Essen. Gegen den Gerichtsbeschluss zugunsten der AfD will die Essener Politik keine Beschwerde einlegen. Sie zieht den Ratsbeschluss zur Kündigung zurück.

Die Essener Politik hat am Samstag (15. Juni) die letzte Hürde für den Ende Juni geplanten AfD-Bundesparteitag in der Grugahalle aus dem Weg geräumt: Gemeinsam mit Oberbürgermeister Thomas Kufen beschloss eine Runde aus Politikern aller Fraktionen des Essener Stadtrates mit Ausnahme der AfD, dass die Stadt sich dem am Freitag ergangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen beugen wird. Eine Beschwerde vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster und eine Fortsetzung des Streits in der nächsten Instanz sind damit vom Tisch.

AfD-Parteitag in Essen:

Die Polit-Runde fasste einen Dringlichkeitsbeschluss, den die NRW-Gemeindeordnung erlaubt, damit in zeitkritischen Fällen nicht gleich der ganze Stadtrat auf die Schnelle zusammenkommen muss. Formell reicht dazu neben dem OB oder seinem Stellvertreter die Unterschrift eines weiteren Ratsmitglieds. Vorgeschrieben ist nur, dass der Rat das Votum dann in seiner nächsten Sitzung am 26. Juni nachträglich absegnet.

Vor dem Stadtrat hatte Oberbürgermeister Thomas Kufen dafür geworben, der AfD eine Selbstverpflichtung abzuringen. Die aber kassierte das Gericht am Freitag ein.
Vor dem Stadtrat hatte Oberbürgermeister Thomas Kufen dafür geworben, der AfD eine Selbstverpflichtung abzuringen. Die aber kassierte das Gericht am Freitag ein. © Stadt Essen | Moritz Leick

Der Eilbeschluss gilt als Bedingung dafür, dass die Messe Essen die erfolgte Kündigung des Mietvertrags mit der AfD für die Grugahalle wieder zurücknehmen kann. Denn per Ratsabstimmung und über den Weg einer Gesellschafterversammlung hatte die Politik Messechef Oliver P. Kuhrt ja am 29. Mai angewiesen, von der AfD eine strafbewehrte Selbstverpflichtung einzufordern. In der sollte die Partei die Verantwortung für möglicherweise geäußerte NS-Parolen auf dem Parteitreffen übernehmen.

Die Rücknahme muss auf dem gleichen Weg wie die ausgesprochene Kündigung erfolgen

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Die AfD weigerte sich, kassierte prompt die Kündigung der Halle, klagte im Eilverfahren, bekam Recht, und nun heißt es für die Stadt in der gleichen Reihenfolge, wie damals der Rauswurf erfolgte: Kommando zurück. Nach dem Dringlichkeitsbeschluss wird also für die städtisch beherrschte Messe eine Gesellschafterversammlung einberufen und dort der Messechef mit der Rücknahme der Kündigung beauftragt.

Wie schon beim Verfahren im Streit mit dem Verfassungsschutz wollten die beiden AfD-Vorstandsmitglieder (von links) Roman Reusch und Peter Boehringer am Montag im Essener Landgericht auflaufen. Doch der Termin wurde kurzfristig abgesagt.
Wie schon beim Verfahren im Streit mit dem Verfassungsschutz wollten die beiden AfD-Vorstandsmitglieder (von links) Roman Reusch und Peter Boehringer am Montag im Essener Landgericht auflaufen. Doch der Termin wurde kurzfristig abgesagt. © dpa | Guido Kirchner

Das bleibt selbstredend nicht ohne Folgen für das mit großen Erwartungen angekündigte Verfahren vor dem Essener Landgericht, bei dem sich am Montag um elf AfD-Bundesverband und Messe Essen über die Kündigung streiten wollten. Fast zwei Dutzend Journalisten haben sich für das Verfahren angemeldet, doch indem die Stadt den Anspruch der AfD auf eine Freigabe der Halle anerkennt, ist aus diesem Prozess die Luft raus. Am Sonntagnachmittag zog das Landgericht folglich die Konsequenzen aus der neuen Lage und hob den Termin auf. Was an Entscheidungen erforderlich ist, erfolgt nun im schriftlichen Verfahren.

Anerkenntnisurteil vor dem Landgericht spart immerhin anfallende Kosten

Denn der neue, korrigierte Ratsbeschluss ist ja bereits auf dem Weg. Voraussichtlich zum Ende der neuen Woche sieht sich Messe-Chef Kuhrt also eh der Forderung gegenüber, die Kündigung des ursprünglich 2023 geschlossenen Mietvertrags wieder zurückzunehmen.

Die Rheinhausen-Halle in Duisburg ließ die AfD am Samstag stiekum tagen. Protest von Gegendemonstranten gab es dennoch.
Die Rheinhausen-Halle in Duisburg ließ die AfD am Samstag stiekum tagen. Protest von Gegendemonstranten gab es dennoch. © FFS | Nick Kaspers

Während Essen den Streit mit der AfD zum Anlass nimmt, für die Vermietung städtischer Gebäude künftig Auflagen zu diskutieren, darunter etwa auch jene strafbewehrte Selbstverpflichtung, mit der man vor Gericht scheiterte, fährt der Revier-Nachbar Duisburg einen gänzlich anderen Kurs: In der dortigen Rheinhausen-Halle findet an diesem Wochenende der Bezirksparteitag der AfD statt. Betreiber der Halle ist die Duisburg Kontor Hallenmanagement GmbH, ein städtisches Unternehmen.

AfD-Gegner berichten, im Gegensatz zu Essen gebe die Stadt Duisburg dabei „kein gutes Bild ab“: Anfragen sei man zum Teil etwa mit der Falschbehauptung begegnet, es gebe überhaupt keine Veranstaltung. So ein „fast schon konspiratives Vorgehen“, heißt es, sei für ein städtisches Unternehmen „völlig inakzeptabel“. Ein Vorwurf, den der Sprecher des Hallenbetreibers so nicht stehenlassen wollte: Die Haltung des Unternehmens gegenüber der AfD sei „deutlich ablehnend“, heißt es in einer Stellungnahme, man habe sich aber rechtskonform und vertragstreu verhalten wollen und deshalb keine Informationen preisgegeben.

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In einer früheren Fassung des Artikels war bereits avisiert worden, dass der Prozess vor dem Landgericht am Montag wohl sehr kurz ausfallen dürfte. Am Sonntagnachmittag hob das Gericht den anberaumten Verhandlungstermin komplett auf. Wir haben den Passus entsprechend geändert.

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