Essen. Noch vor dem Start in Essen provoziert „Bussi“ Widerspruch - nicht nur aus der Taxibranche. Die Ruhrbahn kann sich eine Zusammenarbeit vorstellen.

Noch bevor „Bussi“, das Sammeltaxi der Ruhrbahn, den Betrieb aufgenommen hat, häuft sich Kritik an dem neuen Beförderungsangebot. Norbert Czwienk verdient sein Geld seit zehn Jahren als Taxifahrer. „Bussi“ hat er schon im Straßenverkehr gesehen, wo es von der Ruhrbahn getestet wird. Ab März soll es jedermann nutzen können. Norbert Czwienk schwant da für seine Branche nichts Gutes.

Was ihm übel aufstößt: „Bussi“ wird in dicht besiedelten Stadtteilen rund um Rüttenscheid unterwegs sein. Und das ausgerechnet samstags- und sonntagabends, wenn die Taxifahrer noch am ehesten gute Geschäfte machen können. Heute schon seien viele Taxen in Essen oft nicht ausgelastet, klagt Czwienk. Der mit Steuermitteln öffentlich geförderte Shuttle-Dienst mache den Taxiunternehmern das Leben noch schwerer. Der Bund beteiligt sich an den auf zwei Jahre angelegten Pilotprojekt mit 650.000 Euro. Das sind 50 Prozent der kalkulierten Kosten. Finanzielle Verluste würde die Stadt Essen ausgleichen.

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Norbert Czwienk nennt „Bussi“ eine „unliebsame Konkurrenz, die gar keinen Sinn macht“. Ähnlich kritisch hatte sich bereits die Genossenschaft „Taxi Essen“ geäußert. Hintergrund: Die Branche sieht sich durch die geplante Novelle des Personenbeförderungsgesetzes unter Druck. Diese öffne Fahrdiensten wie „Bussi“, die übner eine App gesteuert werden, Tür und Tor.

Essener Stadtteile mit schlechter Anbindung an den ÖPNV profitieren nicht von „Bussi“

Unterstützung erhalten Czwienk und seine Kollegen aus der Politik. Die Linke im Rat der Stadt zeigt Verständnis für die Sorgen und Nöte der Taxibranche. Zwar könnten die elektrischen Sammeltaxis ein Einstieg in den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs sein. Leider sei das Angebot eher eines für die „Partymeile Rü“. Der zu zahlende Tarif – die kürzeste Strecke bis zwei Kilometer kostet fünf Euro – sei relativ hoch. Stadtteile mit schlechter Anbindung an den ÖPNV profitierten nicht von dem neuen Angebot.

Die FDP hingegen sieht in „Bussi“ hingegen einen Schritt in Richtung einer aus ihrer Sicht überfälligen Deregulierung der Personenbeförderung. Als Reaktion auf den bevorstehenden Start von „Bussi“ fordern die Ratsfraktion eine Öffnung des Marktes für private Anbieter. Auf die Bedenken des Taxigewerbes gehen die Liberalen nicht ein.

„Bussi“ fährt Fahrgäste nicht von Tür zu Tür, sondern zu virtuellen Haltestellen

Die Ruhrbahn weist daraufhin, dass sich „Bussi“ von einem klassischen Taxi sehr wohl unterscheidet. Auf einer Fahrt zum Ziel können weitere Fahrgäste zusteigen, was ausdrücklich erwünscht ist. Solche Sammelfahrten erlaubt das Personenbeförderungsgesetz Taxen nicht. Außerdem fährt „Bussi“ seine Passagiere nicht von Tür zu Tür. Das Sammeltaxi bewegt sich zwischen 3400 virtuellen Haltestellen. Taxifahrer Norbert Czwienk hält das für vorgeschoben. Tatsächlich sollen Fahrgäste zu ihrem „Bussi“ möglichst nur kurze Wege zu Fuß gehen müssen.

Die Zahl der virtuellen Haltestellen und das sogenannte Bedienungsgebiet sind Bestandteil der Beförderungskonzession, welche die Bezirksregierung der Ruhrbahn erteilt. Das Einsatzgebiet der Sammeltaxen könnte aber noch wachsen, wenn das Angebot gut angenommen wird. Auch bei den fünf Fahrzeugen, mit denen der „Bussi-Dienst“ startet, muss es nicht bleiben.

Die „Bussi“-App

Zum Start ihres Shuttle-Services „Bussi“ bringt die Ruhrbahn fünf Fahrzeuge auf die Straße. Es handelt sich um elektrobetriebene Fahrzeuge im Stil eines London-Taxis. Bis zu sechs Fahrgäste finden Platz. Aus Gründen des Hygieneschutzes vor Corona dürfen allerdings erst einmal nur maximal drei Personen mitfahren. Um eines der Sammeltaxis zu buchen, muss man sich eine App („Bussi“) aufs Smartphone herunterladen und sich registrieren. Infos: bussi-ruhrbahn.de.

Die Linke wirbt dafür, Taxiunternehmer nicht außen vorzulassen. „Die Ruhrbahn sollte mit dem Taxigewerbe ein Konzept entwickeln, wie eine sinnvolle Ergänzung des ÖPNV durch ,Bussis‘ und Taxis nach vorne gebracht werden kann“, fordert Fraktionschef Daniel Kerekeš.

Projektleiter Georg Grindau könnte sich vorstellen, dass Taxiunternehmen Fahrer für „Bussi“ stellen oder aushelfen, wenn die Nachfrage besonders groß ist. Aber noch ist das Zukunftsmusik.

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