Essen/Mülheim. Die städtischen Gesellschafter wollen Ruhrbahn-Chef Michael Feller einen Vorstandssprecher vor die Nase setzten. Das sind die Gründe.
Der Arbeitsplatz ist „klimatisiert, rückenfreundlich, sicher und technisch auf dem neuesten Stand“. Mit diesen Worten macht die Ruhrbahn potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern einen Job als Bus- oder Straßenbahnfahrer schmackhaft. Denn die werden verzweifelt gesucht. Umso mehr darf man gespannt sein, welche Vorzüge der Chefsessel in der Führungsetage bietet, denn auch die soll nach dem Willen der Städte Essen und Mülheim neu besetzt werden. Ja, die Ruhrbahn bekommt einen neuen Chef.
Darauf haben sich die beiden Kommunen als Gesellschafter des kommunalen Nahverkehrsunternehmens verständigt. „Wir suchen einen Manager oder eine Managerin“, sagt Essens Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp, der im Aufsichtsrat der Ruhrbahn die Interessen der Stadt Essen vertritt.
Auch der Posten des Arbeitsdirektors soll bei der Ruhrbahn neu besetzt werden
Der oder die Neue soll Ruhrbahn-Chef Michael Feller als Vorstand an die Seite gestellt werden und die Rolle des Vorstandssprechers übernehmen. Damit nicht genug: Auch die Position des Arbeitsdirektors soll „so schnell wie möglich“ neu besetzt werden.
Es war ein Paukenschlag, den die Ruhrbahn-Gesellschafter am Donnerstag öffentlich machten. Tags zuvor hatte der Aufsichtsrat die personellen Weichenstellungen bereits einstimmig abgesegnet.
Die Gesellschafter der Ruhrbahn wollen einen Neuanfang. Die Entscheidung sei nicht gegen Michael Feller gerichtet, heißt es unisono. Und doch kommt sie einem Misstrauensvotum gleich. Feller ist seit 2013 Vorstand der Ruhrbahn. Seit dem Abgang seines Vorstandskollegen Uwe Bonan, vormals Stadtkämmerer in Mülheim, im Jahr 2021 übt er die Funktion des Arbeitsdirektors in Personalunion aus. Feller ist ein Eigengewächs der Ruhrbahn, was ihm nun zum Nachteil gereicht. Ihm fehle der distanzierte Blick von außen.
Auf die Ruhrbahn kommen Investitionen von 1,5 Milliarden Euro zu
Dass der Vorstand nun von einer auf gleich drei Personen erweitert werden soll, begründen die Gesellschafter mit den „großen Herausforderungen“, die in den kommenden Jahren auf das Verkehrsunternehmen zukommen. Das Investitionsvolumen summiere sich in den nächsten zehn Jahren auf 1,5 Milliarden Euro unter anderem in neue Betriebshöfe, neue Technologien wie den Wasserstoffantrieb bei Bussen und schon bald in eine neue Zugsicherungstechnik, die allein mit 182 Millionen Euro zu Buche schlägt.
Der Stadtkämmerer sieht dies mit Sorge, ist der Zuschussbedarf der Ruhrbahn, den die Stadt decken muss, doch zuletzt bereits gestiegen von 80 Millionen auf 105 Millionen Euro pro Jahr.
Dass es allein um zukünftige Herausforderungen geht, ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit. Insbesondere aus Mülheim wurde zuletzt wiederholt Kritik laut an der Ruhrbahn. In Essens Nachbarstadt ist man unzufrieden mit der Umsetzung des vom Rat beschlossenen Nahverkehrsplans. Auch der hohe Krankenstand und damit verbundene Fahrtausfälle werden Feller angelastet. Mit der Erklärung der Ruhrbahn, dass auch andere Verkehrsbetriebe unter einem hohen Krankenstand litten, wolle man sich nicht zufriedengeben, heißt es.
Essen und Mülheim steuern beim ÖPNV nicht in die gleiche Richtung
Dass zudem die anvisierte Kooperation von Ruhrbahn und Bogestra nicht das hält, was Oberbürgermeister Thomas Kufen und seine Amtskollegen aus Mülheim, Bochum und Gelsenkirchen öffentlichkeitswirksam den „Auftakt Ruhr“ ausriefen, tut offenbar ein übriges. Mehr als eine Absichtserklärung ist davon nicht geblieben.
Von einem „Manager oder einer Managerin“ versprechen sich die Gesellschafter eine bessere Kommunikation und eine klare strategische Ausrichtung. Die Ruhrbahn müsse wissen, wohin die Reise geht, heißt es.
Das ist mindestens eine Herausforderung angesichts eines Konstruktes, in dem jede der beiden Städte selbst entscheidet, welchen öffentlichen Personen-Nahverkehr sie sich leisten will und die dabei nicht in die gleiche Richtung steuern. Essen hat sich zum Ziel gesetzt, den Anteil des ÖPNV bis 2035 auf 25 Prozent auszubauen, unter anderem durch den Bau der Citybahn, der neuen Straßenbahnverbindung vom Ostviertel bis nach Bergeborbeck. Mülheim setzt hingegen angesichts der Kosten auf Busse statt auf Bahnen.
Die Vorstandsposten werden jeweils mit sechsstelligen Summen vergütet
Die Gesellschafter sind gleichwohl davon überzeugt, dass sich die Investition in neue Köpfe bezahlt machen wird. Die hat ihren Preis. Feller verdient laut städtischem Beteiligungsbericht rund 285.000 Euro pro Jahr. Der oder die Neue dürfte das gleiche Gehalt bekommen, wenn nicht als Vorstandssprecher sogar mehr. Der Posten des Arbeitsdirektors wird ebenfalls mit einer sechsstelligen Summe vergütet, auch wenn diese nicht ganz an die Gehälter der beiden Vorstandskollegen heranreichen dürfte.
Eine Findungskommission wird sich nun auf die Suche nach geeigneten Kandidaten und Kandidatinnen machen. Wenn möglich, soll noch vor der politischen Sommerpause entschieden werden, wer es wird. In Sachen des Arbeitsdirektors könnte es auch schneller gehen. Hier hat die Arbeitnehmerseite das Vorschlagsrecht. Als heißer Kandidat auf den Job gilt der Vorsitzende des Betriebsrates, Ahmet Avsar.
Fest steht: Für die Chefetage müssen bald neue Möbel her. Bequem und rückenfreundlich dürften sie sein.
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