Essen-Katernberg. Wenige Händler stehen auf dem riesigen Platz in Katernberg. Auf dem Wochenmarkt herrscht auch bei gutem Wetter Tristesse – trotz zentraler Lage.

Hering in Gelee: Das gibt es bei Michael Specht zum Mittagessen. Der 64-Jährige war schnell auf dem Katernberger Markt bei Fischhändler Uwe Bade. Der ersetzt seinen Kollegen, der bis vor Kurzem in Katernberg Fisch verkauft hat. Ein Markt ohne Fischhändler ist kein echter Wochenmarkt. Der Wochenmarkt in Katernberg hat einen, verströmt aber trotzdem wenig von dem Flair, was Märkte besonders macht.

Händler verkauft seit 1976 auf Wochenmarkt in Essen-Katernberg

Die Besucher und Besucherinnen verweilen hier nicht lange, obwohl der riesige Platz mit dem Brunnen, einigen Sitzbänken, Bücherschrank und Blick auf den Dom das Zeug dazu hätte. Direkt angrenzend ist das Bürgerzentrum Kontakt, dorthin biegen einige ab, auch zum Quatschen und Ausruhen.

Einen Kaffee oder eine Bratwurst auf die Hand gibt es nicht, Backwaren, Käse oder Fleisch kann man auch nicht kaufen. Stattdessen gibt es Coronamasken im Großgebinde für einen Euro, ein Kurzarmhemd für 10 Euro und eine Wassermelone für 2 Euro. Außerdem einen Stand, an dem Blumen verkauft werden, eine einsame Kundin sucht allerdings verzweifelt den dazugehörigen Verkäufer. Laut rufend umkreist sie den Stand. Schlangen bilden sich auf dem Katernberger Markt kaum.

Zum Teil hätten die Menschen eben wenig Geld, sagt Heinz-Jürgen Fastabend. Der 68-Jährige verkauft zwei Gurken, „gerne die dunklen“, an Gabriele Meyer. Viele Stammkunden würden vorbeikommen, grundsätzlich sei es schonmal besser gelaufen, so Fastabend, der hier ein Urgestein ist. Seit 1976 verkauft er Obst, Gemüse, Kartoffeln und Eier in Katernberg. Auch Gabriele Meyer eilt schnell weiter, will nicht bleiben. Der Markt sei nicht mehr wie früher, so die 63-Jährige, die sich eine größere Auswahl wünscht.

Sozioökonomische Situation nur bedingt Erfolgsfaktor für Wochenmarkt

Bei Heinz-Jürgen Fastabend kosten zehn Eier 3,50 Euro. Die Preise blieben gleich, egal in welchem Stadtteil er verkaufe. In Rüttenscheid könne er auch nicht mehr nehmen, da konkurriere er schließlich mit diversen Händlern – einer der Gründe, warum er dort nicht mehr verkauft. Weniger Händler bedeuten aus seiner Perspektive auch weniger Konkurrenz. Vor 20 Jahren habe er an einem Mittwoch in Karnap mehr verdient als an einem Samstag in Rüttenscheid.

Überhaupt, die sozioökonomische Situation der Menschen im Stadtteil ist offenbar nur bedingt ein Erfolgsfaktor für den Wochenmarkt. In Altenessen brummt das Geschäft; bis zu 60 Händler bieten dort ihre Waren an. Und auch dort karren die Menschen das Geld eher im Kleingeldfach, als in der Schubkarre an. Im Essener Norden sind Armuts- und Arbeitslosenquote höher als beispielsweise in Rüttenscheid. Dennoch funktioniert der Markt in Altenessen wunderbar und der in Katernberg – unweit entfernt – nur bedingt. Auf beiden Märkten kaufen viele Zugezogene ein. In Katernberg werden diverse Verkaufsgespräche am türkischen Obst- und Gemüsestand geführt.

Zeche Zollverein prägte einst den Stadtteil – Geschäfte in Essen-Katernberg florierten

Auch die Textilhändler in Katernberg kommen aus verschiedenen Ländern. Johannes Maas, Vorsitzender der Werbegemeinschaft, ist froh, dass sie regelmäßig Shirts, Kleider und Hemden verkaufen; Im Stadtteil fehle schließlich, mit Ausnahme von Zeeman, ein entsprechendes Geschäft. Bis 1985 gab es das Textilhaus Kämper dort, wo heute ein Ein-Euro-Shop ist. „Ein schleichender Veränderungsprozess“ sei das, was in Katernberg passiert, sagt Maas und erinnert an die Zeit, als die nahe gelegene Zeche Zollverein noch den Stadtteil prägte. Nicht nur Bergarbeiter zog es damals nach Katernberg, auch Beamte und Bürger ließen sich nieder. Geschäfte florierten.

Geschichten aus der Vergangenheit. Und heute? Klar, auch Maas fände es schön, wenn es Backwaren, Fleisch und Käse auf dem Markt gebe, doch er weiß: „Es ist nicht so einfach, Händler zu werben.“ Die ersten sechs Monate lohne sich das Geschäft für sie meist nicht. „Es dauert, bis sich das Angebot rumspricht.“

Katernberger Markt: Infos und Service

Markttag: Dienstag und Freitag ist jeweils von 8 bis 13 Uhr Markt in Katernberg.

Erreichbarkeit und Parkplätze: Parkplätze gibt es ausreichend, vor allem weil der Parkplatz hinter dem Rewe nicht nur für Supermarktbesucher ausgelegt ist. Auch entlang der Katernberger Straße gibt es Parkmöglichkeiten und in der Viktoriastraße kann man direkt am Marktplatz parken. Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs ist, nimmt die Ruhrbahn-Linien 107, 170, 173 oder 183.

Vielfalt des Angebots: dienstags bieten fünf Vertragshändler ihre Ware an, freitags sind es sieben. An diesem Tag ist der Fischhändler zusätzlich zu Obst/Gemüse, Blumen und Textilern dabei. Hinzu kommen Tageshändler. Manchmal gibt es dann Backwaren und Gewürze. Der große Marktplatz würde noch ausreichend Platz für weitere Lebensmittelhändler bieten. Ein Händler, der Fleisch anbietet, fehlt an beiden Tagen.

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Andere Einkaufsmöglichkeiten: Der Katernberger Markt ist an der Haupt-Einkaufsstraße des Stadtteils gut gelegen. Dort finden sich mit Rewe und Aldi große Supermärkte, auch Dm ist ein Anziehungspunkt, ebenso wie die Sparkasse direkt gegenüber vom Markt. Entlang der Katernberger Straße gibt es zudem diverse Friseure, Bäcker und Euroshops. Zeemann ist der einzige Textilhändler. Polizeiwache und Stadtteilbücherei sind ebenfalls direkt an der Hauptverkehrsstraße gelegen.

Snacks und Aufenthaltsqualität: Auf dem Markt selbst gibt es weder Bratwurst noch Reibeplätzchen, Kaffee oder ähnliches. Direkt angrenzend ist jedoch das Bürgerzentrum Kontakt. Dort gibt es Getränke und Sitzmöglichkeiten. Davor stehen zudem einige Sitzbänke.

Toiletten und Sauberkeit: Am Katernberger Markt gibt es eine öffentliche Toilette, viele nutzen aber lieber die WCs im Bürgerzentrum. Die Papiercontainer am Rande des Marktes sind eine Herausforderung, um beim Thema „Sauberkeit“ zu punkten, es gelingt trotzdem einigermaßen. Kleine Plastiktüten, ein leerer Durstlöscher und die Verpackung eines Cornetto-Erdbeer-Eises erzählen stumm die Geschichte eines Sommertages.

Preise: Über die Preise kann man nicht meckern, im Supermarkt zahlt man mehr oder ähnlich viel.

Ambiente und Kundenstruktur: Das Ambiente ist eher trist, trotz guter Laune der Händler. Der Marktplatz ist viel zu groß für die Anzahl der Stände. Familien oder Flaneure sieht man hier kaum. Viele Zugezogene kaufen Dinge des täglichen Bedarfs, sofern es die auf dem Markt gibt. Die meisten wollen schnell etwas einkaufen und dann weiter. Zum Verweilen und Quatschen bleibt kaum jemand.

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