Essen. Das Essener Landgericht veurteilt Familienfirmen von Ex-Bänker und Fakt-Gründer Hubert Schulte-Kemper, 5,9 Millionen Euro zu zahlen. War‘s das jetzt?

Am Donnerstag der vergangenen Woche schrieb er noch einen zweiseitigen Brief „an meine Geschäftsfreunde“: erzählte von seiner Krankengeschichte, kündigte allerlei juristische Scharmützel an und versprach, dass man in Finanzdingen ganz bestimmt noch von ihm hören werde. Es ist nicht ganz klar, ob Hubert Schulte-Kemper, Ex-Bänker und Gründer der insolventen Fakt-Gruppe, damit auch jenen Prozess meinte, für den an diesem Freitag in Saal N 305 des Essener Landgerichts das Urteil gesprochen wurde. Denn der hat das Kaliber, „HSK“ und Teile seiner Familie finanziell endgültig in die Knie zu zwingen.

Hinter den Kulissen der Versuch, den Termin der Urteilsverkündung zu verhindern

Nicht weniger als 5,9 Millionen Euro zuzüglich Zinsen müssen schließlich seine beiden Familien-Unternehmen HSK Finanzmanagement GmbH und SK Activ GmbH an den Kredit-Finanzierer Swiss M Capital AG aus dem schweizerischen Zug zahlen – so hat es die 17. Zivilkammer des Landgerichts unter Leitung des Vorsitzenden Richters Jacobs entschieden. Geld, das einst einer Bochumer Fakt-Tochter geliehen, von dieser aber wohl nicht zurückgezahlt wurde. Geld, für das die beiden HSK-Gesellschaften kurzerhand bürgten und dessen eingeforderte Rückzahlung sich nun „existenzgefährdend“ auswirken dürfte, so hatte der Anwalt im Prozess ausdrücklich beklagt.

Die ehemalige Vonovia-Zentrale in Bochum: Um eine Zwischenfinanzierung für das Projekt abzusichern, bürgten zwei „HSK“-Formen für ein Darlehen – und werden nun daraus in Anspruch genommen.
Die ehemalige Vonovia-Zentrale in Bochum: Um eine Zwischenfinanzierung für das Projekt abzusichern, bürgten zwei „HSK“-Formen für ein Darlehen – und werden nun daraus in Anspruch genommen. © Bochum | Manfred Sander

Kein Wunder, dass Hubert Schulte-Kemper (78), der gemeinsam mit seiner Tochter Kirsten in beiden Firmen als Geschäftsführer fungiert, hinter den Kulissen bis zuletzt versuchte, den Termin zur Urteilsverkündung aufschieben zu lassen – vergeblich. Das Urteil ist gefallen, und zur Bürgschaftssumme kommen noch sämtliche Gerichtskosten: Denn kein einziger von den Bürgen ins Feld geführter Einwand erwies sich für das Gericht als stichhaltig: unwirksame Verträge und Vollmachten, falsche Ansprechpartner, nicht eingegangene Schreiben, unwirksame Kündigungen? Iwo.

Die Vermögenserklärung ist erfolgt, der Haftbefehl gegen „HSK“ hat sich damit erledigt

In allen Punkten winkte das Gericht ab, binnen drei Minuten war die Urteilsverkündung erledigt, und im Raum steht nun die Frage, ob es für den umtriebigen Firmenlenker und Immobilien-Jongleur „HSK“ überhaupt noch eine unternehmerische Perspektive gibt.

Zwar ist der Haftbefehl, der ihn auf Antrag dreier Gläubiger vor einigen Wochen zur Abgabe der Vermögenserklärung zwang, vom Tisch, weil er diesen Offenbarungseid inzwischen leistete – in mehreren Anläufen, wie der Vizedirektor des Amtsgerichts Marl auf Anfrage bestätigte. Doch große Vermögenswerte, wie Schulte-Kemper sie stets für sich reklamierte, scheinen nicht darunter.

Für seine mitunter durchaus gewagten Immobilien-Projekte fand Hubert Schulte-Kemper immer wieder Finanziers, allerdings zu beachtlichen Zinssätzen und abgesichert auch durch Bürgschaften.
Für seine mitunter durchaus gewagten Immobilien-Projekte fand Hubert Schulte-Kemper immer wieder Finanziers, allerdings zu beachtlichen Zinssätzen und abgesichert auch durch Bürgschaften. © FFS | Kerstin Buchwieser

Dabei hatte „HSK“ bis zuletzt große Hoffnungen vor allem in die Werthaltigkeit einer riesigen Fläche im Nordwesten Ungarns gesetzt. Geplant war hier von der Firma „Agriculture Park“ einst ein „Landmarken-Projekt“ der Agrarindustrie, das Grundstück sei deshalb vermeintlich 150 Millionen Euro und mehr wert. „Schöngerechnet“, sagen dagegen Kenner der Materie. Dem Vernehmen nach wird das Areal in absehbarer Zeit ebenso verkauft wie ein vergleichbares Gelände im Landkreis Arneburg in Sachsen-Anhalt. Eine andere Immobilie aus dem Fakt-Fundus, gelegen im sachsen-anhaltinischen Sülzetal, veräußerte der Insolvenzverwalter der Fakt-Gruppe, Gregor Bräuer von der Düsseldorfer Rechtsanwaltskanzlei HWW an einen luxemburgischen Finanzinvestor.

Geduld zu haben, damit sich der bestmögliche Erlös erzielen lässt – das ist die Devise des Insolvenzverwalters, während auch an anderer Stelle Geduld gefragt scheint: Gegen Beteiligte des Bochumer-Darlehens-Deals wird, wie die Staatsanwaltschaft am Freitag noch einmal bestätigte, weiter wegen Kreditbetrugs ermittelt.