Essen. . Musik ist die Kunst der vielen Wege: Star-Geigerin Janine Jansen spricht über ihre Leidenschaft für das Spielen – und die Kunst, abzuschalten.
Janine Jansen (39) zählt nicht nur daheim zu den Stars – dabei gehört sie weder zum niederländischen Königshaus noch pflegt sie Liebesbande zu einem Top-Kicker. Die ebenso selbstbewusste wie natürliche Frau mit dem ansteckenden Lachen spielt die Violine derart voll und strahlend, dass ihr das Publikum von Europa bis Amerika zu Füßen liegt. Vor ihrem Kammermusik-Gastspiel in Essen mit Cellist Mischa Maisky und den Pianisten Itamar Golan und Lily Maisky hat Christoph Forsthoff die Geigen-Schönheit getroffen.
Ob Winter oder Sommer – auf der Bühne offenbaren Sie stets eine Vorliebe für schulterfreie Abendkleider…
Janine Jansen (lacht): Es ist einfach wichtig, sich bewegen zu können – müsste ich in einem Blazer spielen, wäre das viel schwieriger. Fast genauso wichtig ist allerdings, nicht bei jedem Auftritt das gleiche Kleid zu tragen. (lacht)
Es könnte also sein, dass das Publikum wieder mehr auf Sie schaut, als dass es Ihnen zuhört…
Nein, das passiert nie – das hoffe ich jedenfalls..(lacht) Schöne Kleidung gehört zu einem Live-Konzert dazu: Ich selber mag das ja auch, wenn ich im Konzert sitze.
Ein Faible, das sicher Ihre Plattenfirma freut – gut fürs Image.
Ich kann mit dem Begriff Image wenig anfangen… Nein, über ein Image denke ich gar nicht nach – und ich möchte auch nicht, dass meine Plattenfirma darüber für mich nachdenkt.
In Essen sind Sie als Kammermusikerin zu erleben, ebenso oft treten Sie als Solistin mit einem Orchester auf – was ziehen Sie vor?
Mir ist beides gleich lieb – das ist jetzt ziemlich langweilig, nicht wahr? (lacht) Aber wenn die anderen sehr kommunikativ sind und man gegenseitig aufeinander reagiert, ist es ganz gleich, ob man mit einem Orchester spielt oder nur mit drei Musikerkollegen. Selbst mit einem großen Orchester ist musikalische Intimität möglich – auch wenn es natürlich einfacher ist, drei Menschen auf eine Linie zu bringen als 80.
Nun geht man ja an ein Werk nicht immer mit denselben künstlerischen Vorstellungen heran – ist es schwieriger, sich gegen einen Dirigenten durchzusetzen oder gegen zwei Kammermusikpartner?
(lacht) Das hängt ganz von den Musikern ab und ihren Einstellungen. Dass jemand auf seinem Standpunkt beharrt, kann ebenso mit einem Dirigenten passieren wie mit einem Cellisten, Pianisten oder Geiger. Ich persönlich mag solch eine Sturheit aber grundsätzlich nicht: Musik ist nun einmal nicht auf einen einzigen Weg festgelegt – mein Geigenprofessor hat mich gelehrt, stets verschiedene, überzeugende Wege für jede einzelne Phrase zu suchen. Und entsprechend schätze ich am meisten die künstlerische Flexibilität.
Wer Ihre Leidenschaft für die Musik auf der Bühne erlebt, kann sich kaum vorstellen, dass Sie Ihre Geige jemals mehr als einen Tag lang aus der Hand legen…
(lacht): Oh, doch, das schaffe ich schon – jeweils eine Woche im Januar und eine Woche im Sommer. Es ist einfach wichtig, den Focus auch einmal auf etwas ganz anderes zu richten: Nicht allein, einmal nicht zu üben, sondern auch den Kopf frei zu bekommen von allem, was mit Musik zu tun hat. Und da versuche ich dann einfach, gänzlich abzuschalten. In der Vergangenheit hat das oft gut funktioniert, wenn ich in die Berge gefahren bin.