Essen. Alljährlich steht das Riesenrad während der Lichtwochen in der City. Der Betreiber sagt: „Essener sind robust“ und erklärt im Interview, warum.

36 Gondeln, 46 Meter hoch: Das Riesenrad auf dem Essener Burgplatz ist für Klaus Wilhelm Leidenschaft, Hobby und Geschäft. Seit er vor 60 Jahren die Schule verlassen hat, ist er im Betrieb aktiv. Jedes Jahr kommt der 76-Jährige mit seiner Familie und Lkw-Ladungen voller Einzelteile von seiner Heimatstadt Hannover ins Ruhrgebiet und baut auf dem Burgplatz das Riesenrad - oder, wie es in Essen heißt „Lichtrad“ - auf. Wie viele Runden der Senior in seinem Leben schon gefahren ist, hat er nie gezählt. Jetzt ist er mit WAZ-Redakteurin Iris Müller bei neun Grad und Regen in die Gondel gestiegen und hat von seiner Leidenschaft, den Herausforderungen und dem Thema Höhenangst erzählt.

Herr Wilhelm, was ist das ideale Riesenrad-Wetter?

Schön warm, wie jetzt zum Beispiel (lacht). Ich hab mich damals überreden lassen, eigentlich dachte ich, auf dem Weihnachtsmarkt fährt niemand, aber ich habe mich getäuscht. Die Leute sind hier sehr robust. Das finde ich natürlich gut, ist klar.

Hat sich die Innenstadt verändert in den Jahren, seitdem Sie hier das Riesenrad aufgebaut haben? Wenn wir gleich oben sind, haben wir ja einen guten Blick darauf.

Das wäre eine Frage, die Sie meiner Frau stellen müssten, weil die in der Stadt rumrennt und einkaufen geht. Die ist ein guter Kunde hier in vielen Läden. Ich bin auf mein Geschäft fixiert.

Riesenrad-Chef: „Das ist ein solides Geschäft“

Okay, dann kommen wir mal zum Geschäft: An welchen Stellen muss das Riesenrad am häufigsten repariert werden?

Das Riesenrad ist ein stationärer Bau, ist fast gar nicht dynamisch hoch beansprucht und somit gibt es auch kaum Verschleißteile, außer eben die Technik: Motoren, Antriebe und so weiter. Die werden alle Jahre gewartet. Wir haben einen Techniker, einen Freund aus Holland, der hat diese Anlage damals in der Fabrik mit gebaut. Der kommt regelmäßig und checkt die Anlage durch, die Elektronik und so weiter. Wir haben das immer im Blick. Ansonsten ist das Riesenrad - toitoitoi - ein solides Geschäft.

Ist eigentlich schonmal jemand rausgefallen? Die Gondeln sind ja offen und die Geländer eher so mittelhoch, Kinder sollte man also vielleicht besser festhalten.

Wenn Sie am Bahnsteig stehen, müssen Sie die Kinder auch festhalten, damit die nicht in den Zug reinrennen. Wieso sollte das hier anders sein? Unsere Leute passen auf, dass nichts passiert und wir haben überall Schilder, die auf die Regeln hinweisen. In den 80 Jahren - so lange wie wir Riesenräder in der Familie haben - haben wir noch keinen Unfall gehabt. Es ist nicht eine Person durch das Geschäft zu Schaden gekommen.

Riesenrad-Chef: „Die Essener sind robust“

  • Die Lokalredaktion Essen ist auch bei WhatsApp! Abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Kanal: direkt zum Channel!

Mir ist allerdings ein bisschen kalt in Ihrer Gondel. Planen Sie, die bald in geschlossene Modelle zu tauschen, wie es in anderen Städten schon Standard ist?

Ich bin da kein Freund von. Das richtige Riesenrad-Feeling ist der Wind, der hier durchgeht. Wenn es heiß ist, im Sommer, dann will keiner in einer geschlossenen Gondel sitzen. Und wenn wir jetzt noch mit Klimaanlagen und all so‘nem Krempel anfangen, dann holen sie sich nur einen Schnupfen.

Was empfehlen Sie Leuten mit Höhenangst, einige sind vielleicht wenn sie ganz oben sind - so wie wir jetzt - ziemlich verzweifelt.

Wenn die uns Bescheid sagen, halten wir an - wenn sie wieder unten vorbeikommen. Mein Sohn ist der Überzeugung, dass das hier in Essen öfter vorkommt als auf anderen Veranstaltungen. Ich glaube das nicht. Die Essener sind genauso robust, wie alle anderen, aber es mag daran liegen, dass die hier immer in der Erde rumgewühlt haben.

Auch interessant

Ist das Riesenrad auch so ein bisschen wie Ihr Baby, oder Ihr weiteres Kind?

Meine Frau hat immer gesagt, ich habe mehr fürs Geschäft getan, als für alle anderen. Ich habe kein anderes Hobby, ich habe gar nichts, das ist mein Geschäft und ich habe da immer Spaß dran gehabt. Es ist auf jeden Fall viel, viel Arbeit. Jetzt bin ich gesundheitlich leider nicht mehr so fit, wie ich mir das wünsche.

Klaus Wilhelm und sein Sohn Markus in der Steuerzentrale des Riesenrads auf dem Weihnachtsmarkt in Essen.
Klaus Wilhelm und sein Sohn Markus in der Steuerzentrale des Riesenrads auf dem Weihnachtsmarkt in Essen. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

An Silvester und Neujahr steht das Riesenrad still. In der ersten Januar-Woche dreht das Riesenrad täglich ab 12 Uhr seine Runden. Erwachsene zahlen 6, Kinder 4 Euro. Dafür gibt es eine Fahrt, die etwa dreieinhalb Minuten dauert. In der Zeit dreht das Rad vier Runden.

[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]