Essen. In Borbeck investiert Covivio 1,6 Millionen Euro in eine alte Krupp-Siedlung. Das ist gut für Klima und Heizkosten. Aber was wird aus dem Erscheinungsbild?
Schon die Straßennamen lassen erahnen, dass es sich um eine besondere Adresse handelt: Man wohnt am „Oberen Schlosshang“, am „Unteren Schlosshang“, an der „Fürstäbtissinstraße“ oder an der „Residenzaue“. Die gleichnamige Parkanlage, quasi die Fortsetzung des Schlossparks, liegt gleich vor der Haustür, Schloss Borbeck selbst ist kaum einen Steinwurf weit entfernt. Doch die kleine Siedlung, von der hier die Rede ist, sticht nicht allein aufgrund ihrer Lage heraus. Ihre ruhige, aber durchaus beachtliche Architektur macht die frühere Krupp-Siedlung zu einem Hingucker. Ob das so bleibt, ist wegen der gerade in großem Stil geplanten Wärmedämmung die Frage.
Nicht nur auf der Margarethenhöhe , im Altenhof in Stadtwald/Rüttenscheid oder im Luisenhof in Frohnhausen, auch hier, mitten in Borbeck, hat der für hohe Qualität bekannte Kruppsche Wohnungsbau bis heute Spuren hinterlassen. In den Jahren 1926 bis 1936 entstand unweit des ehemaligen Sommersitzes der Äbtissinen die Siedlung Residenzaue, nach Entwürfen von Robert Schmohl und Hannes Meyer im Stile einer neuen Sachlichkeit erbaut. Verzichtet wird dabei zwar auf idyllisierendes Fassaden-Zierrat, das man für überholt hielt. Doch das für Krupp-Siedlungen so typische Bemühen um Heimeligkeit und menschliches Maß beim Wohnungsbau ist auch hier erkennbar.
Auf der Denkmalliste der Stadt Essen sucht man die Siedlung vergebens
Auf der Denkmalliste der Stadt Essen findet man die Siedlung dennoch nicht. Mancher mag sich fragen, warum nicht? Jetzt, wo die Fassaden hinter Baugerüsten verschwinden. Das Wohnungsunternehmen Covivio, Eigentümer und damit Krupp-Nachfolger, lässt die Gebäude energetisch sanieren und modernisieren. Die Fassaden bekommen eine Wärmedämmung verpasst durch 16 Zentimeter dicke Platten aus Mineralwolle. Balkontüren und Holzfenster werden ausgetauscht, ebenso die Eingangstüren.
Damit nicht genug: Einige Häuser bekommen im Innenhof erstmals Balkone und Terrassen. Bei anderen werden Loggien durch vorgesetzte Balkone vergrößert. Die Treppenhäuser erhalten einen neuen Anstrich, Briefkästen wandern vom Hausflur nach außen. Grünanlagen, Wege und Außenbeleuchtung werden ebenso erneuert wie die Abstellplätze für die Mülltonnen.
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Mieter sollen von der energetischen Sanierung profitieren, die Heizkosten dürften um 40 Prozent sinken
All das lässt sich das Wohnungsunternehmen etwas kosten: 1,6 Millionen Euro investiert Covivio nach eigenen Angaben in Instandsetzung und Modernisierung, auch dank öffentlicher Förderung. Für die Bewohner soll sich dies bezahlt machen, sinkt der Energiebedarf der Gebäude, wie Covivio betont, doch erheblich. Die Heizkosten verringern sich demnach voraussichtlich um bis zu 40 Prozent, was einer durchschnittlichen Einsparung von etwa 50 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche entspricht.
Die Mieten dürften allerdings steigen. Die Aufwendungen für die Modernisierung werden mit acht Prozent pro Jahr als Modernisierungszuschlag auf die Miete umgelegt, einige Instandhaltungskosten müssen die Mieter alleine tragen.
„Mit unserer Modernisierung erhöhen wir die Wohn- und Aufenthaltsqualität unserer Mieterinnen und Mieter“, betont Covivio auf Anfrage. Auch dem Klimaschutz dient die Millionen-Investition. Doch für das Wohnungsunternehmen stellt sich auch die Frage, vor der jeder Eigentümer steht, der seine Immobilie energetisch sanieren lässt: In wie weit verändert sich das äußere Erscheinungsbild des Gebäudes? Auch dieses hat schließlich seinen Wert, selbst wenn es nicht in Euro-Beträgen und CO2-Kennziffern messbar ist.
Covivio versucht „bestmöglich den Charakter der Siedlung zu erhalten“, teilt das Unternehmen dazu mit. Ob dies gelingt, wird man sehen. Im April soll alles fertig sein.
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