Essen. Die GdP fordert, das Präsidium in Essen unverzüglich personell zu verstärken. Die öffentliche Sicherheit müsse oberste Priorität haben.
Vor dem Hintergrund des jüngsten Clan-Tumults in der Essener Innenstadt hat die örtliche Gewerkschaft der Polizei (GdP) einen dramatischen Appell an NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) gerichtet: „Wenn wir weiter konsequent einschreiten sollen, benötigen wir dringend mehr Personal für die komplexe Bearbeitung der Clan-Sachverhalte“, mahnte der GdP-Kreisgruppenvorsitzende Jörg Brackmann am Dienstag: „Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit sollte oberste Priorität haben, um solche Vorfälle wie aktuell in Essen und Castrop-Rauxel nicht zur Normalität werden zu lassen.“
Die Gewerkschaft appelliert an die Verantwortlichen, „die Dringlichkeit der Situation zu erkennen und unverzüglich Maßnahmen zur personellen Verstärkung des Polizeipräsidiums Essen zu ergreifen“.
Die Anforderungen an die Polizeiarbeit haben zugenommen
Nach Jahren der personellen Verluste bei den Vollzugkräften waren der Behörde an der Büscherstraße auf dem Papier zuletzt 1,6 Mehrstellen zugedacht worden. Eine kaum ernstzunehmende Größenordnung, während die Anforderungen an die Polizeiarbeit gerade in Essen kontinuierlich zugenommen haben - etwa bei der Bekämpfung der Kinderpornografie, bei Staatsschutzdelikten, der Gefährdersachbearbeitung, der Mordkommission, der Geldautomatensprengungen und nicht zuletzt der Bekämpfung der Clan-Kriminalität.
Es werden immer mehr Besondere Aufbauorganisationen (BAO) und Ermittlungsaufgaben in Essen zentralisiert, „die Politik gewährleistet jedoch keinen angemessenen Personalnachersatz“, kritisiert Brackmann. Um die Forderungen des Ministeriums in Gestalt neuer Sonderaufgaben umsetzen zu können, müsse in Essen vorhandenes Personal umverteilt werden. Und das seit Jahren schon. Das führe zu einer starken Belastung der Beschäftigten und dem Gefühl, Spielball der Politik zu sein.
Viele neue Kräfte gehen in die Landesoberbehörden
„Das kann auf Dauer nicht gut gehen und geht auf die Gesundheit jeder einzelnen Kollegin und jedes einzelnen Kollegen“, warnt Brackmann. Erschwerend hinzu komme, dass neu ausgebildete Beamtinnen und Beamte auch deshalb nicht im Präsidium ankommen, weil die Landesoberbehörden sie vorher „abfischen“.
Die Folgen für Essen und Mülheim liegen auf der Hand: Die Präsenz der Polizei auf den Straßen wird trotz eines landesweiten Personalzuwachses geschmälert anstatt gestärkt. Das ist zusätzlich dramatisch, weil die Essener Behörde allein in den vergangenen fünf Jahren schon 62 Kräfte auf ihren Wachen verloren hat - so viel wie keine andere im Land.
Die Behördenleitung entscheide über die Personalverteilung
Das Innenministerium macht sich in dieser Frage einen schlanken Fuß: Dass weniger Kräfte als vor Jahren auf den Straßen Essens und Mülheims unterwegs seien, habe nicht die Landesregierung, sondern die örtliche Polizeiführung zu verantworten, heißt es. Grundsätzlich entscheide die Behördenleitung eigenverantwortlich über die Verwendung des zugewiesenen Personals beziehungsweise über die personelle Ausstattung einzelner Dienststellen.
Das ist aus Sicht der GdP genauso wenig stichhaltig wie der wiederkehrende Verweis des Innenministers auf Zuwächse durch Regierungsangestellte: Sie seien kein Eins-zu-Eins-Ersatz für Beamte im Wach- und Wechseldienst, bei der Kripo oder im Verkehrsdienst. Mehr Tarifbeschäftigte seien zwar eine Unterstützung, aber nicht die Lösung für die Personalprobleme der Polizei, wenn hoheitliche und brisante Aufgaben durch Vollzugskräfte oder die Kriminalpolizei zu erfüllen seien.