Essen. 630.000 Euro Förderung, auf die das Essener Tanzzentrum gebaut hatte, fallen weg. Der OB kritisiert Berlin: Es drohe ein „bedeutender Verlust“.
Die Berliner Sparanstrengungen machen sich auch in Essen bemerkbar: In ihrem Haushaltsentwurf für 2025 hat die Bundesregierung die Fördermittel für den „Zusammenschluss internationaler Produktionshäuser“ nicht mehr berücksichtigt. Das trifft auch das Tanzzentrum Pact Zollverein, das dem Bündnis seit 2015 angehört. Eine ebenso produktive wie einzigartige kreative Zusammenarbeit sei in Gefahr, fürchten die betroffenen Intendanten.
Theater- und Tanzhäuser sehen Zusammenarbeit in Gefahr
In einer gemeinsamen Stellungnahme schreiben sie: „Das Bündnis vereint die sieben größten Zentren für die freien darstellenden Künste in Deutschland, die in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich mit über tausend Künstlern, Künstlerinnen und Partnerorganisationen in Europa und weltweit Formen einer intensiven Zusammenarbeit auf Augenhöhe entwickelt haben.“ Man habe damit bundesweit Hunderttausende Zuschauer erreicht. „Wir tragen so zu einer lebendigen, demokratischen Öffentlichkeit bei.“
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Dem Bündnis gehören neben Pact Zollverein, das Hebbel am Ufer in Berlin, „Hellerau – Europäisches Zentrum der Künste“ in Dresden, Kampnagel Hamburg, „Künstler*innenhaus Mousonturm“ in Frankfurt sowie FFT und Tanzhaus NRW (beide in Düsseldorf) an. Sollte die Förderung durch den Bund tatsächlich eingestellt werden, könnten die Häuser „ihre Arbeit miteinander und ihre gemeinsamen Projekte und Initiativen nicht [...] fortführen“, heißt es in der Stellungnahme.
Bund streicht Fördermittel in Millionenhöhe
Für die betroffenen Einrichtungen kommt die Streichung zudem überraschend, stehe sie doch dem Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung entgegen. Da heiße es noch, man sehe das Bündnis internationaler Produktionshäuser „als Innovationstreiber“ in den darstellenden Künsten und beabsichtige, es zu „stärken“. Mit dem Haushaltsentwurf 2025 geschehe nun das genaue Gegenteil: Die Förderung durch die Kulturbeauftragte der Bundesregierung werde eingestellt. Die Intendanten appellieren daher an die Bundesregierung: „Wir fordern die Korrektur des Kabinettsbeschlusses zum Bundeshaushalt 2025.“
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Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen stellt sich jetzt auf die Seite des Bündnisses und fordert den Bund auf, die abrupte Einstellung der Förderung zu überdenken: „Ich unterstütze die Intendantinnen und Intendanten in ihrer Forderung an die Bundesregierung ausdrücklich“, heißt es in einem Statement des OBs. „Seit 2015 werden die Häuser nun vom Bund mit vier Millionen Euro gefördert und haben ihre gute Zusammenarbeit in der Zeit unter Beweis gestellt“, so Kufen. „Für Essen als Kulturhauptstadt wäre der Wegfall der Förderung der sieben internationalen Produktionsstätten ein bedeutender Verlust in der Netzwerkarbeit.“
„Für Essen als Kulturhauptstadt wäre der Wegfall der Förderung der sieben internationalen Produktionsstätten ein bedeutender Verlust in der Netzwerkarbeit.“
Auch die Art und Weise, wie die Streichung der Fördermittel kommuniziert wurde, sei zu kritisieren, betont Kufen. „Pact Zollverein steckt mitten [in den Planungen für das] Produktionsjahr 2025, die Kürzung erfolgt also im laufenden Betrieb.“ Mit der jährlichen Fördersumme des Bundes seien ja nicht nur geplante Kooperationen mit internationalen Künstlern der freien Tanz- und Theaterszene unterstützt worden. „Es wurden eigens für die Umsetzung Stellen geschaffen und exemplarische Projekte in der Stadtgesellschaft entwickelt“, betont der OB.
Intendanten fordern Rücknahme der Mittelstreichung
Für 2025 hatten die Häuser sogar mit mehr als den bisher vier Millionen Euro Förderung gerechnet. So teilt ein Sprecher von Pact Zollverein auf Anfrage mit: „Die Gesamtfördersumme für das Bündnis internationaler Produktionshäuser sollte ab 2025 fünf Millionen Euro betragen. Daraus ergibt sich für Pact Zollverein eine Summe von ungefähr 630.000 Euro, die durch die Kürzungen entfällt.“
Die Intendanten und Intendantinnen appellieren an die Haushalts- und Kulturpolitiker im Bundestag, ihren Beschluss zu korrigieren. „Das Bündnis internationaler Produktionshäuser mit seiner Verantwortung für die freie Theater- und Kunstszene in Deutschland braucht dringend eine gestärkte und verstetigte Förderung.“ Die Fraktion der Linken im Regionalverband Ruhr (RVR) nennt die geplante Kürzung einen „echten Skandal“. Gefährdet sei dadurch nicht nur das Bündnis, sondern auch die Arbeit von Pact Zollverein.
In der Zwischenzeit hat der Essener Bundestagsabgeordnete Kai Gehring (Grüne), dessen Partei der Ampel-Koalition angehört, auf den Protest reagiert. „Es ist zu früh und vorschnell, von einer Einstellung der Förderung zu sprechen“, erklärte er in einer Stellungnahme vom 1. August. Der Haushaltsentwurf für 2025 werde in den nächsten Monaten im parlamentarischen Verfahren im Bundestag beraten und erst im Dezember 2024 final beschlossen. „Bis dahin wird das Parlament als Haushaltsgesetzgeber noch Änderungen am Haushaltsentwurf vornehmen, die auf der Fachexpertise der Bundestagsabgeordneten und den Rückmeldungen aus den Wahlkreisen beruhen.“
Es irritiere ihn, dass Kufen, der mit dem Haushaltsverfahren vertraut sei, „mediale Schlagzeilen statt der direkten Kontaktaufnahme mit den Essener Bundestagsabgeordneten“ wähle. Auch so scheint das Anliegen bei Gehring aber auf offene Ohren gestoßen zu sein. So versichert er: „Die Förderung für das Bündnis der internationalen Produktionshäuser, und damit auch für Pact Zollverein, werden wir Grüne im Bundestag in die Verhandlungen mit unseren Koalitionspartnern einbringen.“
OB Kufen Oberbürgermeister Thomas Kufen erneuerte derweil seine Kritik an der geplanten Mittelkürzung für das Tanzzentrum: In einem gemeinsamen Schreiben mit Landeskulturministerin Ina Brandes wendet sich der OB an Claudia Roth als Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien – mit der Bitte um ein Gespräch mit Roth.
Kufen und Brandes betonen in ihrem Schreiben, dass Pact Zollverein nicht nur eine große Bedeutung für Essen habe, sondern auch eine der wichtigsten Einrichtungen des zeitgenössischen Tanzes in NRW sei. Die Förderung von Bund und Land ermögliche ein exzellentes Niveau von Kunstproduktion am Puls der Zeit. Eine Kürzung wäre ein „fatales Signal“. Brandes und Kufen bitten daher um einen Gesprächstermin mit Roth, „um über das weitere Vorgehen beraten zu können“
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