Essen-Überruhr. Wohnstraße und Schulweg für viele: Aus Überruhr kommen Klagen über gefährliche Situationen. Stadt sieht Tempoverstöße im tolerierbaren Bereich.

Essens Milchstraße liegt in Überruhr und sie bereitet manchem im Viertel Sorgen. Die Strecke sei ein viel genutzter Schulweg, der zunehmend gefährlicher geworden sei, beschreibt etwa eine Anwohnerin, die die Situation seit Jahrzehnten kennt. Ihre Beobachtungen hat sie der Politik geschildert, spricht auch als Großmutter und im Namen weiterer Nachbarn, der Eltern der Kita Lummerland sowie Bewohnern, Angehörigen und Betreuern des Wilhelm-Becker-Hauses, in dem geistig behinderte Menschen leben. Es gibt eine Forderung, etwa nach weiteren Schildern oder Blumenbeeten. Die Stadt lehnt das jedoch ab.

Von der Langenberger Straße geht es hinauf in die Milchstraße, die viele Stichstraßen hat und ein „ordentliches Gefälle“, wie die Anwohnerin die Steigung nennt. Geprägt ist die Milchstraße durch viele kleine Häuser, die sich in den Nebenstraßen fortsetzen. Sie ist Wohnstraße und belebter Schulweg zugleich. Tempo 30 gilt hier. Verkehrsschilder weisen zudem auf Gehörlose hin. Denn an der Milchstraße befindet sich eben auch das Gebäude und Gelände des Diakoniewerks mit dem Wohnheim darauf.

Anwohner beschreiben Trubel an der Milchstraße in Essen-Überruhr vor allem morgens und nachmittags

„Im hinteren Bereich gibt es die inklusive Kindertagesstätte ,Lummerland‘“, weist die Anwohnerin auf weitere Betroffene und Kinder hin. Wenn man noch die vielen Kleinkinder im Umfeld hinzunimmt, könne man sich den Trubel draußen vor allem morgens und am frühen Nachmittag vorstellen.

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An diesem Vormittag wirkt die Straße eher beschaulich, ist nicht stark, aber doch regelmäßig befahren. Ganz anders aber sehe das oftmals aus, wenn die vielen Kinder und Jugendlichen sich auf den Schulweg machen. „Leider halten sich sehr viele Autofahrer nicht an diese Geschwindigkeitsbegrenzung“, beschreibt die Anwohnerin. Im Gegenteil: „Um die Ampelanlage an der parallel verlaufenden Klapperstraße zu umgehen, nutzen viele Autofahrer die Milchstraße als Durchgangsstraße mit der Intention, Zeit einzusparen und das gerade vor allem zu den Stoßzeiten, die sich ja leider mit den Schulwegzeiten überschneiden.“

Die Schüler besuchen entweder am oberen Ende die Grundschule Überruhr oder das Gymnasium Überruhr, das sich wenige Hundert Meter vom unteren Ende der Milchstraße entfernt befindet. Hinzu kommen noch unzählige Schüler, die sich allmorgendlich aus den Mehrfamilienhäusern im benachbarten Viertel auf den Weg machen, um dann eine der Haltestellen am unteren Ende der Milchstraße zu erreichen, um mit dem ÖPNV weiter zu ihrer Schule zu fahren.

Die Milchstraße ist eine Wohnstraße in Essen-Überruhr, die geprägt durch viele kleine Häuser ist - hier in Blickrichtung Langenberger Straße.
Die Milchstraße ist eine Wohnstraße in Essen-Überruhr, die geprägt durch viele kleine Häuser ist - hier in Blickrichtung Langenberger Straße. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Verschärft werde die Situation dadurch, dass eine Straßenseite meistens komplett zugeparkt sei, so fehlten etwa Ausweichmöglichkeiten für die von oben kommenden Fahrzeuge. Diese würden zusätzlich beschleunigen, um dem Gegenverkehr zuvorzukommen. Dabei achteten sie entsprechend weniger auf Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Fahrradfahrer, führt sie zu weiteren brenzligen Situationen aus.

Die Gefahren seien oftmals Gesprächsthema bei den Betroffenen und so seien bereits einige Ideen entstanden, damit der Bereich sicherer werde: Weitere Tempo-30-Schilder, die man mit zusätzlichem Hinweis auf die zu schützenden Gruppen erweitern könnte. Wer also das Schild am Anfang oder Ende der Straße übersieht, der würde so in deren Verlauf erinnert, lautet die Hoffnung.

Einige weitere Vorschläge sind verkehrsberuhigende Elemente wie Fahrbahnschwellen, Pflanzbeete und Blumenkübel, alternierendes Parken oder eine Einbahnstraße in einem Abschnitt (vor Einmündung Hinseler Hof, der die Klapperstraße mit der Milchstraße verbindet) in Fahrtrichtung Klapperstraße. „Damit würde man zumindest den Durchgangsverkehr deutlich einschränken, der durch die Fahrer entsteht, die die Durchfahrt der Milchstraße benutzen, um den Ampel-Rückstau an der Kreuzung Klapperstraße /Langenberger Straße zu umgehen“, begründet die Anwohnerin.

Zusätzliche Schilder weisen an der Milchstraße in Essen-Überruhr bereits auf die gehörlosen Anwohner hin.
Zusätzliche Schilder weisen an der Milchstraße in Essen-Überruhr bereits auf die gehörlosen Anwohner hin. © Sagan

Die geforderten zusätzlichen Zeichen seien unzulässig, zudem habe eine Messung der Geschwindigkeit über mehrere Tage zumindest keine erheblichen Tempo-Überschreitungen ergeben, diese lägen vielmehr im tolerierbaren Bereich, antwortet nun die Stadt und gibt gemessene Geschwindigkeiten zwischen 35 und 39 km/h an. Die eher geringe Verkehrsmenge weise wiederum nicht auf Schleichverkehre hin (im unteren Bereich 1800 Kfz täglich), während die Polizei von lediglich einem Unfall in den vergangenen Jahren spreche.

Einbahnstraße würde laut Stadt eine Mehrbelastung für umliegende Straßen bringen

„Der Einbau von verkehrsberuhigenden Elementen ist nicht zu rechtfertigen“, heißt es von der Stadt. Sollte die Milchstraße saniert werden, werde das Amt für Straßen und Verkehr diese Möglichkeiten prüfen. Auch eine Einbahnstraßen-Regelung lehnt die Stadt ab. Die Zuständigen befürchten dadurch eine Mehrbelastung für die umliegenden Straßen und wollen Anwohnern keine Umwege zumuten.

Tempo 30 gilt für die Milchstraße in Essen-Überruhr bereits.
Tempo 30 gilt für die Milchstraße in Essen-Überruhr bereits. © Sagan

Unzumutbar hingegen findet die Anwohnerin den derzeitigen Zustand. Immerhin könnten auch kleine Kinder wie ihre Enkelin (2) unvermittelt zwischen parkenden Autos auf die Straße laufen. Viele kritische Situationen habe sie im Laufe der Jahre bereits beobachten müssen. Nicht alle seien gut ausgegangen. Vor kurzem erst sei eine Katze vor ihrer Haustür überfahren worden, berichtet sie und fragt: „Wenn schon eine Katze mit ausgeprägtem Reaktionsvermögen keine Chance hat, einem Fahrzeug mit überhöhter Geschwindigkeit auszuweichen, wie soll es dann ein dreijähriges Kitakind, das sich beim Abholen von der Hand des Vaters losreißt und auf die Straße rennt?“

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