Essen. Premiere für „Auf ihr Wohl, Herr Blumenkohl“ im Essener Aalto. Wie Regisseur Bruno Klimek das Publikum nach Corona wieder ins Theater locken will
Mehr als ein halbes Jahr lang waren die Vorhänge der Essener Theater geschlossen. Dass der Betrieb in dieser Spielzeit überhaupt noch einmal starten würde, hätten vermutlich auch geborene Optimisten lange nicht zu hoffen gewagt. Doch die Essener Theater und Philharmonie reagiert auf die weiter sinkenden Inzidenzzahlen und will vor der Sommerpause ein Zeichen setzen.
Nur wie beendet man eine Saison, die vor allem von Absagen, Verschiebungen und Unwägbarkeiten bestimmt war? Man wählt ein Stück, das mit erlösendem Humor für einen heiteren und versöhnlichen Ausklang sorgt. „Auf ihr Wohl, Herr Blumenkohl“ heißt dieser Einakter von Jacques Offenbach. „Ein großartiger Ulk“, sagt Regisseur Bruno Klimek, der die Operette am Mittwoch, 2. Juni, in einer eigenen Fassung auf die Aalto-Bühne bringt.
Gäbe es kein Corona, hätte Klimek zum Saison-Ausklang „Die lustigen Weiber von Windsor“ von Otto Nicolai auf die Aalto-Bühne gebracht. Erste Überlegungen, das Stück um den Möchtegern-Casanova Falstaff auf ein Corona-kompatibles Format zu bringen, wurden schnell verworfen. Denn für Klimek, den Essener Folkwang-Professor und Hochschul-Dekan, steht fest: „Falstaff muss fummeln, das geht nicht mit Abstand!“
„Man braucht ein Ensemble, das mitzieht!“
Fummeln aber ist in Social-distancing-Tagen unmöglich. Dafür darf man endlich wieder gemeinsam lachen über ein paar Figuren, die hinter der bürgerlichen Wohlstands-Fassade nur mühevoll ihre Nöte und Schwächen kaschieren können. Von ihnen gibt es reichlich, denn Klimek hat das Personal für Offenbachs Einakter extra aufgestockt.
Trotzdem bleiben im Salon des chronisch klammen Monsieur Blumenkohl, der sich mit einer hochkarätigen Opern-Gala aus dem Schulden-Sumpf ziehen will, immer noch viele Stühle frei. Aber das passt ja zu einer Pandemie-Produktion, in der auf Abstand inszeniert wird, ohne dass das Publikum davon viel mitbekommen soll. „Man braucht ein Ensemble, das mitzieht“, sagt Klimek.
Die Künstler sind selig, endlich wieder vor Publikum auftreten zu können
Die Künstler seien selig, nach monatelanger Pause endlich wieder ihren Beruf vor Publikum ausüben zu können, hat der Regisseur bei den Proben gespürt. Und sie dürfen musikalisch und komödiantisch alle Register ziehen. Weil die ursprünglich verpflichteten Opernstars absagen, müssen Blumenkohl (Karl-Heinz Lehner) Tochter Helga (Giulia Montanari) und Hans-André, der ungeliebte Schwiegersohn ihn spe (Dmitry Ivanchey), nämlich selber in die Rolle der italienischen Meistersänger schlüpfen. Dass sie dabei leider weder der italienischen Sprache mächtig sind, noch mühelos das hohe C treffen, bleibt einigen der anwesenden Salon-Gäste wie Herrn Protz-Obersau und Fräulein Schmächtig nicht verborgen, für das Publikum aber ist es ein Riesenspaß.
Fünf Premieren in einer Woche
„Auf ihr Wohl, Herr Blumenkohl“ hat am 2. Juni, 19.30 Uhr, im Aalto-Theater Premiere. Weitere Vorstellungen 12., 17., 24., 27. Juni; 3. Juli. Tickets gibt es im Ticket-Center der Philharmonie, II. Hagen 2, an der Aalto-Kasse, Opernplatz, telefonisch unter 8122-200 und online unter www.theater-essen.de.Der Besuch einer Vorstellung ist auf Basis der aktuellen Verordnung nur für Personen mit einem bestätigtem negativen Schnelltest, für vollständig Geimpfte oder nachweislich Genesene möglichWeitere Premieren folgen mit „Der Bajazzo“ (3. Juni, Aalto-Theater), „Fünf gelöschte Nachrichten“ (3. Juni, Casa des Schauspiel Essen), dem Ballett „Tütü mit Schuss (5. Juni, Aalto-Theater) und „Bunbury – Ernst ist das Leben“ (5. Juni, Grillo-Theater).
Vom diskreten Charme der Bourgeoisie ist bei Offenbach also wenig zu spüren. „Monsieur Choufleuri restera chez lui le …“ (so der französische Originaltitel)“, einer der zahllosen Einakter, die Offenbach neben seinen abendfüllenden Operetten geschrieben hat, ist vielmehr eine Posse mit beißendem Witz und eine zündende Opernparodie. Unter den deutschen Fassungen findet sich auch eine von Willi Millowitsch.
Bruno Klimek hat aus der Offenbach-Vorlage eine eigene Fassung gemacht
Klimek jedoch hat für Essen noch einmal eine ganz eigene Variante erdacht. Gesangstexte wurden neu geschrieben, „auch bei der Musik haben wir eingegriffen. Eigentlich ist das eine echte Uraufführung“, sagt Klimek, der das Aalto-Publikum bereits mit „Eine Nacht in Venedig“ begeistert hat. Mit der vermeintlich leichten Muse hat der Regisseur keine Probleme. „Man muss die Sache wertig nehmen, die Preziosen herausarbeiten, ohne etwas aufzublasen.“ Und so darf es nach einer rabenschwarzen Pandemie-Saison auf der Aalto-Bühne jetzt noch einmal kräftig funkeln.