Essen. Die Ruhrbahn nimmt 19 Wasserstoffbusse in Betrieb. Ob weitere Fahrzeuge folgen, scheint offen. Umstritten ist der Kauf längerer Straßenbahnen.
Die Ruhrbahn erwartet in diesen Tagen ihre ersten Wasserstoff-Busse. 19 Fahrzeuge wird das kommunale Nahverkehrsunternehmen in Betrieb nehmen: zehn Gelenk- und neun Solobusse. Die Ruhrbahn will damit ihrem selbst gestecktem Ziel, in naher Zukunft klimaneutral zu fahren, ein gutes Stück näherkommen. Ab 2033 soll die komplette Busflotte mit Wasserstoff fahren. Ob es so kommt, scheint allerdings fraglich. Anfang kommenden Jahres wird sich der Aufsichtsrat der Ruhrbahn nach Informationen dieser Redaktion mit der Wasserstoff-Strategie des Unternehmens befassen.
Gründe dafür gibt es genug: Der Ausbau der nötigen Infrastruktur kommt im Ruhrgebiet zum Leidwesen von Wirtschaft und Wirtschaftsförderern nur schleppend voran. So werden die neuen Wasserstoffbusse der Ruhrbahn an den Betriebshöfen an der Ruhrallee und an der Duisburger Straße in Mülheim durch Tankwagen betankt.
Aufgrund ihrer geringeren Reichweite hatte sich die Ruhrbahn gegen Elektro-Busse entschieden
Zudem stellt sich die Frage, welche Kosten auf die Ruhrbahn zukommen. Das Fraunhofer Institut hatte laut Medienberichten jüngst darauf hingewiesen, dass die Bundesrepublik innerhalb der Europäischen Union mit den höchsten Wasserstoffpreisen rechnen muss, aufgrund ihrer Abhängigkeit vom Import.
„Die Ruhrbahn hat auf Wasserstoff gesetzt. Aber zu welchem Preis und in welchen Mengen?“, sagt Eduard Schreyer, verkehrspolitischer Sprecher der FDP im Rat der Stadt, dessen Partei nicht im Aufsichtsrat vertreten ist. Abzuwarten bleibt zudem, welche Strategie die kommende Bundesregierung hinsichtlich Wasserstoff verfolgen wird.
Fest steht hingegen: Ohne öffentliche Förderung wird die Ruhrbahn den Umstieg nicht stemmen können. Die Anschaffung der 19 Wasserstoffbusse hat das Land mit 4,8 Millionen Euro bezuschusst; NRW trägt 60 Prozent der Mehrkosten. Hintergrund: Ein mit Wasserstoff betriebener Linienbus ist etwa doppelt so teuer wie ein Dieselbus. Die mögliche Alternative, den Umstieg auf Elektrobusse, hatte die Ruhrbahn aufgrund der deutlich geringeren Reichweite der Fahrzeuge verworfen.
Die 1999 bis 2001 in Essen eingeführten Niederflurbahnen haben bald ihre „Lebensdauer“ erreicht
Ausgemachte Sache ist hingegen der Kauf von 40 Niederflurbahnen der neuesten Baureihe NF5 für 217 Millionen Euro. Der Rat der Stadt hat dafür bereits grünes Licht gegeben. Die Bahnen sollen in fünf Jahren 34 Niederflurbahnen der ersten Generation aus den Jahren 1999 bis 2001 ersetzen, weil diese dann ihre „Lebensdauer“ erreicht haben.
Die neuen Niederflurbahnen sind 40 Meter lang und damit zehn Meter länger als die alten. Die Ruhrbahn begründet die Anschaffung unter anderem damit, dass mehrere Linien heute bereits in Spitzenzeiten an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Mit Inbetriebnahme der „Citybahn“ ab 2026 dürfte das Fahrgastaufkommen auch auf anderen Linien steigen, heißt es. Politisch ist ein erklärtes Ziel, den Anteil des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs bis 2035 auf 25 Prozent zu steigern.
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Betriebshöfe der Ruhrbahn und einige Haltestellen müssten für die 40-Meter-Bahnen umgebaut werden
Die neuen Bahnen sollen auf den Linien 103, 105 und 107 und 108 zum Einsatz kommen. Ein Vorteil der 40-Meter-Bahnen: Um Fahrgäste zu befördern, braucht es keine zusätzlichen Fahrer. Die Alternative, eine Taktverdichtung durch den Einsatz zusätzlicher Bahnen, ließe das unterirdische Straßenbahnnetz nicht zu, betont die Ruhrbahn.
Dennoch ist der Kauf durchaus umstritten. Eine 40-Meter-Bahn kostet 5,3 Millionen Euro; der Preis liegt etwa ein Drittel über dem einer 30-Meter-Bahn. Zudem müssen die Betriebshöfe Stadtmitte und Schweriner Straße für Wartung und Reparatur der längeren Bahnen umgebaut werden, sowie einige Haltestellen. Die Kosten dafür belaufen sich auf insgesamt 43 Millionen Euro.
Der Bau neuen Niederflurbahnen benötigt mehrere Jahre Vorlauf. Der Auftrag soll 2025 vergeben werden. Anfang des Jahres wird sich der Aufsichtsrat abermals mit dem Projekt befassen.
Im Rat der Stadt votierten das Essener Bürgerbündnis (EBB) und die FDP dagegen. Die Liberalen warben dafür, stattdessen neue 30 Meter lange Bahnen anzuschaffen. „Für die meiste Zeit des Tages bedarf es keiner längeren Züge“, sagt FDP-Ratsherr Eduard Schreyer. Geld, das sich so einsparen ließe, solle stattdessen in die Infrastruktur investiert werden.
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