Essen. Am Donnerstag (22. August) öffnete Karstadt im Limbecker Platz das letzte Mal. Es gab nur noch wenige Artikel, und die Atmosphäre war seltsam.

Der Donnerstag (22. August) war der letzte Tag von Karstadt in Essen, und es war überraschend voll. Oder war es nicht überraschend? Bis zu 85 Prozent Rabatt gab es auf die letzten Waren, und vom Vormittag an bildeten sich lange Schlangen an den Kassen. Die Atmosphäre: seltsam, unwirklich, und natürlich war alles sehr traurig.

Pünktlich um 10 öffneten die Mitarbeiter die Türen der Fläche im Erdgeschoss des Einkaufscenters Limbecker Platz, Ober- und Untergeschoss waren schon in den letzten Tagen komplett leergeräumt nicht und nicht mehr geöffnet worden. Verkauft wurde nur noch rund um die Rolltreppe, und nicht wenige Kundinnen und Kunden äußerten auch den Verkäuferinnen und Verkäufern gegenüber ihre Trauer: „Ich habe immer bei Karstadt gekauft, Karstadt gehört zu Essen, und ich finde das alles sehr bedrückend“, sagt um kurz nach zehn eine 75-jährige Frau, die an der Margarethenhöhe wohnt. „Wir finden das auch traurig“, antwortet ein Mitarbeiter. 110 sind sie noch in der Filiale, die Hälfte von ihnen kommt in anderen Läden unter, die anderen in einer Auffanggesellschaft.

Was noch angeboten wird: ein Sammelsurium an Resten

Was noch angeboten wird, ist ein reines Sammelsurium an Resten: Das sind Leggings in Bonbonfarben, einige Teppiche, andere Heimtextilien, außerdem unsortierte Schreibwaren, etwas Porzellan – ein bisschen sehen die Verkaufsstände aus wie auf einem Flohmarkt, nur, dass es sich um Neuwaren handelt.

Tatsächlich laufen die Kunden, die schnell in großer Zahl den Laden nach seiner Öffnung betreten, erst mal lange an rot-weißem Flatterband vorbei und leeren Regalen, Vitrinen, Schränken. Hell erleuchtet steht das ausgeräumte Verkaufsmobiliar herum. Überall Schilder: „Keine Beratung mehr“, oder „Reklamation ausgeschlossen“. Es gibt auch noch etwas Schmuck, einige Uhren, doch viel Hochwertiges ist nicht mehr dabei.

Es gibt am letzten Tag nur noch wenige Waren. Doch der Andrang ist groß.
Es gibt am letzten Tag nur noch wenige Waren. Doch der Andrang ist groß. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Eine letzte Kaffeemaschine steht irgendwo auf einem Regal, ansonsten viele Einzelteile, Schulheftumschläge aus buntem Plastik, Geldbörsen in wilden Farben. Ein Mitarbeiter betätigt sich sogar noch als Moderator, heizt die Stimmung an: „Bei den Preisen muss man nicht lange überlegen! Einfach mitnehmen! Alles mitnehmen!“ Kundinnen werfen trotzdem prüfende Blicke auf Handtaschen, die nur noch einen Bruchteil vom eigentlichen Verkaufspreis kosten.

Räumungsverkauf bei Karstadt in Essen läuft seit Juni

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Seit Ende April steht fest, dass Karstadt im Limbecker Platz im Zuge der jüngsten Insolvenz des Warenhauskonzerns Galeria schließen wird. Seit Anfang Juni läuft der Räumungsverkauf. Jetzt, am letzten Tag, sind eine Stunde nach Öffnung die Schlangen vor den Kassen so lang, wie sie die ganzen Jahre über hätten sein müssen: Schnäppchenjäger sind auf der Pirsch, mehrere hundert Männer und Frauen stehen geduldig an und warten. Doch viele Kundinnen und Kunden gehen auch mit leeren Händen angesichts des spärlichen Angebots am letzten Tag: „Da hätten wir mal früher kommen sollen“, murmelt eine Frau zu ihrem Mann beim Verlassen der Filiale.

Auch die Schaufensterpuppen werden verkauft am letzten Tag bei Karstadt. Sie kosten 20 Euro das Stück.
Auch die Schaufensterpuppen werden verkauft am letzten Tag bei Karstadt. Sie kosten 20 Euro das Stück. © Martin Spletter | Martin Spletter

Sie verkaufen sogar buntes DIN-A4-Bastelpapier einzeln, vier Cent der Bogen, und ob die Kühlschrankmagneten, die bunten Schulheftumschläge, die Gläser mit Goldrand, die olivgrünen Platz-Sets aus buntem Stoff, die letzten schwarzen Leder-Geldbörsen noch ihre Kundinnen und Kunden finden? Die blauen Nackenrollen, die letzten Wollmützen, die Taschen aus dunklem Schlangenleder-Imitat?

Jens Lehnecke ist Filialgeschäftsführer von Karstadt im Limbecker Platz. Am Donnerstag, 22. August, wird er die Türen ein letztes Mal öffnen und schließen.
Jens Lehnecke ist Filialgeschäftsführer von Karstadt im Limbecker Platz. Am Donnerstag, 22. August, wird er die Türen ein letztes Mal öffnen und schließen. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Filialleiter Jens Lehnecke sagt: „Wir werden bis auf null abverkaufen.“ Heißt: bis zum letzten Knopf. Es wird nichts übrig bleiben. Am Ende sei alles nur eine Frage des Preises, sagt er.

Zwischendurch wird überlegt: Freitag nochmal öffnen?

Doch am Nachmittag ist man sich da nicht mehr so sicher: Erst wird lange überlegt, ob man vielleicht noch mal die Frist verschiebt auf Freitag, „das Sortiment ist schließlich sehr kleinteilig“, aber irgendwann am Nachmittag heißt es: Am Abend wird Schluss sein, um 18 oder spätestens 19 Uhr. „Wir haben auch einen Aufkäufer gefunden“, sagt Lehnecke. Also einen Gewerbetreibenden, der die letzten 100 Artikel dann zu einem nochmalig reduzierten Preis übernehmen wird.

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Für die verbliebenen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Filiale ist Donnerstag sowieso noch nicht der letzte Arbeitstag in Essen. Die kommenden Tage werden sie noch brauchen, um das Warenhaus leerzuräumen und an den Vermieter ECE zu übergeben. Die Schlüsselübergabe ist am Montag, 2. September. Ein Teil der Warenhaus-Fläche wird dem Vernehmen nach von Peek und Cloppenburg übernommen, der die Kettwiger Straße offenbar verlassen will.

Und auch Teile des Interieurs werden an diesem letzten Tag verkauft. Schaufensterpuppen für 20 Euro zum Beispiel. Auch sie finden ihre Abnehmer an diesem letzten Tag von Karstadt, das ab Freitag, 23. August, in Essen nur noch Geschichte ist.

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