Essen-Bredeney. Die Mitarbeiter freuen sich über Bilder und Texte zum 100-jährigen Bestehen des Jugendgästehauses. Für viele war es ein Ort der Geborgenheit.

Das Emil-Frick-Haus, Jugendgästehaus und Tagungsstätte der Jugendhilfe, wird 100. Das Fest fällt coronabedingt aus, aber eine Open-Air-Ausstellung am Mittwoch, 18. August, soll an die Geschichte der Einrichtung erinnern. Schon jetzt ist die Spurensuche für Hausleiterin Silvia Onbasi spannend und emotional.

Der Aufruf an die Bürger, ihre Erinnerungen an das Emil-Frick-Haus (EFH) für die Ausstellung zur Verfügung zu stellen, war erfolgreich. „Wir haben schon rund ein Dutzend Rückmeldungen erhalten, Fotos, Zeitungsausschnitte, E-Mails und Briefe mit sehr persönlichen Erinnerungen, hauptsächlich von der älteren Generation. Ich freue mich sehr über die Zusendungen und wir sammeln ja noch weiter“, sagt Silvia Onbasi, die das Haus seit 2020 leitet.

Zum 100-jährigen Bestehen des Emil-Frick-Hauses wird es eine Ausstellung geben

Viele Jahre gab es ein Zeltlager in den Sommerferien

Auf dem Gelände des Emil-Frick-Hauses gab es früher ein Schwimmbecken, wo viele Kinder schwimmen gelernt haben, berichtet Hausleiterin Silvia Onbasi.Viele Jahre fand in den Sommerferien ein Zeltlager auf dem weitläufigen Gelände oberhalb des Baldeneysees statt, wo etliche Essener Kinder und Jugendliche ihren ersten Urlaub ohne Eltern verlebten.Bilder und Geschichten für die Ausstellung am 18. August können noch eingereicht werden, per E-Mail an emil.frick@jh-essen.de, postalisch an Emil-Frick-Haus, Baldeney 42, 45134 Essen. Möglich sind auch Facebook-Kommentare auf @emil.frickhaus.

Die Bilder sollen online präsentiert und für die Ausstellung vergrößert werden. Bei der Präsentation im August wolle man mit vielen Menschen über die Geschichte des Hauses ins Gespräch kommen. „Liebesgeschichten von Menschen, die im Emil-Frick-Haus ihren Partner kennengelernt haben, waren bisher leider noch nicht dabei“, sagt Silvia Onbasi. Eigentlich hatten die Mitarbeiter damit gerechnet, dass sich Menschen melden würden, die bei Freizeiten hoch über dem Baldeneysee ihre erste oder große Liebe getroffen haben.

Emotional sind die Zusendungen aber trotzdem. Dabei geht es in erster Linie um glückliche Kindertage, die die Menschen vor allem nach dem Krieg dort erlebt haben, konnten sie doch abseits der in Trümmern liegenden Stadt unbeschwert toben und spielen. Auch die Nachbarschaftsvereinigung Baldeney, die regelmäßig Feste organisierte, ist vielen offenbar in guter Erinnerung geblieben.

Dieses Bild von seiner Familie hat Hans Merhofe für die Ausstellung zur Verfügung gestellt. Er wurde 1945 im Emil-Frick-Haus geboren und verbrachte mit Eltern und Schwester dort glückliche Jahre.
Dieses Bild von seiner Familie hat Hans Merhofe für die Ausstellung zur Verfügung gestellt. Er wurde 1945 im Emil-Frick-Haus geboren und verbrachte mit Eltern und Schwester dort glückliche Jahre. © Unbekannt | Hans Merhofe

Eine besonders enge Verbindung zum EFH hat Hans Merhofe, der im Oktober 1945 kurz nach dem Zweiten Weltkrieg im Emil-Frick-Haus geboren wurde. Sein Vater und dessen Mutter seien „in der Baldeney“, also in der Siedlung rund um das EFH, geboren und hätten dort eine kleine Verkaufshalle für Milch und Molkerei-Produkte betrieben.

Familie fand Unterschlupf im Emil-Frick-Haus

Der Vater habe nach der Rückkehr aus dem Krieg bei der Stadt nach einer Wohnmöglichkeit für die Familie gefragt. „Ihm wurde vorübergehend das noch renovierungsbedürftige Emil-Frick-Haus angeboten“, schreibt Merhofe. Mit seiner Schwester habe er dort sechs Jahre lang eine „wunderschöne Kindheit“ verlebt, bis die Stadt das Haus wieder selbst nutzen wollte und die Familie in ein kleines Haus in der Nähe der Waldorfschule umgezogen sei. Noch heute treffe er sich mit der „Nachbarschaft Baldeney“, berichtet Merhofe.

Auch Hannelore Demmig, mit der Familie Merhofe verwandt, berichtet von einer „glücklichen, bescheidenen und frohen Kindheit“ zwischen 1945 und 1956. Sie habe ebenfalls in der Siedlung gewohnt und sei oft zum Milchholen bei den Verwandten im Emil-Frick-Haus gewesen. Nachdem die Familie weggezogen sei, habe sie mit ihrer neuen Schulklasse später eine schöne Ferienwoche im EFH verlebt. Heute lebt sie in Velbert, besucht die Siedlung Baldeney aber immer noch gern.

Dort lebte auch Ursula Wewers. Die Großeltern seien 1902 in das Haus Baldeney 15 eingezogen, das Fachwerkhaus vor dem EFH. Ihr Vater sei dort geboren und auch sie habe ihre Kindheit und Jugend dort verbracht. „Bis 1989 hat unsere Familie dort in direkter Nachbarschaft am EFH gelebt“, schreibt sie. Sie habe noch alte Fotos von 1923/25, als die Großeltern an der Stelle, an der jetzt das Hinweisschild zum EFH steht, eine Milchbude hatten.

Feiern der Nachbarschaft Baldeney sind den Menschen in Erinnerung geblieben

Das Emil-Frick-Haus habe damals auch Menschen beherbergt, die im Krieg ausgebombt worden waren, wie ihre Großtante mit Familie aus Rüttenscheid. Sie erinnere sich gern an den Verein Nachbarschaft Baldeney, der 1959 gegründet worden sei, und an die Karnevalsfeiern mit 40, 50 Nachbarn im EFH, das für die „Baldeneyer“ stets Anlaufstelle gewesen sei.

Seit 2020 leitet Silvia Onbasi das Emil-Frick-Haus, das in diesem Jahr 100-Jähriges feiert.
Seit 2020 leitet Silvia Onbasi das Emil-Frick-Haus, das in diesem Jahr 100-Jähriges feiert. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Sogar aus der Schweiz hat Hausleiterin Silvia Onbasi eine Zuschrift erhalten. Heinz Kruthoff lebt dort seit über 50 Jahren und erinnert sich gern an die schönen Jahre in der Baldeney. Seine Familie habe seit Generationen in direkter Nachbarschaft zum EFH gewohnt. „Wir Baldeneyer Kinder durften im und nach dem Krieg das Heimgelände nur mit Genehmigung des Verwalters betreten, das hieß, praktisch nie.“

Dass ausgebombte Verwandte im Krieg dort spontan unterkamen, habe er in positiver Erinnerung behalten. „Mit Hilfe der Nachbarn wurden lebensnotwendige Gegenstände und natürlich Kleidungsstücke und Lebensmittel gesammelt. So war das Leben für die Betroffenen ein paar Monate gesichert. Ihr ganzes Leben waren sie dankbar für die damalige spontane Hilfe.“ Auch Heinz Kruthoff denkt gern an die gemeinsamen Feiern der Nachbarschaft Baldeney im EFH zurück.