Essen-Altenessen. Im Kaiser-Wilhelm-Park ist ein über 100 Jahre alter Tunnel abgerissen worden. Dort suchten die Essener nicht nur im Krieg Schutz.
Über 100 Jahre lang gehörte er zum Kaiser-Wilhelm-Park, jetzt wurde der Tunnel als Ostbegrenzung des Parks zur Kinßfeldstraße abgerissen. Das Bauwerk aus Stein hat zwei Weltkriege überstanden, Anwohner suchten dort jahrelang Schutz vor den Bomben - ein Bunker der besonderen Art. Im Zuge der Umgestaltung des Parks musste er jetzt weichen. Für den Altenessener Peter Scharfenstein ein komisches Gefühl, geht er doch hier regelmäßig mit Mischlingshund Djengo spazieren: „Ich kannte den Weg nur mit Tunnel.“
Erholung der Essener Bevölkerung in stark industriell geprägtem Gebiet
Wann genau der Tunnel gebaut wurde, ist nach Angaben der Stadtverwaltung nicht dokumentiert, wahrscheinlich 1897, als der Kaiser-Wilhelm-Park zur Erholung der Bevölkerung in dem stark industriell geprägten Gebiet. Der Bahndamm darüber diente für den Zugverkehr als Nord-Süd-Verbindung durch Altenessen. Jahrzehntelang ratterten die Züge darüber, später, als kein Zug mehr fuhr, diente der Damm mit seinen Bänken als Aussichtspunkt in dem zehn Hektar großen Park. Radfahrer und Fußgänger nutzten ihn als Verbindung vom Palmbuschweg bis zur Stauderstraße.
Jetzt wird der Damm jedoch jäh auf Höhe der Straße „Graitengraben“ unterbrochen, in der Mitte klafft das Loch, wo vorher jener Tunnel stand. „Meine Eltern und Schwiegereltern haben dort im Krieg Schutz gesucht“, weiß der 64-jährige Peter Scharfenstein. Eine Halterung im Tunnel zeugte von den Erfahrungen dieser Generation und auch der davor, denn auch im ersten Weltkrieg diente der Tunnel als Bunker-Ersatz. „Auf der Halterung stand das Radio“, so Scharfenstein, der auf seinen Spaziergängen auch regelmäßig Schutz in dem Tunnel suchte: Jedoch nicht vor Bomben, sondern vor Regenschauern.
Tunnel im Kaiser-Wilhelm-Park als Angstraum
„Ich habe ein lachendes und ein weinendes Auge“, erklärt der Altenessener beim Anblick des unterbrochenen Bahndamms. 2,30 Meter breit und 2,70 Meter lang war der Steintunnel auf einer Länge von 16 Metern. Scharfenstein: „Das war teilweise ziemlich eng, vor allem mit dem zunehmenden Radverkehr.“ Die Stadt betont außerdem, der Tunnel habe sich in den vergangenen Jahren zum Angstraum für einige Anwohner entwickelt. Ein Blick in die sozialen Netzwerke zeigt, dass das viele nicht bestätigen können, doch Stadtsprecherin Christina Waimann betont: „Tatsächlich gab es dort Vorfälle.“ So wurde im März vergangenen Jahres zwei Jugendliche mit einer Schusswaffe bedroht und aufgefordert, ihr Fahrrad abzugeben. Zeugen verhinderten Schlimmeres.
Aufgrund des Alters des Tunnelbauwerks wären erhebliche Instandsetzungsarbeiten erforderlich, ergänzt Waimann und erklärt, dass an der Stelle in den kommenden Jahren eine Brücke gebaut werden soll, um den Radverkehr weiter über den Bahndamm leiten zu können. Ein entsprechender Ratsbeschluss liege bereits vor. Der Weg selbst wurde auf 2,50 Meter verbreitert und soll mit Bepflanzung heimischer Gehölze ökologisch aufgewertet werden. Waimann: „Dadurch wirkt dieser Raum offener, freundlicher und besitzt dadurch eine verbesserte passive Sicherheit.“
Die kleineren Natursteine des alten Tunnels sollen in anderen Parks des Essener Nordens einen neuen Platz finden, die größeren sollen als Ergänzung zu den vorhandenen Pollern zur Verkehrssicherheit im Kaiser-Wilhelm-Park dienen bei und die Einfahrt für Fahrzeuge versperren.
Fußballtore für die Wiese im Kaiser-Wilhelm-Park
Bei den Planungsarbeiten zur Umgestaltung des Parks kamen einige Bürgerwünsche zum Tragen. So wird es beispielsweise im neuen Park eine weitere Tischtennisplatte geben, die Rasenfläche bekommt zwei Fußballtore, ein neuer Basketballkorb wird angebracht und das Kunstrasenkleinfeld wird erneuert. Die Minigolfanlage wird zurückgebaut und in den Spielplatz integriert. Die neuen Sportangebote sollen insbesondere ein Aufenthaltsangebot für Jugendliche darstellen.
Der Festplatz vor dem Pavillon wird teilentsiegelt und die Fläche mit Sitzbänken und neuen Bäumen ergänzt. So kann der Pavillon weiter genutzt werden und es entsteht ein neuer Verweilort. Teilbereiche des Teichs bekommen eine neue Uferbepflanzung, zur Förderung der Insektenvielfalt. Im gesamten Park wird es weitere Sitzgelegenheiten geben. Außerdem soll es mehr und größere Mülleimer geben.