Essen/Mülheim. Essen und Mülheim schieben den Chef ihres Nahverkehrsbetriebes aufs Abstellgleis, noch bevor sein Vertrag ausläuft. Das Tempo überrascht.
Es ist ein Kommen und Gehen in der Chefetage der Ruhrbahn. Für einen ist dort kein Platz mehr: Vorstand Michael Feller soll das kommunale Nahverkehrsunternehmen vorzeitig verlassen. Dies hat der Aufsichtsrat nach Informationen dieser Redaktion einstimmig beschlossen.
Michael Feller steht seit 2013 an der Spitze der Ruhrbahn, sein Vertrag läuft Ende kommenden Jahres aus. Nun soll aber schon Ende März 2025 Schluss sein. Ein Aufhebungsvertag soll in diesen Tagen unterschrieben werden. Nicht nur das: Schon ab Januar soll sich Feller aus dem operativen Geschäft zurückziehen, heißt es. Die Ruhrbahn würde er dann nur noch in Verbandsgremien vertreten, etwa beim Verkehrsverkehrsverbund Rhein-Ruhr. Im Klartext heißt das: Michael Feller wird aufs Abstellgleis geschoben.
Dass die Tage des 50-Jährigen bei der Ruhrbahn gezählt sein könnten, deutete sich an. Spätestens, seit die Vertreter der Städte Essen und Mülheim als Gesellschafter der Ruhrbahn im März vergangenen Jahres öffentlich machten, dass sie den Vorsitz des Vorstandes neu besetzen wollen. Diese Entscheidung sei nicht gegen Michael Feller gerichtet, hieß es damals unisono. Und doch kam das ebenfalls einstimmige Votum des Aufsichtsrates einem Misstrauensvotum gleich.
Im Januar 2025 wird die Ruhrbahn-Spitze neu besetzt
Am 1. Januar kommenden Jahres übernimmt Linda Kisabaka den Chefposten bei der Ruhrbahn. Die ehemalige Spitzen-Leichtathletin wechselt vom Augsburger Verkehrs- und Tarifverbund (AVV), einer Dachgesellschaft für mehrere Verkehrsbetriebe in der Region Augsburg, nach Essen. Im Vorstand der Ruhrbahn wären sie damit zu dritt. Zu Erinnerung: Erst im vergangenen Jahr war der Vorsitzende des Betriebsrates, Ahmet Avsar, als Arbeitsdirektor in den Vorstand aufgerückt. Diesen Posten hatte Michael Feller seit dem Abschied seines Vorstandskollegen Uwe Bonan im Jahr 2017 in Personalunion ausgeübt.
Dass sich die Ruhrbahn gleich drei hochbezahlte Vorstände leisten würde, trotz eines Defizites, das erstmals in der Geschichte des Nahverkehrsunternehmens die 100-Millionen-Euro-Grenze überschritten hat, warf Fragen auf. Der Aufsichtsrat hat darauf jetzt eine Antwort gegeben, indem er Feller zeigte, wo der Ausgang ist.
Dass Feller die Ruhrbahn bereits Ende März verlassen soll, überrascht aber doch. Zumal er, wie zu hören ist, seine vollen Bezüge bis Ende 2025 behalten soll. Feller zählt zu den Topverdienern unter den „Managern“ der städtischen Tochtergesellschaften. Der Beteiligungsbericht der Stadt Essen weist für den Ruhrbahnchef ein Jahresgehalt von rund 310.000 Euro aus.
In Mülheim war die Politik nicht zufrieden mit der Umsetzung des Nahverkehrsplanes
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Warum haben es der Aufsichtsrat und allen voran die Gesellschafter Essen und Mülheim so eilig? Sorgten sie sich allein um das Betriebsklima in der Ruhrbahn-Chefetage?
Kritik an Fellers Führungsqualität wurde zuletzt vor allem aus Mülheim laut, wo man mit der Umsetzung des Nahverkehrsplanes nicht einverstanden war. Erwünscht war bei der Neubesetzung des Vorstandsvorsitz ausdrücklich eine „bessere Kommunikation“.
Kritik an unternehmerischen Entscheidungen der Ruhrbahn wird hinter vorgehaltener Hand geäußert
Oberbürgermeister Thomas Kufen soll Feller zudem persönlich übel genommen haben, dass aus der als weitreichend angekündigten Kooperation der Ruhrbahn mit der Bochum-Gelsenkirchener-Straßenbahn AG (Bogestra) nicht mehr geworden ist, als eine recht unverbindliche Verabredung.
Hinter vorgehaltener Hand sind auch Zweifel an unternehmerischen Entscheidungen der Ruhrbahn zu hören, darunter am Umstieg der Busflotte von dieselbetriebenen Fahrzeugen auf Wasserstoff und dessen Folgekosten wie auch an der Anschaffung längerer Straßenbahnzüge, für die die Werkstätten gar nicht ausgelegt seien. Feller hat diese Entscheidungen nicht im Alleingang getroffen, aber als alleiniger Vorstand hat er sie zu verantworten.
Fest steht: Um Michael Feller ist es einsam geworden. Ein Parteibuch besitzt er nicht, zum Vorstand berufen wurde er ohne „Stallgeruch“, auf politische Rückendeckung konnte er nie zählen. Wie es aussieht, steht er nun alleine da.
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