Essen. Die Veranstalter der Gegen-Demos setzen auf friedlichen Protest. Wie weit ziviler Ungehorsam geht, soll jeder selbst bestimmen

„Omas gegen Rechts“ haben den Aufruf unterzeichnet, das „Trierer Archiv für Geschlechterforschung und digitale Geschichte“, die Bahnhofsmission aus Leer in Ostfriesland, „Happy Yoga“ aus Essen und diverse andere Organisationen, von Awo und Attac bis zur „Werkstatt“ aus Krefeld.

344 sind es an der Zahl, dazu mehr als 3000 Einzelpersonen. Über mangelnden Zuspruch für ihren Aufruf gegen die AfD kann sich „Gemeinsam Laut“ nicht beklagen. Allein diese große Resonanz sei schon ein Erfolg, sagt Katharina Schwabedissen. Die Gewerkschaftssekretärin ist eine der Sprecher der Initiative „Widersetzen“, die mit dem Bündnis „Gemeinsam Laut“ zum Protest gegen den Bundesparteitag der AfD aufrufen, zu dem am Wochenende 600 Delegierte in der Grugahalle zusammenkommen.

AfD-Parteitag in Essen:

Dass die AfD die Grugahalle gewählt hat, deuten die Gegendemonstranten als Provokation

„Die AfD ist in Essen nicht willkommen“ lautet die gemeinsame Botschaft. „Die Stadt muss der AfD die Grugahalle überlassen, wir aber der AfD nicht die Straße und schon gar nicht den politischen Diskurs“, sagt Linda Kastrup von „Gemeinsam Laut“. Dafür sollen möglichst viele auf die Straßen gehen.

Dass die AfD wieder Essen für ihren Parteitag gewählt, deutet man als bewusste Provokation und als „Kampfansage an die Region, die seit über 200 Jahren von Migranten geprägt ist“. Schon 2015 hatte die AfD ihren Bundesparteitag in der Grugahalle abgehalten. Inzwischen sei die Partei eine „ernsthafte Gefahr für die ganze Gesellschaft“. Spätestens seit öffentlich geworden ist, dass AfD-Funktionäre und Rechtsextreme bei einem Treffen in Potsdam unter dem Schlagwort „Remigration“ über die massenhafte Ausweisung von Zugewanderten fabulierten, reagieren viele alarmiert auf das Erstarken der Rechtspartei.

Wie viele dem Aufruf folgen werden? Die Initiatoren sind selbst gespannt. Hoffentlich bestätige sich der Optimismus der Polizei, heißt es augenzwinkernd. Die Essener Polizeibehörde hatte die Zahl von 78.000 Teilnehmern in die Welt gesetzt, auf Basis von 18. Veranstaltungen und Kundgebungen, die für dieses lange Wochenende angemeldet sind. Dass es so viele werden, erwarten die Initiatoren aber offensichtlich nicht. Mehrere tausend, wenn nicht mehrere zehntausend Demonstranten dürften sich ab Donnerstag in Essen einfinden.

Die Demonstranten wollen den AfD-Delegierten den Weg zur Grugahalle verbauen

Der Protest soll friedlich über die Bühne gehen. „Von uns wird keine Gewalt ausgehen“, sagt Katharina Schwabedissen, kündigt aber „zivilen Ungehorsam“ an. Was darunter genau zu verstehen ist, entscheiden die Demonstrierenden im Zweifel selbst. „Besprecht vorher, was euch ziviler Ungehorsam bedeutet, um (...) dafür zu sorgen, dass niemand Grenzen überschreiten muss“, heißt es vielsagend im Demo-Aufruf von „Widersetzen“.

Katharina Schwabedissen spricht von „bunten Aktionen“ wie gemeinsam Karten spielen oder gemeinsam bunte Socken stricken. Ziel sei es, „den AfD-Delegierten die Anreise so unbequem wie möglich zu machen“, heißt es. Der Zugang zur Grugahalle soll ihnen bestenfalls verbaut werden, indem Demonstranten den öffentlichen Raum besetzten. Blockaden wären also denkbar. Der Halle nähern darf sich der Protestzug nur auf Sichtweite von der Alfredbrücke aus.

Erwartet wird, dass sich gewaltbereite Demonstranten aus der Autonomen Szene auf den Weg nach Essen machen werden. Ein anonymer Aufruf, den AfD-Parteitag zu „smashen“ tauchte im Internet auf. „Gemeinsam laut“ und „Widersetzen“ verweisen auf einen „Aktionskonsens“, auf den sich die Veranstalter verständigt haben. Es ist eine Selbstverpflichtung, die Gewalt ausdrücklich ausschließt. Wörtlich heißt es: „Wir achten aufeinander, gehen fürsorglich miteinander um und sind um Deeskalation bemüht.“ Wer sich daran hält, sei herzlich willkommen.

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