Essen. „Bussi“ heißt das neue Sammeltaxi der Ruhrbahn in Essen. Ab März soll jedermann damit fahren können. Wir haben es schon einmal ausprobiert.

Drei Minuten warten. Dann holt mich „Bussi“ ab. So hat es mir die App auf meinem Smartphone angezeigt. Und tatsächlich: Pünktlich fährt das goldgelbe Sammeltaxi an der Ahrfeldstraße vor. Bitte einsteigen!

„Bussi“, das ist das neue Angebot der Ruhrbahn: ein Minibus mit Elektro-Antrieb im London-Taxi-Style. Voraussichtlich ab März soll jedermann mit „Bussi“ fahren können. Wir haben es schonmal ausprobiert.

Die App ist schnell heruntergeladen. Doch bevor man sie öffnet, empfiehlt sich ein Blick ins Internet unter bussi.ruhrbahn.de. Denn „Bussi“ fährt nicht überall. Das Testgebiet beschränkt sich zunächst auf die Innenstadt und dicht besiedelte Stadtteile im Westen und Süden. Das soll sich eines Tages ändern, heißt es bei der Ruhrbahn. „Wir machen das, um zu lernen“, sagt Projektleiter Georg Grindau. Befindet man sich außerhalb des „Bedienungsgebietes“, lässt sich „Bussi“ nicht buchen. Die App zeigt es an.

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Die Ahrfeldstraße in Bergerhausen liegt im Bedienungsgebiet. Wo soll es hingehen? Wir geben den Holsterhauser Platz/Cranachstraße als Ziel ein und buchen die Fahrt, die prompt bestätigt wird. Der Fahrpreis für die fünf Kilometer lange Strecke beträgt 7,50 Euro. Ich zahle fünf Euro, mein Mitfahrer fährt für die Hälfte, da wir die Fahrt für zwei Personen gebucht haben. Abgerechnet wird später und zwar digital. Abo-Kunden der Ruhrbahn bekommen übrigens 25 Prozent Rabatt.

Fast hätte ich es übersehen: „Bussi“ holt uns an der nächsten Bushaltestelle ab. Sie ist einer von etwa 3400 virtuellen Haltepunkten für Fahrgäste, die das Sammeltaxi nutzen; an einem davon werden wir in der Nähe unseres Ziels auch wieder aussteigen. Bis zur nächsten Haltestelle müssen wir noch ein paar Schritte gehen. Die App zeigt an, wo es lang geht.

Durch die Form und die die goldgelbe Lackierung ist „Bussi“ ein echter Hingucker

An der Haltestelle steht unser „Bussi“. Das Auto ist wegen seiner Farbe und Forum ein echter Hingucker. Die goldgelbe Lackierung soll dem Kunden zeigen, dass es sich um ein Premiumprodukt handelt, heißt es bei der Ruhrbahn. Nun, „Bussi“ hat tatsächlich etwas von einer Staatskarosse: Die Tür zum Fond öffnet sich nach hinten, also entgegen der Fahrtrichtung. So fühlt sich also Queen Elisabeth, wenn sie in ihren Bentley steigt.

Der Fahrgastraum ist äußerst geräumig. Sechs Fahrgäste finden Platz – drei auf der bequemen Rückbank, drei weitere auf Klappsitzen gegenüber, auf denen man entgegen der Fahrtrichtung sitzt. Auch Rollstuhlfahrer können das Sammeltaxi nutzen, hinein rollen sie über eine Rampe. Aus Gründen des Hygieneschutzes wegen Corona dürfen aktuell maximal drei Passagiere mitfahren.

Das neue Sammeltaxi der Ruhrbahn erinnert an ein London-Taxi. Fünf davon gehören zum Fuhrpark.
Das neue Sammeltaxi der Ruhrbahn erinnert an ein London-Taxi. Fünf davon gehören zum Fuhrpark. © FUNKE Foto Services | Julia Tillmann

In Sachen Komfort kann „Bussi“ mit einer Limousine aber natürlich nicht mithalten. Die Ausstattung erinnert eher an einen Linienbus: viel Plastik, Haltegriffe in gelber Farbe. Dafür gibt es ein Panoramadach und USB-Anschlüsse zum Aufladen von Smartphone oder Tablett. Und wen es angesichts des trüben Wetters fröstelt, der kann die Heizung im Fond selbstständig auf bis zu kuschelige 27 Grad regulieren.

Der neue Mini-Bus mit Elektroantrieb der Ruhrbahn lässt sich kinderleicht steuern

Fast lautlos setzt sich unser „Bussi“ in Bewegung. Am Steurer sitzt Cihan Yavuz. Unser Fahrer ist begeistert von seinem Elektro-Mobil. Es lasse sich kinderleicht steuern. Vor allem der enge Wendekreis hat es dem Chauffeur angetan. Auch seine Fahrgäste seien bisher durchweg zufrieden gewesen.

Zugeschnitten ist das neue Angebot eigentlich für alle, die freitag- und samstagabends ausgehen. „Bussi“ wird dann von 19 Uhr bis 2 Uhr nachts unterwegs sein. Bis die Bezirksregierung die Konzession zur Beförderung von Fahrgästen erteilt hat, will die Ruhrbahn das neue Angebot unter Alltagsbedingungen testen. Zusteigen dürfen deshalb vorerst nur Ruhrbahn-Mitarbeiter, weshalb die goldgelben Shuttlebusse derzeit früh morgens und nachmittags auf den Straßen auftauchen.

Cihan Yavuz steuert uns durch den dichter werdenden Verkehr, über die Ruhrallee geht es in Richtung Holsterhausen. Währenddessen unterhält er sich mit uns über eine Sprechanlage. Eine stabile Kunststoffscheibe trennt den Fahrer von seinen Fahrgästen und das offensichtlich nicht nur zum Schutz vor Corona, sondern zum Schutz vor Übergriffen. Die Fahrer haben zwar kein Bargeld bei sich. Aber weiß das jeder?

Mit vollgeladener Batterie kommt „Bussi“ etwa 100 Kilometer weit

Wir erfahren, dass der Wagen „vollgetankt“ etwa 100 Kilometer weit kommt. Dann versorgt ein Verbrennungsmotor die Batterien mit Strom. Während der Pausen sollen die Fahrer Strom nachladen, ausgeguckt sind dafür sogenannte Terminals. Noch gibt es nicht überall Ladestationen, heißt es bei der Ruhrbahn. Aber das soll noch werden.

Wir nähern uns Holsterhausen. Das Navi gibt den Weg vor. Cihan Yavuz kommt aus Ratingen, „Bussi“ steuert er für die Ruhrbahn im Auftrag eines Subunternehmens. In Essen kennt er sich noch nicht aus. Als das Sammeltaxi in die Gemarkenstraße einbiegt, geht es bald darauf nicht weiter. Es ist Wochenmarkt, die Straße ist gesperrt.

Ein Pilotprojekt

Bei dem neuen Busshuttle der Ruhrbahn mit dem Namen „Bussi“ handelt es sich um ein auf zwei Jahre angelegtes Pilotprojekt der Ruhrbahn, das vom Bund mit 650.000 Euro gefördert wird. Die Ruhrbahn will flexibler auf die Wünsche nach Mobilität eingehen. Ziel ist es, neue Kunden zu gewinnen auch für die Fahrt mit Bus und Bahn.

Der Shuttle-Service soll eine Nische im Angebot füllen. Geplant ist, die App, über die sich „Bussi“ buchen lässt, in die Ruhrbahn-App „Zäpp“ zu integrieren.

Das Navigationssystem soll immer wieder aktualisiert, werden sagt Projektleiter Grindau. Die Fahrer sind gehalten, zum Beispiel größere Baustellen zu melden, so dass die Informationen eingespeist werden können. Den Wochenmarkt auf der Gemarkenstraße hat die Ruhrbahn bewusst ausgespart. Denn eigentlich sollte „Bussi“ zur Marktzeit gar nicht auf den Straßen unterwegs sein.

Das Navi führt uns in die Sackgasse. Wir sagen unserem Fahrer, wo es lang geht und nehmen den kleinen Umweg gerne in Kauf.

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