Essen.. Scientology und Wunderheiler waren bei der Beratung der Informations- und Beratungsstelle des Sekten-Info NRW in Essen dieses Jahr die großen Themen. Hinsichtlich des Endes des Maya-Kalenders ist es in der Beratungsstelle erstaunlich ruhig geblieben.

Das Ende der Welt ist nah, sehr nah – am heutigen 21. Dezember. Irgendwann zwischen dem frühen Morgen und dem späten Abend soll die Welt untergehen, ist es Zeit für die Apokalypse, das Armageddon. So prophezeien es zumindest diejenigen, die mit dem Ende des 13. Zyklus des Langzeitkalenders der Maya den kommenden Weltuntergang erwarten. „Alles Quatsch“, sagt hingegen Sabine Riede. Die Pädagogin und Theologin ist Geschäftsführerin der Informations- und Beratungsstelle des Sekten-Info NRW an der Rottstraße – ein Verein, der Menschen, die Probleme mit neuen und extremen religiösen Bewegungen haben, juristische und psychologische Betreuung und Beratung bietet. Ob es um Guru-Bewegungen geht, um die Zeugen Jehovas, um christlich-fundamentalistische Gruppen oder um Salafisten – Riede und ihre Kollegen kennen sich aus, helfen Aussteigern, Rückfälligen und Angehörigen. Präventionsarbeit mit Jugendlichen gehört zur Arbeit des Vereins ebenfalls dazu. „Wir schärfen ihr Bewusstsein und erklären, wann Religion gefährlich werden kann“, sagt Riede, die heute mehrere Gesprächstermine in ihren Kalender eingetragen hat. Nicht aber die Apokalypse.

„In der Beratungsstelle ist es erstaunlich ruhig geblieben. Ich hätte mit mehr Anfragen zum Thema gerechnet“, betont die Pädagogin. Dennoch: Um die 100 Personen hätten sich telefonisch gemeldet, „und mal nachgefragt, ob denn am 21. Dezember etwas passiert“. Man höre und lese so viel in den Medien. Die Sorge sei meist schnell mit ein paar ruhigen Worten und dem Verweis auf wissenschaftliche Quellen aus der Welt geschafft worden. Nur vier Personen hätten den Weg in die Beratungsstelle gesucht – meist Frauen, die sich mit Esoterik beschäftigen. Und die noch Zweifel daran gehabt hätten, dass die Welt doch nicht untergeht.

Von Esoterikern aufgegriffen

„Es sind nur wenige, die weiter daran festhalten. Meist sind es Menschen, die sehr hilflos sind, weil sie Probleme haben und nicht zurecht kommen in einer Welt, in der sich ständig etwas verändert“, so Riede. Der Weltuntergang sei etwas, an dem sie festhalten könnten, etwas Verlockendes, nach dem sie sich sehnen. Er habe etwas Beruhigendes für sie: Endlich nehme mal etwas ein Ende, werde aufgeräumt, die Ordnung wieder hergestellt, finde ein Wechsel statt. Betroffene, die verzweifelt sind und so denken, zu beruhigen, mit ihnen zu reden und auf sie einzuwirken – das ist die Aufgabe der Sekten-Info.

Das aktuelle Szenario sei vor allem von Esoterikern aufgegriffen worden. „Passiert nichts, haben sie schnell eine Ausrede parat“, weiß Riede. Bei ähnlichen Vorhersagen hieß es dann, die Erdachse habe sich leicht verschoben und der Weltuntergang fände zu einem anderen Zeitpunkt statt. Oder sie sagen: „Doch, da war was. Ich habe gespürt, dass der Prozess begonnen hat. Die Materialisten nehmen das aber nicht wahr“, schildert Riede eine andere mögliche Antwort. Bei streng christlich-fundamentalistischen Gruppen, die das jüngste Gericht vorhergesehen haben, hieß es bisher meistens: Gott hat euch noch mal eine Chance gegeben.

Doch aus Spinnereien könne schnell Gefährliches werden, wenn Anhänger einer Sekte sich versammeln und gemeinsam auf den Weltun­tergang warten. Einen solchen Fall habe Sabine Riede bereits einmal selbst miterlebt, vor rund einem Jahrzehnt im Münsterland. Riede: „Es kann passieren, dass es dann zu einer Massenhysterie kommt und die Leute Schlaftabletten schlucken, manchmal sogar freiwillig.“ In Deutschland habe es anders als in den USA einen solchen Fall bisher glücklicherweise noch nicht gegeben. Als Grund, warum nur wenige Menschen wegen des Maya-Kalenders ein Armageddon erwarten, sieht Riede vor allem im Umgang in den Medien. „Teilweise gibt es Werbeslogans, die sich darüber lustig machen. Ähnlich ist es in Berichten in den Zeitungen und im Fernsehen.“ Damit gehe die Anziehungskraft verloren.

Helfen, ‘Nein’ zu sagen

Anders als der Weltuntergang seien dieses Jahr vor allem die Themen Scientology und Wunderheiler bei der Sekten-Info angesprochen worden. Riede und ihre Kollegen hätten vor allem Scientology-Aussteigern geholfen, ‘Nein’ zu sagen, wenn Scientologen in ihren schwarzen Limousinen anrollen und plötzlich der Tür stehen. Riede: „Man darf sich auf keine Gespräche mit ihnen einlassen und sie auf keinen Fall in die Wohnung lassen.“ Ansonsten werde man die Scientologen auf lange Zeit nicht mehr los.

Kontakt zur Sekten-Info

Der überwiegend vom Land finanzierte Verein „Sekten-Info Nordrhein-Westfalen“ hat seinen Sitz an der Rottstraße 24 in der nördlichen Innenstadt. Telefonisch unter 23 46 46 und persönlich ist die Beratungsstelle montags bis freitags zwischen 9.30 Uhr und 12 Uhr sowie von 13 Uhr bis 15.30 Uhr erreichbar. E-Mail: kontakt@sekten-info-nrw.de