Essen-Bredeney. . Im Emil-Frick-Haus der Jugendhilfe leben derzeit 30 unbegleitete Flüchtlinge. Die Jugendlichen lernen Deutsch und den Alltag in ihrer neuen Heimat kennen.
Seit Anfang des Jahres leben in Emil-Frick-Haus der Jugendhilfe über dem Baldeneysee unbegleitete Flüchtlinge zwischen 15 und 17 Jahren. Mit jetzt 30 Jugendlichen ist das Gäste- und Tagungshaus mitten im Wald belegt, erklärt Jochen Drewitz, Geschäftsführer der Jugendhilfe. Innerhalb kürzester Zeit mussten sich die Mitarbeiter der Einrichtung inklusive Hausleiterin Barbara Talhoff auf eine völlig neue Klientel einstellen. „Bisher läuft alles super“, sagt Talhoff, die sich nicht nur über die gute Stimmung in der Gruppe, sondern vor allem über die große Motivation in den täglichen Deutschstunden freut.
In diesem Jahr wird das Jugendgästehaus für andere Aufenthalte nicht zur Verfügung stehen. Zwischen 7000 und 8000 Übernachtungen pro Jahr verzeichne das Haus sonst, so Talhoff. Man habe auch Gästen, die bereits für 2016 gebucht hätten, absagen müssen. „Zum Glück haben fast alle mit großem Verständnis reagiert“, sagt Jochen Drewitz. Auch die Freizeitangebote in den Sommerferien müssten dieses Jahr entfallen. „Wir hoffen, das alles 2017 wieder anbieten zu können“, erklärt der Geschäftsführer. Das Emil-Frick-Haus sei jetzt eine Notunterkunft, von wo aus unbegleitete Jugendliche in reguläre Heime oder Unterkünfte vermittelt werden sollen.
17 junge Syrer und ein Junge aus Eritrea leben bis auf weiteres im Emil-Frick-Haus, teilen sich zu zweit oder dritt einen Schlafraum. Einige von ihnen seien vor dem Militärdienst geflohen, andere von den Familien weggeschickt worden, um sich ein besseres Leben aufbauen zu können. „Viele wollten gar nicht hier hin“, sagt Barbara Talhoff. „Zu abgelegen.“ Nach ein paar Tagen habe sich das komplett geändert „Jetzt finden sie es toll hier.“ Und dabei gehe es nicht nur um die schöne Lage des Hauses. Die Mitarbeiter versuchen, den Jugendlichen das Gefühl von Sicherheit und Wärme, von Familie zu vermitteln. „Die Jungen sollen sich hier zu Hause fühlen“, nennt Talhoff als wichtigstes Ziel.
Der Tagesablauf ist extrem strukturiert. Nach dem Frühstück geben die pädagogischen Betreuer den Jungen Deutschunterricht, bringen ihnen die wichtigsten Worte bei. Nachmittags gibt es eine spielerische Deutsch-Einheit. Die Sprachvermittlung stehe aktuell im Mittelpunkt. Die neu erworbenen Kenntnisse würden wie in der Schule mit Tests abgefragt. Auch für andere Freizeitaktivitäten wie Fußball oder Stadt-Erkundung bleibt Zeit. Von 15 bis 18 Uhr können die Jugendlichen Besuch empfangen.
Die fünf Betreuer arbeiten im Schichtdienst, so dass immer ein Ansprechpartner da ist. Ricky Krusenberg, Koch im Emil-Frick-Haus, hat den Speiseplan auf seine neuen Gäste eingestellt, kocht jetzt Couscous und Co., bietet aber auch deutschen Kartoffelsalat an. „Es scheint allen zu schmecken. Jedenfalls hauen sie ordentlich rein“, so Krusenberg.
Ziel sei, dass die Jungen beim Kochen helfen und mit zum Einkaufen gehen – auch um zu erfahren, welche Lebensmittel es hier gibt und wie viel sie kosten. Gab es in den ersten Wochen noch Fladenbrot zum Frühstück, wie sie es aus ihrer Heimat kennen, probierten die Flüchtlinge jetzt das erste Brötchen.
Für die unbegleiteten Jugendlichen beginnt im Emil-Frick-Haus ein neues Leben. „Die Jungen müssen vieles erst lernen, zum Beispiel, wie man die Toilette benutzt. Sie kennen ein Plumpsklo und wissen oft nicht, dass man das Papier in die Toilette wirft“, sagt Halil Yaman, einer der pädagogischen Betreuer. Er vermittelt den jungen Flüchtlingen nicht nur Deutschkenntnisse, sondern hilft ihnen auch, den Alltag in ihrer neuen Umgebung zu meistern. Dabei haben die Jugendlichen durchaus auch Pflichten, müssen ihre Zimmer selbst sauberhalten, helfen beim Fegen und räumen den Tisch nach den Mahlzeiten ab.
Mitte Februar will das Schulverwaltungsamt die schulische Einstufung der Jugendlichen vornehmen, um dann geeignete Schulplätze zu suchen. „Für die Jungen besteht ja Schulpflicht, für die über 16-Jährigen zumindest Berufsschulpflicht“, sagt Jochen Drewitz, Geschäftsführer der Jugendhilfe.
Wie man den Jugendlichen bei der beruflichen Orientierung helfen und sie später in Praktika, Ausbildungsverhältnisse oder Qualifizierungsmaßnahmen vermitteln könne, dazu gebe es erste Gespräche mit dem Job-Center und anderen Beteiligten. Viele Jugendliche müssten erst einmal lernen, wie in Deutschland das duale Ausbildungssystem aus Praxis und Unterricht funktioniere. „Vorrangig ist im Moment, alle unbegleiteten Jugendlichen unterzubringen“, betont Drewitz. Wie groß diese Aufgabe ist, macht Jugendamtsleiterin Annette Berg deutlich. Die Zahl der unbegleiteten Jugendlichen sei von November bis jetzt von 96 auf rund 350 angestiegen. Essen müsse laut Quote 429 unbegleitete Jugendliche aufnehmen.