Essen. Die Pläne für den Ausbau der Essener Jedermann-Sportanlage provozieren Protest – auch von einem Verein, der eigentlich davon profitieren soll.
Nein, zum Lachen ist Manfred Diedrich nicht zumute, aber seinen Humor bewahrt sich der 81-Jährige trotzdem: „Und täglich grüßt das Murmeltier“, sagt Diedrich und meint die Schillerwiese. Die Politik diskutiert abermals über die Zukunft der Jedermann-Sportanlage in Stadtwald. Freizeitsportler sind aufgeschreckt. Auch Manfred Diedrich erhebt seine Stimme: „Hände weg von der Schillerwiese.“
Kennern der Essener Leichtathletik-Szene ist Manfred Diedrich ein Begriff. Der passionierte Mittelstreckenläufer hat früher internationale Wettkämpfe im Grugastadion organisiert. Auch der Essener Stadtlauf geht auf seine Initiative zurück.
Wenn Diedrich über die Schillerwiese spricht, gerät er ins Schwärmen. Schon vor 65 Jahren hat er hier seine Runden gedreht. Die Jedermann-Sportanlage sei eine Perle, etwas Vergleichbares gebe es in ganz Essen nicht.
Die Sport- und Bäderbetriebe aber haben abermals ein Auge auf die Schillerwiese geworfen. Zwei Rüttenscheider Fußballvereine könnten dort eine neue Heimat finden: der Rüttenscheider SC aus dem Walpurgistal und die Sportfreunde 07 von der Veronikastraße. Deren Platz auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Rüttenscheid könnte für eine Bebauung freigezogen werden.
Diesen Vorschlag hat die Sportverwaltung der Politik vorgelegt, nachdem sich ein Umzug der Sportfreunde 07 an den Uhlenkrug zerschlagen hat. Denn eine Erweiterung der dortigen Sportanlage kommt nach Einschätzung eines von der Stadt beauftragten Gutachters aufgrund der strengen Lärmschutz-Vorgaben nicht infrage.
Der Naturrasenplatz soll durch einen Kunstrasenplatz ersetzt werden
Nicht zum ersten Mal steht ein Umbau der Jedermann-Sportanlage an der Schillerwiese in Rede. In den 1980er Jahren sei in der Politik darüber diskutiert worden und auch in den 1990er Jahren, erinnert sich Manfred Diedrich. Seinerzeit habe der ETB ein Auge auf die Schillerwiese geworfen – als Trainingsplatz für seine Jugendmannschaften. Zuletzt brachten die Sport- und Bäderbetriebe einen Ausbau 2018 auf die Tagesordnung.
Daran hat sich die Verwaltung offensichtlich erinnert. Ihr Vorschlag: Für die Sportfreunde 07 und den Rüttenscheider SC wird an der Schillerwiese ein Vereinsheim gebaut. Der Naturrasenplatz wird durch einen Kunstrasenplatz ersetzt, der von beiden Vereinen genutzt wird.
Die übrige Anlage stünde auch weiterhin Freizeitsportlern jederzeit offen, heißt es. Die heutigen Umkleide- und Duschräume würden endlich saniert, die Sportangebote erweitert beispielsweise durch eine Parcours-Anlage und ein Boulefeld. Der Bau einer Rundlaufbahn bliebe laut Verwaltung eine Option.
Kritiker werfen ein, die Schillerwiese sei nur selten stark frequentiert
„Das Chaos ist doch programmiert“, warnt Manfred Diedrich und meint damit nicht nur die wenigen Parkplätze entlang der schmalen Eichenstraße. Er befürchtet, dass Freizeitsportler an den Rand gedrängt werden, sollten die Fußballvereine die Sportanlage erst einmal in Besitz nehmen.
Nein, die Schillerwiese müsse bleiben, fordert Diedrich. Kritiker werfen ein, dass die Sportanlage selten stark frequentiert ist. Meist seien es nur einige wenige Sportler, die dort trainieren. Manfred Diedrich lässt das nicht gelten. Die Stadt habe ihren Teil dazu beigetragen, als sie schon vor Jahren den Platzwart abgezogen habe. Die Umkleiden seien häufig verschlossen, der Rasenplatz oft schon nach einem Schauer gesperrt, beklagt er. „Früher wurde hier Fußball, Volleyball oder Frisbee gespielt.“ Heute habe man den Eindruck, das Schild mit der Aufschrift „Rasenfläche gesperrt“ sei auf dem Platz einbetoniert.
Manfred Diedrich ist ein Kämpfertyp. Als 14-Jähriger ist er von Essen in die Schweiz geradelt – mit 30 Kilo Gepäck und einem Drahtesel ohne Gangschaltung, um in Bern sein Idol Emil Zatopek laufen zu sehen.
Diedrich selbst hätte wohl längst wieder den 800-Meter-Rekord seiner Altersklasse im Visier. Doch nach einer Operation zwickt die Leiste, der passionierte Läufer muss seinen Körper schonen.
Drei Vereine sind mit im Spiel
Beim von Kunstrasenplätzen verfährt die Stadt Essen üblicherweise nach dem „2:1-Prinzip“: Zwei Vereine teilen sich eine Anlage. Für den Umbau der Sportanlage an der Schillerwiese sollen nach dem Vorschlag die Sportfreunde 07 und der Rüttenscheider SC ihre Plätze aufgeben.Angedacht war zunächst, dass die Sportfreunde zum ETB an den Uhlenkrug ziehen. Der Platz des Rüttenscheider SC sollte als Dependance dienen, der von allen drei Vereinen genutzt wird. Dieser Plan hat sich zerschlagen, da der Uhlenkrug nicht wie vorgesehen erweitert werden kann.
Nicht nur Sportler wie ihn gilt es von einem Ausbau der Jedermann-Sportanlage zu überzeugen, sondern auch Klaus Meißner, den Vorsitzenden des Rüttenscheider SC. Denn der will von einem Umzug an die Schillerwiese nichts wissen. „Wir bleiben hier“, sagt Meißner und meint den Ascheplatz im idyllischen Walpurgistal. „Die Luft hier ist super. Wir brauchen auch keinen Lärmschutz, weil wir niemanden stören.“ Der kleine Verein erfreue sich eines regen Zulaufes „auch ohne Kunstrasen“, wie Meißner betont.
Von den Umzugsplänen der Sport- und Bäderbetriebe an die Schillerwiese habe er übrigens aus der Zeitung erfahren. „Mit uns hat darüber niemand gesprochen.“