Essen. 27 Jahre und längst weltweit gefragt: Der finnische Dirigent Klaus Mäkelä gilt als große Hoffnung. In Essen konnte man hören, warum das so ist.
Er ist einer jener Shooting-Stars, die in der Klassik-Szene gerade willkommen sind. Denn die alte Garde der Dirigenten tritt allmählich ab und in der mittleren Altersgruppe sind charismatische Figuren rar. Da steht er also am Pult der Essener Philharmonie, der 27 Jahre alte Finne Klaus Mäkelä, schon jetzt weltweit gefragt und in vier Jahren Chefdirigent des Amsterdamer Concertgebouworkest. Man fragt sich: Ist es das Marketing, das die Aura erschafft? Oder baut der Ruf auf Ausstrahlung und Können auf? Mit Hector Berlioz’ Symphonie fantastique“ und dem phänomenalen Pariser Orchester zeigt Mäkelä, dass der Ruf der Persönlichkeit entspricht. Von dem jungen Mann wird man nach diesem Essener Debüt noch hören.
Von dem jungen Mann wird man nach diesem Essener Debüt noch hören
Mäkelä lässt den lyrischen Beginn ganz gelöst aufblühen, heimst erste Bewunderung ein für die fabelhaft abgestufte Mikro-Dynamik – an der sicher die Berlioz-Erfahrung des Orchestre de Paris ihren Anteil hat. Aber Mäkelä sichert sich klug die Reserven für die exaltierten letzten Sätze, lässt den Fieberbrand des Berlioz’schen Opiumrauschs noch verhalten züngeln. Die heftigen Kontraste, die präzise Rasanz, der glühend aufgeladene Ton der Bässe oder das herrlich runde Blech: Sie haben ihre Höhepunkte noch vor sich.
Die brechen dann herein, gefordert von Mäkeläs imperialen Gesten, seiner niedersausenden Faust, dem Aufstampfen mit dem Fuß. Dennoch drängt sich nie der Eindruck bloßen Effekts auf. Der infernalische Lärm und das unwirkliche Filigran im Hexensabbat des letzten Satzes sind nicht unkontrolliert entfesselt. Sie folgen mit ihrer ganzen schamlosen Ausnutzung der Klangfarben einer wohlüberlegten Dramaturgie.
Vom Schaum der Ekstase fliegen kaum ein paar Flocken
Vor der Pause ging es weit gesitteter zu: Jean Sibelius‘ Violinkonzert entbehrt zwar nicht der schwärmerischen Leidenschaft, aber selbst die prägnanten rhythmischen Passagen und die Ausbrüche des Orchesters im letzten Satz bleiben hinter dem Höllenritt von Berlioz zurück. Und Janine Jansen als Solistin zeigt kein Interesse, ihre schlanke, zu Blässe neigende Tongebung expressiv aufzuladen. Vom Schaum der Ekstase fliegen kaum ein paar Flocken.