Essen-Stadtwald. Ein Einwohner kämpft per Petition um eine neue Postfiliale. DHL ist mittlerweile offen für eine größere Lösung. Welche das sein könnte.
Seit Juli schon hat Essen-Stadtwald keinen eigenen Postshop mehr. Nach der Schließung der Postagentur bei „Bürobedarf Heger“ am Stadtwaldplatz ist DHL auf der Suche nach einem Nachfolger – bislang ohne Erfolg. Doch nun hat sich eine Änderung in der Strategie ergeben: Wollte man bislang ausschließlich eine Agentur bei einem Einzelhändler in Stadtwald unterbringen, ist man nun offensichtlich auch für eine größere Lösung offen. „Wir wollen in diesem Bereich wieder eine Postfiliale einrichten“, sagt Britta Töllner, Sprecherin der DHL Group in Düsseldorf. „Hierzu sind wir auch auf der Suche nach infrage kommenden Räumlichkeiten mit entsprechendem Platzbedarf und Möglichkeiten zur An- und Ablieferung von Sendungen.“ Eine Filiale mit eigenem Personal zu betreiben könne jedoch nur eine Interimslösung sein – so lange, bis wieder ein Partner für eine Postagentur gefunden sei.
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Einwohnerinnen und Einwohner von Stadtwald machen unterdessen weiter Druck auf das Unternehmen. Denn wer Postdienstleistungen nutzen möchte, muss derzeit nach Bredeney oder Bergerhausen ausweichen. Das sei unhaltbar, sagt etwa Frans Heinrich Ohlenforst und hat nun online und offline eine Petition gestartet. Gefordert wird hier der „Wiederbetrieb einer Universaldienstfiliale ohne Einschränkungen“. Falls das innerhalb weniger Monate nicht möglich sei, müsse DHL für ein Ersatzangebot sorgen, etwa eine mobile Filiale oder eine „Container-Lösung“.
Ohlenforst, der in Stadtwald wohnt und arbeitet und damit sowohl privat als auch beruflich auf eine funktionierende Postinfrastruktur angewiesen ist, beklagt die langen Wege, die sich seit der Schließung des Postshops ergeben haben. „Für mich mag das noch gehen, aber viele ältere oder weniger mobile Menschen haben Schwierigkeiten“, erklärt er. Außerdem sei nicht jeder in der Lage, die digitalen Lösungen wie Packstationen zu nutzen. Das Problem geht für Ohlenforst jedoch weit über den persönlichen Nachteil hinaus. Die Schließung sei Teil eines allgemeinen Rückgangs der öffentlichen Daseinsvorsorge, den er mit Sorge beobachte.
DHL eröffnet keine eigenen Filialen
Auch bei der Stadt Essen ist man unzufrieden mit der Situation. Hier sagt man, obwohl sie dazu verpflichtet sei, habe die DHL Group die Stadt zuvor nicht über die Schließung des Postshops informiert. Das Rechtsamt forderte daher am 23. August eine kurzfristige Stellungnahme des Unternehmens. DHL weist den Vorwurf zurück: Mit einem Schreiben vom 2. April habe man Oberbürgermeister Thomas Kufen von der Schließung der Filiale informiert. Darin heißt es: „Unsere Vertriebsleitung hat die Suche nach einem neuen Partner bereits aufgenommen. Sobald der genaue Standort und ein Eröffnungstermin feststehen, werden wir Sie informieren. Wir würden es auch begrüßen, wenn Sie uns mit Hinweisen oder Vorschlägen bei der Suche nach einem neuen Partner unterstützen könnten.“
Deutsche Post und DHL wollen grundsätzlich keine Filialen mit eigenem Personal mehr eröffnen und greifen stattdessen auf Postshops in Einzelhandelsgeschäften zurück. Dass sich in Stadtwald noch kein Partner gefunden hat, hat für Ohlenforst einen entscheidenden Grund: „Die Bedingungen für diese Postshops sind einfach schlecht. Die Geschäftspartner verdienen so wenig, dass es sich oft nicht lohnt, weiterzumachen.“ Zudem seien die Bankdienstleistungen, die früher zusätzlich angeboten wurden und für mehr Gewinn sorgten, mittlerweile weggefallen.
Ohlenforst richtet seine Petition gezielt an die Bundesnetzagentur, die Aufsichtsbehörde für Postdienste. Sie ist laut eigenen Aussagen „Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger, die mit ihren Anliegen beim Postunternehmen keinen hinreichenden Widerhall gefunden haben“. Sie kann prüfen, ob durch die Schließung gesetzliche Vorgaben verletzt wurden und kann gegebenenfalls die Eröffnung einer neuen Filiale einfordern.
Unterschriften auch offline gesucht
Ohlenforst verlangt, dass die Deutsche Post AG nicht nur digitale Lösungen schafft, sondern auch den barrierefreien Zugang gewährleistet. „Die Bundesnetzagentur hat den Spielraum, zu bewerten, was zumutbar ist, und das wollen wir nutzen“, so Ohlenforst. Über „Open Petition“ können sich Menschen nun online den Forderungen anschließen. Ein zentrales Anliegen sei es, das Thema öffentlich präsent zu halten und auch andere Stadtteile und Bürger zu erreichen, die möglicherweise weniger Einfluss auf die Kommunalpolitik haben. Ohlenforst und seine Mitstreiter verteilen daher in Stadtwald zusätzlich gedruckte Informationen und rufen damit auf, sich der Petition anzuschließen. „Wir vermuten, dass fast alle Bürger unterschreiben würden, wenn sie die Informationen hätten.“
Flächendeckende Versorgung
Die Deutsche Post AG mit Sitz in Bonn ging am 1. Januar 1995 aus der früheren Behörde Deutsche Bundespost hervor. Der Konzern tritt seit 1. Juli 2023 unter dem Namen DHL Group auf. Das internationale Logistikgeschäft wird unter der Marke DHL geführt, das nationale Postgeschäft unter den Marken Deutsche Post und DHL.
Bei der Privatisierung musste sich die Deutsche Post verpflichten, in jedem Ort mit mehr als 2000 Einwohnern eine Filiale zu betreiben. In Ortschaften mit mehr als 4000 Einwohnern durfte eine Filiale in zusammenhängenden Wohngebieten maximal zwei Kilometer entfernt sein.
Durch das im Juli 2024 im Bundestag beschlossene Postrechtsmodernisierungsgesetz wird diese Sicherheit nun aufgeweicht. Anstelle von Filialen und Postshops kann die Deutsche Post AG künftig auch Automaten betreiben, um ihren Verpflichtungen zur flächendeckenden Versorgung nachzukommen. Voraussetzung hierfür ist eine Zulassung des jeweiligen Automaten durch die Bundesnetzagentur in Absprache mit der örtlichen Kommune. Absprache bedeutet in diesem Fall: Die Stadt Essen kann ihre Sichtweise darlegen, hat aber letztendlich keine Möglichkeit zum Einspruch.
Die Petition ist online zu finden unter www.openpetition.de/!fwwtf.
Die Petition endet offiziell am 20. März 2025. Bis dahin hofft Ohlenforst auf breite Unterstützung: Mindestens 3600 Unterschriften sind angepeilt – bislang sind es gerade mal 42. Trotz der geringen Unterschriftenzahl zum jetzigen Zeitpunkt ist er optimistisch: „Die Verbreitung ist das Wichtige. Wenn die Bürger erst einmal informiert sind, rechne ich mit einer deutlich höheren Beteiligung.“ Es bleibt abzuwarten, wie die Bundesnetzagentur und die Deutsche Post AG auf die Forderungen der Bürger reagieren. Immerhin scheint die Chance auf die Rückkehr einer regulären Postfiliale in Stadtwald größer geworden zu sein – zumindest übergangsweise.
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