Altendorf. Andere nörgeln, diese Altendorfer Bürger krempeln lieber die Ärmel hoch: Seit genau zehn Jahren sammeln Freiwillige im Essener Stadtteil Müll ein.
Er ist nach dem Grugapark, dem Borbecker Schlosspark und dem Park um Villa Hügel die viertgrößte Parkanlage der Stadt: der 23 Hektar große Krupp-Park in Essen-Altendorf. Ein grünes Band, das 2009 auf dem Gelände der alten Gussstahlfabrik für die Menschen im Stadtteil und mit ihnen entwickelt wurde. Doch schon drei Jahre nach der Eröffnung sollte der Krupp-Park für negative Schlagzeilen sorgen. Weil die Vermüllung überhandgenommen hatte, schritten resolute Altendorfer Bürger vor genau zehn Jahren schließlich zur Tat: Sie gründeten am 12. Mai die ehrenamtliche Initiative „Altendorfs Bürger engagieren sich“, krempelten die Ärmel hoch und sammelten fortan den Müll der anderen selber ein.
„Vier bis sechs Wochen haben sie uns damals gegeben – mehr nicht“
Nicht mitnörgeln und schimpfen, sondern selber handeln – darum geht es den engagierten Altendorfern. Johannes Hüttemann, gebürtiger Altendorfer und pensionierter Gärtnermeister, zählte zu den Initiatoren des Müllsammler-Projekts. Gute Freude hätten der Initiative damals ein schnelles Ende vorhergesagt, erinnert sich der Sprecher der Gruppe. „Vier bis sechs Wochen haben sie uns gegeben – mehr nicht.“
Tatsächlich hat die „Putztruppe“ eisern durchgehalten und die Skeptiker eines Besseren belehrt. Seit der Gründung im Mai 2012 gehen sie Samstag für Samstag im Quartier auf Tour: bewaffnet mit grünen Müllsäcken und Zangen. Um sich die Arbeit leichter zu machen, haben sie Einkaufstrolleys eigens umgebaut zu praktischen Müllwägelchen und darauf werbewirksam ihr Logo geheftet.
Am vergangenen Samstag (14. Mai) sind sie anlässlich des zehnjährigen Bestehens selbstverständlich wieder auf Tour gegangen. „Wir treffen uns immer um 10.30 Uhr, jede Tour dauert rund 90 Minuten“, berichtet Hüttemann, der auch die Einsatzpläne zusammenstellt. Der Initiative gehören zwischen 25 und 40 Ehrenamtliche an. Auf Tour gehen immer acht Personen, die noch einmal in vier Zweier-Gruppen aufgeteilt werden.
Jeden Samstag dasselbe Revier: Krupp-Park, Niederfeldsee und Jahnplatz
Hat der ehrenamtliche Kampf gegen den Müll Wirkung gezeigt? Sind die Menschen etwa achtsamer geworden? Hüttemann schüttelt den Kopf: „Leider nicht, das Verhalten der Bürger ist immer noch dasselbe.“ Energisch widersprechen die Freiwilligen der These, dass mehr aufgestellte Papierkörbe automatisch für mehr Sauberkeit sorgten. „Die Leute werfen den Müll selbst dann in die Landschaft, wenn sie direkt neben einem Papierkorb stehen.“
Die Altendorfer Initiative durchkämmt jeden Samstag dasselbe Revier: den riesigen Krupp-Park, das Gelände um den schicken Niederfeldsee mit den schneeweißen Allbau-Häusern bis hin zum Quartier um den Jahnplatz. Im Durchschnitt kommen bei einer Tour rund 300 Liter Müll zusammen, der in einem eigenen Container gesammelt wird.
Weil die Politik das Engagement der Freiwilligen zu schätzen weiß, werden sie vielfach unterstützt: von der EBE und Grün & Gruga, von der Lenkungsgruppe Altendorf/Bochold und den Bezirksvertretungen I und III. Hinzu kommen private Förderer und Spender. Um als Initiative erkennbar zu sein, treten die Müllsammler inzwischen uniformiert auf: in gleichen T-Shirts, Regen- und Wetterjacken.
Der Initiative geht es nicht nur um ein attraktives und sauberes Wohnumfeld, sondern auch um den Ruf des ganzen Stadtteils. Mitstreiterinnen und Mitstreiter sind immer willkommen. „Je mehr mitmachen, desto mehr erreichen wir – auch vor Deiner Haustür“, heißt es auf dem Flyer der Gruppe. Und: „Sprich uns einfach während der Tour an.“