Essen-Heisingen. In Badehose zum Einsatz: Das galt bei der DLRG Essen nur für Helmut Henkel. Der Ausbildungsleiter starb nun mit 83 Jahren. Etwas soll bleiben.
„Helmut war immer da“, so formuliert es Andreas Wieser, stellvertretender Bezirksleiter der DLRG Essen mit ihren rund 1800 Mitgliedern. Helmut Henkel war eines von ihnen, eines der ältesten und aktivsten: Der langjährige Ausbildungsleiter hat für die DLRG gelebt und diese entscheidend geprägt. Nun haben seine Kameraden und Kameradinnen - wie er selbst sie nannte - Abschied nehmen müssen: Helmut Henkel ist im Alter von 83 Jahren gestorben.
1959 trat Helmut Henkel bei der DLRG ein, machte im gleichen Jahr das Rettungsschwimmabzeichen und hielt nur vier Jahre später mit dem Lehrschein die Ausbildungslizenz in Händen, nahm seitdem selbst Schwimm- und Rettungsdienstabzeichen ab. Seit den 1960ern war er dann auf dem Rhein-Herne-Kanal im Einsatz und später auf dem Baldeneysee, war nach wie vor Badleiter in Borbeck und im Bad am Thurmfeld.
Für seine Kameraden und Kameradinnen ist er längst zum Urgestein geworden
Im Vorstand der DLRG war Helmut Henkel seit 1964 durchgehend, seit 1975 als Leiter Einsatz und Ausbildung. Erst 2002 trat er in die zweite Reihe, übernahm den Posten des Stellvertreters, engagierte sich jedoch mitnichten weniger und führte bis zuletzt die Liste mit den Arbeitsstunden an. „In seiner aktiven Zeit war er jedes Wochenende von März bis November hier“, sagt Andreas Wieser und meint die DLRG-Wachstation in Heisingen am Baldeneyseeufer.
Den ganzen Sommer über war er regelmäßig da, übernahm im April noch Wachen. Oder er saß wie so oft auf „seiner“ Bank und erklärte jedem gern, wie etwas zu funktionieren hat – mit einer gewissen Altersmilde. Er hatte klare Vorstellungen; war da, wenn Not am Mann war; packte an, wenn es etwas zu reparieren gab. Für seine Kameraden und Kameradinnen ist er längst zum Urgestein geworden – und 2013 zum ersten Ehrenmitglied im DLRG-Bezirk Essen.
Er erhielt Auszeichnungen wie das Bundesverdienstkreuz
Ihm lag vor allem die Ausbildung am Herzen und so nahm er nicht nur zahllose Abzeichen von Bronze bis Gold ab, erhielt dafür selbst Auszeichnungen wie das Bundesverdienstkreuz. Der 83-Jährige leitete die Theorie-Kurse auch für Polizisten und Lehrer. Letztere sahen ihn alle zwei Jahre, wenn sie ihren Lehrschein erneuern mussten.
Er selbst lernte mit neuer Technik umzugehen, statt wie in den Anfängen Folien auf den Tageslichtprojektor zu legen. Noch vor sechs Wochen stand er selbst am Beckenrand. „Wer in den letzten 50 Jahren in Essen sein Rettungsschwimmabzeichen gemacht hat, wird dabei Helmut Henkel in irgendeiner Weise begegnet sein“, haben DLRG-Mitglieder zum Abschied geschrieben.
Pfarrer sprach in Trauerrede von natürlicher Autorität
Sie werden sich an den drahtigen wie sportlichen, nicht allzu hochgewachsenen Menschen erinnern, der Anspielungen auf seine Körpergröße sofort gekonnt konterte. An seinen trockenen Humor sowie seine natürliche Autorität. Eine Eigenschaft, die der Pfarrer nun in der Trauerrede nannte. „Alle haben Helmut in diesen Worten wiedergefunden“, sagt Andreas Wieser. Sie werden ihn vor Augen haben, wie er die Dienstfahne wieder einholt. Auf seiner Bank sitzt, darauf hinweist, vor dem Grillen die Boote zu putzen.
Die DLRG im Bezirk Essen
Die Wachstation der DLRG Bezirk Essen (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) befindet sich in Heisingen an der Lanfermannfähre 98.Die DLRG Essen besteht seit 1925. Informationen zur Schwimmausbildung oder aktuellen Schwimmkursen gibt es unter: https://essen.dlrg.de/
Als einige einst glaubten, Helmut Henkel wäscht gerade den DLRG-Bulli, staunten sie schließlich über den Föhn in seinen Händen. Erst viel später erfuhren sie, dass er das Gefährt beim Trailern versenkt hatte und anschließend mühsam versuchte, es wieder zu trocknen. Ins Wasser ging er selbst bei seinem Hobby, dem Sporttauchen, das ihn an ferne Orte wie die Galapagosinseln und in den Pazifik führte.
Zur Beerdigung kamen Angehörige und Mitglieder des Tauchclubs sowie von der DLRG
Zuhause war für ihn Horst, wo er immer allein lebte. Dorthin war der gelernte Maurer und Techniker gezogen, der in Borbeck geboren worden ist. Zu seiner Beerdigung kamen Angehörige aus dem Harz sowie die Mitglieder seines Tauchclubs und von der DLRG. „Im Vorjahr nach seiner OP hatte er sich gut erholt, schmiedete wieder Pläne für die Ausbildung“, sagt Andreas Wieser. Überrascht hat sein Tod sie dann doch, die Betroffenheit ist riesengroß.
Entsprechend groß ist der Wunsch, „dass Helmut bleibt“, sagt Andreas Wieser und meint das Bedürfnis, die Wachstation oder ein Boot nach ihm zu benennen, ihm vielleicht seine Bank zu stiften. „Ganz ohne ihn, ist es hier nicht vorstellbar“, ergänzt er zu dem Mann, für den auf dem Boot der DLRG eine besondere Ausnahme galt: oben ohne. „Helmut Henkel war der einzige, der in Badehose statt in Dienstkleidung an Deck war und auch zum Einsatz eilte.“
Für seinen größten Einsatz sorgte der Ausbildungsleiter wohl selbst
Für seinen größten Einsatz sorgte er in den 1990er Jahren wohl selbst, als er in Richtung Fischlaken schwamm: im Neoprenanzug, mit Maske, Flossen und Schnorchel. Für Helmut Henkel war es ein Sonntagabend wie immer. Für denjenigen, der die 112 wählte, ein Notfall („hier treibt einer im Wasser“), gefolgt von einem Großaufgebot: mit mehreren Feuerwehrwagen, Hubschrauber und Wasserschutzpolizei. Die Einsatzkräfte fischten ihn an Haus Scheppen aus dem Baldeneysee.
Er kam mit einem Rüffel davon und in Polizeibegleitung zurück nach Heisingen. Wäre es jedoch nach ihm gegangen, er wäre geschwommen, gleich nachdem er den Beamten erklärt hatte, in dem Aufzug schlecht Bus oder Taxi fahren zu können.
So unvergessen wie diese Anekdoten, wie sein Engagement wird auch Helmut Henkel für seine Kameraden und Kameradinnen bleiben. Sie haben sich auch in einer Traueranzeige verabschiedet: „Mach’s gut auf Deiner letzten Reise, lieber Helmut! Deine DLRG-Familie.“ Auf seinem Sarg lagen Schnorchel, Maske und Flossen.