Essen. Zwangspause für eine Essener Kult-Veranstaltung: Weil eine Genehmigung fehlt, muss Veranstalter Schiemann den Verkauf für 2024 abblasen.
Auf den hie und da platzierten Reklameschildern ist der kultverdächtige Böller-Verkauf schon seit Wochen ausgemachte Sache: Raketen steigen da in den Essener Nachthimmel, Goldregen fällt herab, und der „Pyrodoctor“ mit Elvis-Tolle verschreibt eine erhöhte Schwarzpulver-Dosis zum Jahreswechsel. Tja, von wegen: Neun Wochen vor Silvester und den drei geplanten tollen Verkaufstagen mit Knall-Effekten aller Art hat Veranstalter Thomas Schiemann für den größten Feuerwerksverkauf Nordrhein-Westfalens jetzt die Zündschnur ausgetreten. Es fehlt schlicht die Genehmigung.
Eine formelle Genehmigung zur Nutzungsänderung, das konnte ja wohl nur eine Formsache sein, oder?
Die war nötig geworden, weil der pyrotechnische Grabbeltisch sich nach seinem Rauswurf aus der städtischen Eishalle am Essener Westbahnhof kurzerhand einen neuen Standort suchen musste. Gefunden wurde dieser auf dem weitläufigen Areal des Autokinos in Bergeborbeck, dem Schiemann nach anfänglichem Ärger über den erzwungenen Ortswechsel immer mehr Vorteile abgewinnen konnte: Mehr Platz, mehr Parkplätze, keine Wohnbebauung in unmittelbarer Nähe – der umtriebige Geschäftsmann geriet ins Schwärmen und sah plötzlich nur noch Vorteile. Dass für den Böllerverkauf in einer Lagerhalle eine formelle Genehmigung zur Nutzungsänderung erforderlich war, das konnte ja wohl nur eine Formsache sein, oder?
Das genau war der große Irrtum, dem offenbar nicht nur Schiemann, sondern auch die Stadtspitze aufsaß, als das Verfahren im September in Gang gesetzt wurde. Denn der fraglos termingebundene Verkauf von Silvesterkrachern aller Art, er geriet in die langsam mahlenden Mühlen einer Genehmigungs-Bürokratie, die sich auch von Feuerlanzen und Handfontänen, Rauchgranaten und Heulern nicht aus der Ruhe bringen lässt.
Die Bestellung auf eigene Faust vorzufinanzieren, ist abwegig: „Das finanzielle Risiko ist sechsstellig“
So musste die städtische Bauaufsicht schon kurz nach Beginn in einer E-Mail kleinlaut einräumen, dass der laufende Genehmigungs-Vorgang mit dem Aktenzeichen 4694-2024 „unerklärlicherweise nicht auffindbar“ war. Die Unterlagen wurden also erneut in zweifacher Papierausfertigung eingereicht. Am 7. Oktober schaltete man die Feuerwehr ins Verfahren ein, das muss so sein bei explosiven Stoffen in dieser Größenordnung.
Unglücklicherweise brauchte es geschlagene elf Tage, bis die fachlichen Nachfragen der Feuerwehr zum Brandschutz Eingang in ein offizielles Schreiben des Bauordnungsamtes an Schiemann fand. Das wurde an einem Freitag gefertigt, ging montags drauf in die Post und traf erst am 24. Oktober ein. Da waren volle 17 Tage vergangen.
„Wieso schicken die das nicht per E-Mail“, fragt sich Schiemann kopfschüttelnd, und auch bei der Stadt Essen findet man im Nachhinein „wirklich bedauerlich“, dass das Genehmigungsverfahren irgendwie nicht zügiger in die Gänge kam. Wer da wann wie und wo vielleicht eine Spur zu betulich unterwegs war, dieser Frage nachzugehen, erscheint am Ende müßig, eine Blitzgenehmigung scheidet eh aus, der zuständige Mitarbeiter der Bezirksregierung ist dieser Tage krank. Und die letzte und ohnehin schon zweimal herausgezögerte Bestellfrist für das Raketen-, Böller- und Batterie-Sortiment lief am Montag dieser Woche (28. Oktober) ab.
Auf eigenes Risiko das geplante Volumen an explosiven Spielereien bei den Lieferanten vorzufinanzieren, kommt für die Veranstalter nicht in Frage: „Wir reden hier schließlich über ein sechsstellige Summe“, erinnert Schiemann.
- Die Lokalredaktion Essen ist auch bei WhatsApp! Abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Kanal: direkt zum Channel!
Unterm Strich liegt in der Absage auch eine schlechte Nachricht für die Moskitos, Essens Eishockey-Verein, denn ein nennenswerter Teil der Einnahmen kam bislang stets den Puck-Jägern vom Westbahnhof zugute. Das Geld dürfte diesmal ausbleiben, und auch Schiemann zahlt nach eigenem Bekunden drauf, weil er auf einigen Kosten sitzen bleibt, denen zumindest in diesem Jahr keine Einnahmen gegenüberstehen. So ist das, wenn ein Geschäft nach hinten losgeht.
Schiemann hofft nun, dass die Wiederauflage des Böller-Kultverkaufs zu Silvester 2025 zündet. Genehmigt nach allen verfügbaren Vorschriften. Zeit genug wäre ja.
[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]