Essen. Auf der Industriebrache Thurmfeld im Essener Nordviertel will sich die Uni erweitern. Bis das aber geschehen kann, ist viel Aufwand notwendig.

Auf dem seit vielen Jahrzehnten brachliegenden Thurmfeld-Gelände nördlich der Universität fahren seit einigen Tagen die Bagger. Die Stadt Essen hat zusammen mit dem Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung AAV damit begonnen, den belasteten Boden des ehemaligen Industrie-Areals aufzuarbeiten und es damit baureif zu machen. Das Gelände will die Universität für einen neuen „Forschungs- und Innovationscampus“ nutzen. Der erste Aufschlag dafür soll der Bau eines Future Water Campus sein.

Bislang scheiterte die weitere Erschließung der insgesamt sieben Hektar großen Thurmfeld-Fläche zwischen Bottroper und Gladbecker Straße an den hohen Kosten für die Bodensanierung. Einst standen dort Werke der Maschinenbau Union und Essens größtes Gaswerk. Seit den 70er Jahren liegt das Gelände jedoch weitgehend brach.

Bodensanierung des Thurmfeldes kostet Millionen

Schon vor Jahren zeigten Untersuchungen, dass die Erde an dieser Stelle unter anderem mit Arsen, Blei und Cyaniden belastet ist. Nach Kalkulationen aus den 1990er Jahren würde die Sanierung des gesamten Areals rund zehn Millionen Euro kosten.

„Niemand war bereit, dafür in Vorkasse zu gehen“, sagte Oberbürgermeister Thomas Kufen am Dienstag bei einer Baustellenbegehung. Auch die Stadt musste ihre Ideen, die sie für das Thurmfeld entwickelt hatte, wieder begraben. Für eine Wohnbebauung zum Beispiel hätte die Bodensanierung deutlich aufwändiger sein müssen und wäre damit teurer und viel zu unrentabel für Bauherren geworden. Auch die Überlegungen, auf dem Thurmfeld eine neue Schule zu bauen, scheiterten daran. Lediglich auf einem Teilstück baute die Stadt 2015 selbst ein neues Schwimmbad.

Mit dem Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung AAV hatte die Stadt nach all den Fehlschlägen einen Partner gefunden, der die Kosten der Bodensanierung zum großen Teil übernimmt und somit die Nutzung der Fläche möglich macht. Die Aufbereitung des 2,5 Hektar großen Teilstückes kostet 1,5 Millionen Euro und wird zu 80 Prozent von dem Zweckverband übernommen, der größtenteils vom Land und den Kommunen finanziert wird. Die Stadt Essen selbst muss lediglich 20 Prozent der Kosten beisteuern.

Zehntausende Kubikmeter Erde werden auf dem Thurmfeld bewegt

Bis Oktober werden auf dem Teilstück rund 30.000 Kubikmeter Boden bewegt. Denn das Gelände wird bis in zwei Meter Tiefe durchkämmt, wie der Geschäftsführer des AAV, Roland Arnz erklärte. Doch nicht nur der belastete Boden stellt für das Sanierungsunternehmen eine Herausforderung dar. Im Erdreich liegen rund 2000 Kubikmeter Fundamente der ehemaligen Maschinenbau Union. Auch diese müssen bis auf zwei Meter Tiefe abgetragen werden.

Thurmfeld: Immer wieder wechselten die Pläne

Auf dem Gelände hatte die Maschinenbau Union bis 1943 ein Werk, das Gaswerk existierte bis Ende der 1970er Jahre. Später nutzten Stadt und Stadtwerke das Thurmfeld als Betriebshof und LagerflächeBereits zu Beginn der 1990er Jahre sollte dort ein Wissenschaftspark entstehen als Erweiterung der Uni. Das Land kaufte der Stadt das Areal ab, legte die Pläne aber wieder ad acta. Die Fläche ging zurück an die Stadt. Ideen für die Bebauungen gab es viele: Wohnungen, Schule. Die FDP machte sich Jahre für einen Kirmesplatz stark. Das allerdings brachte die Wirtschaftsförderer auf den Baum, die hier gute Chancen für eine gewerbliche Nutzung sahen. So stand 2016 die Ansiedlung eines „Energie Campus Ruhr“, bevor, den das Max-Planck-Institut und die Fraunhofer Gesellschaft planten. Kurz vor der Unterschriftsreife platzte das Projekt, weil sich die Forschungsinstitute für einen anderen Standort entschieden hatten. 2019 kam schließlich die Uni erneut mit Erweiterungsplänen auf die Stadt zu, die nun umgesetzt werden sollen.

Wenn der Baugrund im Herbst bereitet ist, steht dem Neubau eines Wasser-Forschungszentrums der Uni zumindest in dieser Hinsicht nichts mehr im Weg. Noch aber gibt es keine verbindliche Fördermittelzusage für das Vorhaben, wie Dr. Michael Eisinger, Geschäftsführer am Zentrum für Wasser- und Umweltforschung (ZWU) der Uni, bestätigt. Doch nachdem die Bezirksregierung die ersten beiden Projekte des Future Water Campus’ im Dezember 2020 bereits bewilligt hat, ist Eisinger zuversichtlich, dass bald auch die Fördergelder für den Neubau fließen. Baustart, so hofft er, könnte im Frühjahr nächsten Jahres sein.

Der Future Water Campus wird Sitz des interdisziplinären ZWU-Netzwerkes sein, das aus über 90 Forschenden der Natur- und Ingenieurwissenschaften, der Medizin und der Gesellschaftswissenschaften sowie aus Wissenschaftlern der Universitätsallianz Ruhr und regionalen Wasserverbänden besteht. Ziel der Forschung ist es Lösungen zu finden, wie der Umgang mit Wasser und Abwasser nachhaltig gestaltet werden kann.