine extreme Herausforderung für die Teilnehmer war, wurde deutlich, als immer mehr abbrechen mussten. Nur 328 der Starter erreichten innerhalb von 24 Stunden tatsächlich das Ziel und erliefen sich eine Finisher-Medaille. Viele andere holten sich ihre Urkunden nach 40, 60 oder 80 Kilometern ab.
Auch die Sechsertruppe um Christiane Kürten dezimierte sich im Verlauf der Strecke entlang an der Zeche Zollverein, dem Oberhausener Centro und dem Landschaftspark Duisburg-Nord. Die letzten beiden Mitstreiter konnten an der 80-Kilometer-Marke vor Erschöpfung nicht weiterlaufen. „Da habe ich schon eine Träne verdrückt“, sagt Kürten.
Nach dem Lauf ging es in den Garten
Ins Ziel kam sie schließlich zusammen mit ihrem Mann. „Da hatte ich Gänsehaut am ganzen Körper, einfach pure Glücksgefühle“, erinnert sie sich und ihre Augen strahlen. Ein Gefühl, das noch lange anhielt. Obwohl sie die ganze Nacht durchgelaufen war, habe sie keine Müdigkeit gespürt. „Ich habe zu Hause sogar noch etwas Gartenarbeit gemacht und war am nächsten Tag pünktlich um sieben auf der Arbeit.“