Essen. Die Uniklinik Essen baut zwei neue Kliniken für insgesamt gut 250 Millionen Euro. Nun kämpft man mit Materialengpässen und steigenden Baukosten.

Die durch den inzwischen mehr als zwei Monate langen Streik sowie durch coronabedingte Personalausfälle stark belastete Uniklinik Essen kämpft dieser Tage auch mit den Folgen der Krise in Baugewerbe und Handwerk: Mehrere Bauprojekte auf dem Klinikgelände in Holsterhausen drohen, in Verzug zu geraten. Und: Die Baukosten schnellen in die Höhe.

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Das betrifft zum Beispiel das neue Zentrum für Nuklearmedizin, ein Leuchtturmprojekt auf 3500 Quadratmetern Nutzfläche in unmittelbarer Nähe zum Hauptgebäude. „Für Bau und Ersteinrichtung des technisch anspruchsvollen Gebäudes sind etwa 130 Millionen Euro eingeplant“, teilte die Klinik bei der Grundsteinlegung im August 2020 mit. Ein Jahr später sollten es schon 134 Millionen sein. Dabei dürfte es aber nicht bleiben.

Uniklinik Essen baut zwei Gebäude für gut 250 Millionen Euro

Läuft alles nach Plan, soll das Gebäude, in dem die Klinik für Nuklearmedizin und die Radiopharmazie endlich vereint werden, im kommenden Jahr fertiggestellt werden. Doch das ist mittlerweile ungewiss. „Jeden Tag müssen wir Lösungen finden, damit der Bau nicht stillsteht und damit wir diese Gebäude nach und nach fertig bekommen“, sagt Thorsten Kaatze, Kaufmännischer Direktor und stellvertretender Vorstandsvorsitzender Universitätsmedizin Essen.

Materialengpässe und steigende Kosten für Baustoffe können ein Großprojekt im schlimmsten Fall zum Stillstand bringen. Kaatze ist daher froh, dass zumindest die Rohbauten für das neue Zentrum schon stehen: „Stahlbeton ist auf manchen Baustellen gar nicht mehr verfügbar. Wir haben bei einzelnen Materialien und Gewerken zudem Kostensteigerungen von 30 Prozent und mehr.“

„Jeden Tag müssen wir Lösungen finden, damit der Bau nicht stillsteht und damit wir diese Gebäude nach und nach fertig bekommen“, sagt Thorsten Kaatze, Kaufmännischer Direktor und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen.
„Jeden Tag müssen wir Lösungen finden, damit der Bau nicht stillsteht und damit wir diese Gebäude nach und nach fertig bekommen“, sagt Thorsten Kaatze, Kaufmännischer Direktor und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Mit ähnlichen Schwierigkeiten hat man es bei dem Neubau der Kinderklinik zu tun, der in derselben Preisklasse angesiedelt ist: 125 Millionen Euro hat die Uniklinik hier veranschlagt. Der Altbau aus dem Jahr 1931 genügt nicht den heutigen Standards, der Neubau soll den kleinen Patienten und ihren Familien einen spürbar besseren Komfort bieten: „In unserer neuen Kinderklinik sind die Zimmer dank unserer Kreativität endlich groß genug, dass die Eltern bei ihren Kindern übernachten können“, sagt Kaatze. Doch ausbleibende Materiallieferungen hemmen auch hier den Baufortschritt, so lieferte der Hersteller die Fenster erst mit wochenlanger Verzögerung.

Lieferengpässe in der Weltwirtschaft hemmen den Baufortschritt in Essen

Um wie viel die Kosten für die Kinderklinik und das Zentrum für Nuklearmedizin am Ende steigen könnten, mag die Uniklinik derzeit noch nicht genau beziffern. Beide Großprojekte sollten Ende 2023 fertiggestellt werden, ob diese Zielsetzung erreicht wird, ist unklar. „Inwieweit es Verzögerungen gibt, lässt sich aktuell mit Blick auf den Krieg in der Ukraine und Lieferengpässe in der Weltwirtschaft nicht abschätzen“, sagt Kaatze.

Und schließlich enden die Lieferprobleme ja nicht mit Fenstern und Stahlbeton – Fragen wirft auch das komplexe Innenleben der Neubauten auf. „Wann die technische Innenausstattung in die Gebäude kommt, ist noch nicht ganz klar“, sagt Kaatze. „Der Chipmangel erhöht beispielsweise die Wartezeiten bei medizinischen Geräten.“ Und ohne die könnte das neue Zentrum seine Arbeit naturgemäß nicht aufnehmen.

Ungeachtet aller Unwägbarkeiten hat die Uniklinik jetzt einen weiteren Bau-Auftrag vergeben: Ein variables Modulgebäude, das für verschiedene Aufgaben vorgesehen sei. Wann es fertiggestellt wird, lässt sich angesichts der aktuellen Unwägbarkeiten wohl nicht gut sagen. Doch die Klinikleitung betont: „Es ist genehmigt und wird gebaut.“