Essen. Paten sollen Reitunterricht für Kinder retten: Die Kostenexplosion trifft Pferdeställe wie den des Essener Reit- und Fahrvereins Steele-Horst.
Als der Reitverein Steele-Horst 1978 eröffnete, da gab es bereits Schulunterricht. Heute ist die Anlage einer der wenigen großen Ställe in Essen, in denen Kinder ab vier Jahren ohne eigenes Pferd noch Reiten lernen können. Neben dem klassischen Reitunterricht gibt es inzwischen auch den Ponyclub – und extrem gestiegene Kosten. Jetzt sollen Ponypatenschaften helfen, denn die Nachfrage nach Reitunterricht ist riesig.
Ob für das zuverlässige Deutsche Reitpony Kanni (14) oder die motivierte wie temperamentvolle schwarze Stute Lotta („sie schmeißt ihren Reiter auch schon mal ab“): Eine Patenschaft ist ab sofort fünf Euro einmalig oder längerfristig möglich. Zudem gibt es verschiedene Modelle, bei denen Paten ihr Pony jederzeit besuchen können, es putzen und mit ihm spazieren gehen oder auch rund um den Schultenweg ausreiten können.
Insgesamt leben 53 Pferde am Reitstall in Essen Steele-Horst
Der Hof mit seinen vier Hektar Weiden, den zwei Reithallen, zwei Außenplätzen und der Vereinsgastronomie (früher Goldgrube, heute geschlossen) liegt in Eiberg. Gepachtet hat die Anlage der Reit- und Fahrverein Steele-Horst, auf der 53 Pferde leben. Die meisten gehören privaten Besitzern, zwölf sind Schulpferde und -ponys. Sie werden für den Reitunterricht gesattelt, inzwischen auch für ganz junge Reiter und Reiterinnen.
Wie es dazu kam: „Während der Unterrichtsstunden für Kinder ab zehn Jahren standen Eltern mitunter mit den jüngeren Geschwistern und schauten zu“, beschreibt Alexandra Schmitz. „Daher haben wir den Ponyclub für Kinder ab vier Jahren gegründet“, sagt die Vereinsvorsitzende über die Anfänge mit zwei Ponys.
Das ist etwa zwölf Jahre her, der Club ist längst ein voller Erfolg und das vierbeinige Gründungsmitglied Pooh das beliebteste Pony auf dem Hof. Und das, obwohl erst kürzlich eine Pflegerin im Speisfass landete. „Wenn er Grünes sieht, ist er nicht zu halten“, sagt Alexandra Schmitz lachend über das verfressene Shetty.
Für externe Interessierte wird es beim Essener Reit- und Fahrverein eng
Heute zählt der Club sieben Ponys und zahlreiche Kinder bei den Minis, die den Umgang mit Pferden lernen und auf ihren Rücken erste Reitversuche machen. Wer eine Runde im Galopp allein im Sattel schafft, wechselt zu den Maxis. Aus dieser Gruppe geht es in den regulären Schulunterricht. So rücken immer wieder Reitschüler nach. „Für Externe wird es da eng“, sagt die Vorsitzende.
Da die Wartezeiten bis zur ersten Reitstunde bei bis zu zwölf Monaten liegen, ist nun eine Vorbereitungsgruppe entstanden. In dieser können acht Kinder die Ponys zumindest schonmal putzen und führen, bis sie erstmals aufsteigen dürfen.
Trotz dieser enormen Nachfrage und des gut angenommenen Ponyclubs breiten die extrem gestiegenen Kosten den Vereinsmitgliedern ernsthafte Sorgen. Wer sein Pferd auf dem Hof privat einstallt, der zahlt je nach Box (mit oder ohne Fenster, mit oder ohne kleinen Auslauf) bis zu 460 Euro monatlich. Sein Pferd wird gefüttert, es gibt Heu und Stroh und weiteren Service gegen Aufpreis (Misten 70 Euro, auf die Weide stellen 30 Euro).
Kosten sind für den Essener Reitverein in allen Bereichen gestiegen
Ganz so hoch seien diese monatlichen Kosten für den Verein selbst bei seinen eigenen Pferden zwar nicht, teuer aber bleibe es. Zunächst einmal falle ja eine Box weg, die vermietet Einnahmen bedeuten würde. Hinzu kommen Rechnungen für Tierarzt („die Impfkosten haben sich seit der neuen Gebührenordnung fast verdoppelt“), regelmäßige Wurmkuren, den Hufschmied, Futter, Heu, Stroh und Energie. „Vor allem im Winter war ja das Licht in den Ställen lange an“, sagt Alexandra Schmitz. So treibt die Frage der Finanzierung die Vereinsmitglieder immer um, ist jetzt in Zeiten der Kostenexplosion in manchen Bereichen umso drängender geworden.
Auf die Ponypatenschaften ist Schriftführerin Melanie Remy dann eher zufällig gestoßen. „Da hatten wir die Kosten für unseren Ponyclub gerade auf zehn Euro erhöht und wussten bereits, dass das eigentlich gar nicht reicht“, sagt sie. Doch sie wollten eben nicht alles auf die Eltern abwälzen, möchten sie doch den Reitunterricht jedem Kind ermöglichen.
Ein Besuch bei Pferdezahnarzt kostet für Paten 180 Euro
Ponypatenschaften und Kontakt zum Reitverein
Bei einer Patenschaft können Paten das Pony selbst aussuchen und dieses einmalig oder längerfristig unterstützen. Eine Patenschaft ist ab 5 Euro im Monat möglich.Es gibt unterschiedliche Modelle: die einmalige Patenschaft, eine stille Patenschaft (regelmäßig, Besuche jederzeit nach Absprache möglich), Basispatenschaft (ab 25 Euro im Monat, Besuche nach Absprache, viermal jährlich Besuch mit Putzen und Spaziergang), Premiumpatenschaft (ab 50 Euro monatlich, regelmäßige Infos rund ums Pony, viermal im Jahr kann das Pony geputzt werden, ein Spaziergang ist möglich, ein geführter Ausritt ebenfalls viermal jährlich, dazu gibt es ein Geschenk des Ponys).Die Vereinsmitgliedschaft beim Reit- und Fahrverein Steele Horst kostet für Kinder 4,50 Euro, für Erwachsene 9 Euro im Monat. Der Miniclub kostet 60 Euro monatlich, im Maxiclub zahlen Kinder 70 Euro (hier dauert der Unterricht anderthalb Stunden). Der Vorbereitungskurs kostet 45 Euro im Monat.Kontakt zum Verein:rfv-steele-horst@t-online.de, weitere Infos: https://www.rfv-steele.de/
Kaum haben sie ihre neue Idee vorgestellt, schon gibt es erste Paten und weitere Interessenten: Freunde von Einstallern, Bekannte aus Köln oder Politiker aus der Bezirksvertretung sind darunter. Mit einer einmaligen Zahlung finanzieren die Paten nun einen Sack Möhren (zehn Euro), einen Monat lang Heu (50 Euro) oder bei Bedarf den Besuch beim Pferdezahnarzt (180 Euro). Die Paten selbst haben dann nicht nur eine Urkunde in der Hand oder auch ein Geschenk „ihres Ponys“, sondern stets die Gewissheit, dass sie Kindern den Reitunterricht weiterhin ermöglichen.
Auf Fluse etwa oder auf Cora, die beiden Stuten haben bereits eine Patin gefunden. Der brave Schimmel Muck wartet noch, der seit drei Jahren auf dem Hof lebt, gern gestriegelt und geputzt wird und alles mag außer Sprühflaschen. Tinker Tom (“eine Seele von Pferd“) ist für eine Patenschaft auch noch zu haben, Trixi nur noch bis zum Sommer. Dann geht die 23-jährige Stute in Rente, auf deren Rücken schon zahllose Mädchen und Jungen das Reiten gelernt haben. Damit das am Schultenweg für Kinder aus der Umgebung weiterhin möglich sein wird, suchen die Vereinsmitglieder dringend weitere Paten und Patinnen: „Kämpft mit uns gemeinsam!“