Essen. Das Ruhrbahn tauscht alte Niederflurbahnen aus und investiert in 40-Meter-Bahnen. Höhere Kosten sollen sich durch mehr Fahrgäste bezahlt machen.
Die Ruhrbahn stellt die Weichen für den Schienenverkehr der kommenden Jahrzehnte: In einer Sondersitzung hat der Aufsichtsrat des kommunalen Nahverkehrsunternehmen jetzt grünes Licht für den Kauf von 40 Niederflurbahnen der neuesten Baureihe NF5 gegeben. Das Besondere daran: Die Bahnen sind 40 Meter lang und damit zehn Meter länger als ihre Vorgängerinnen.
Die Ruhrbahn investiert 217 Millionen Euro in die neuen Bahnen, aber das ist nicht alles
Letzte Zweifel an der millionenschweren Investition konnte die Geschäftsführung um die neue Ruhrbahn-Chefin Linda Kisabaka offensichtlich zerstreuen. Der Rat der Stadt hatte dem Kauf bereits im Mai vergangenen Jahres zugestimmt.
Die neuen Niederflurbahnen sollen in den kommenden fünf Jahren 34 Bahnen der ersten Baureihe NF1 aus den Jahren 1999 bis 2001 ersetzen, die dann ihre Lebensalter erreicht haben und ausgemustert werden.
Da die Beschaffung neuer Fahrzeuge mehrere Jahre Vorlauf benötigt, stand die Ruhrbahn also vor einer zukunftsweisenden Weichenstellung - und entschied sich für die kostspieligere Variante. Die neuen Niederflurbahnen schlagen mit 217 Millionen Euro zu Buche; 165 Millionen Euro hätte die Ruhrbahn für 30 Meter lange Niederflurbahnen aufwenden müssen.
Die 40 Meter langen Niederflurbahnen sollen in Essen auf vier Linien zum Einsatz kommen
Hinzu kommen höhere Ausgaben für die Infrastruktur. Damit die längeren Bahnen repariert und gewartet werden können, müssen neben den Betriebshöfen Stadtmitte und Schweriner Straße auch einige Haltestellen umgebaut werden. Die Ruhrbahn geht inzwischen von zusätzlichen Kosten in Höhe von 45 Millionen Euro aus, wobei im Betriebshof Mitte ohnehin Mittel für eine Sanierung nötig sind.
Die neuen Bahnen sollen auf den Linien 103, 105, 107 und 108 zum Einsatz kommen. Die Haltestellen Philippusstift, Schwanenbuschstraße, Katernberger Markt und Abzweig Katernberg müssen baulich angepasst werden, damit die 40-Meter-Bahnen dort halten können.
Die Ruhrbahn begründet die Anschaffung größerer Fahrzeuge damit, dass einzelne Linien in Spitzenzeiten bereits heute an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Das Fahrgastaufkommen aber soll noch weiter steigen. Mit Inbetriebnahme der „Citybahn“ im Jahr 2026 wachse laut eigenen Prognosen der Anteil des öffentlichen Personennahverkehrs am Gesamtverkehr von heute 19 auf 21 Prozent. Politisch ist im Rahmen der beschlossenen „Verkehrswende“ sogar ein Anteil von 25 Prozent bis zum Jahr 2035 das erklärte Ziel.
Bereits vor der Entscheidung des Stadtrates im Mai hatten Vertreter der FDP und des Essener Bürgerbündnisses Kritik am Kauf der 40-Meter-Bahnen geäußert. Sinnvoller seien kürzere Taktzeiten. Allerdings lässt das Tunnelsystem nach Angaben der Ruhrbahn keine zusätzlichen Fahrten mehr zu.
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Auch eine Ausdünnung der Taktzeiten würde laut Ruhrbahn für längere Fahrzeuge sprechen
Selbst für den Fall, das Taktzeiten aus wirtschaftlichen Gründen gekürzt werden müssten, könnten die längeren Fahrzeuge nach Ansicht ihrer Befürworter einen gewissen Ausgleich schaffen. Fahrgäste müssten dann nicht befürchten, zu Spitzenzeiten am Bahnsteig stehen gelassen zu werden. Auch mit diesem Szenario soll sich der Aufsichtsrat während der Sondersitzung befasst haben.
Die Ruhrbahn wird die Ausschreibung für die neuen Straßenbahnen nun auf den Weg bringen. Wie zu hören ist, wollen sich die Verkehrsbetriebe aus Krefeld und Oberhausen anschließen, was das Auftragsvolumen erhöhen und die Kosten pro Fahrzeug somit reduzieren dürfte. Die Oberhausener Stoag will demnach sechs 30-Meter-Bahnen gegen neue, gleichlange Fahrzeuge ersetzen, sich die Option auf 40 Meter lange Bahnen aber offen halten, falls die Linie 105 von Essen nach Oberhausen verlängert werden sollte.
Offen bleibt vorerst, ob die Ruhrbahn im Busverkehr wie beschlossen weiter auf Wasserstoff setzt. Die ersten 19 Busse sollen bald in Betrieb gehen. Ob angesichts steigender Kosten weitere Wasserstoff-Fahrzeuge folgen werden, darüber will der Aufsichtsrat im März beraten.
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