Essen-Stoppenberg. Nach 30 Jahren Planung bekommt die Freiwillige Feuerwehr in Essen Stoppenberg eine neue Wache. Die alte wurde noch für Pferde und Kutschen gebaut.
Der erste Spatenstich ist gerade mal ein halbes Jahr her – und schon steht der Rohbau der neuen Wache der Freiwilligen Feuerwehr Stoppenberg an der Kapitelwiese. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Die neue Wache wird teurer als geplant. Wie im Rat der Stadt bekannt wurde, reichen die geplanten 2,2 Millionen Euro nicht aus, sondern müssen um 713.000 Euro aufgestockt werden.
Hintergrund ist, dass es nach Angaben der Stadt mehr Rodungs- und Abbrucharbeiten gab als ursprünglich geplant. Die Baukosten an sich sind ebenfalls höher, als zuvor berechnet. Zudem fließt nun die Gestaltung der Außenanlagen in die Kalkulation mit ein.
Wenn alles planmäßig verläuft, wollen die ehrenamtlichen Feuerwehrleute spätestens im September ihre Wache mit einem kleinen Fest, oder, wenn Corona es erlaubt, mit einem Tag der offenen Tür in Betrieb nehmen. Im Alltag gehen sie allesamt ihrem Hauptberuf nach, nach Feierabend, an den Wochenenden und an den Feiertagen rücken sie im Alarmfall aus. Im Durchschnitt sind die Ehrenamtlichen alle drei bis vier Tage im Einsatz. Dabei muss nicht immer ein Brand gelöscht werden: Die Einheit hilft auch bei der Beseitigung von Ölspuren, Sturmschäden und gibt technische Hilfeleistung bei Verkehrsunfällen.
Löschfahrzeuge der Feuerwehr fahren durch drei große Rolltore
Wenn ihr Pieper geht, eilen sie künftig erst einmal zur Wache an der Kapitelwiese. Wer von der Stoppenberger Straße einbiegt, der sieht die neue Feuerwache erst, wenn er fast daran vorbeigefahren ist: Denn der schlanke verklinkerte Neubau liegt mehr als zehn Meter von der Straße zurückgesetzt – schließlich braucht es vorne Platz, damit die großen Löschfahrzeuge zukünftig durch die drei großen Rolltore vorwärts heraus und rückwärts wieder hineinfahren können.
Die alte Wache stammt aus dem Jahr 1923, „dort standen noch Pferde und Kutschen“, sagt Löschgruppenführer Tim Stempel. Das Gebäude auf dem Gelände der früheren Firma „Stiftsquelle“ hätte aufwändig saniert werden müssen. Es entspräche schon lange nicht mehr den Anforderungen und der Norm, sei eigentlich ein Provisorium „es gibt nicht einmal Duschen“. Zudem sei die Feuerwehr in dem Gerätehaus dort nur Mieter. Die alte Wache weicht neuer Wohnbebauung. Die Einheit freut sich derweil auf den Neubau, „der ist eine tausendprozentige Verbesserung“.
Alle Fenster, Türen und auch die riesigen Rolltore des neuen Baus sind bereits montiert - sie lassen sich mühelos mit einem Knopfdruck öffnen. Und schon steht man im Herzstück der neuen Feuerwache; in der großen Halle werden die drei Fahrzeuge demnächst auf ihren Einsatz warten. Noch sind Fußboden, Wände und Decke im Rohzustand, „hier wird alles gefliest und es gibt eine große Abwasserrinne am Boden, denn die Löschfahrzeuge werden nach den Einsätzen immer abgespritzt“, erklärt Tim Stempel, der mit seinem Stellvertreter Patrick Wegmüller stolz durch „seine“ neue Wache führt.
Die ist vor allen Dingen eines: funktionstüchtig. Alle Räume, alle Wege, die künftig zurückgelegt werden, sind optimiert, damit die Truppe im Einsatzfall so schnell wie möglich auf ihren Plätzen ist und ausrücken kann. Denn wenn es ernst wird, können manchmal Minuten, gar Sekunden, entscheidend sein.
Eine von 16 Einheiten in ganz Essen
16 Einheiten zählen zur Freiwilligen Feuerwehr Essen: Rund 550 Kräfte sind bei Großbränden, Unfällen oder Unwetter zur Stelle. Ehrenamtlich und unentgeltlich arbeiten sie mit den rund 750 Kräften der Berufsfeuerwehr zusammen. Rücken die Einheiten der Freiwilligen Feuerwehr aus, sind sie für Bürger von der Berufsfeuerwehr nicht zu unterscheiden, sie fahren die gleichen Fahrzeuge, tragen einheitliche Uniformen. Die Freiwilligen sind besonders bei jenen Situationen unentbehrlich, die das Normale übersteigen. Dazu zählten etwa tagelange Einsätze nach Stürmen wie Kyrill oder Ela. Alles, was im Bereich Gefahrenabwehr über den Alltag hinaus gehe, wäre ohne die Ehrenamtlichen für die Stadt ein Desaster, so formuliere es mal der zuständige Ordnungsdezernent Christian Kromberg. Das gilt mit Blick auf die Sicherheit, aber auch auf die Kosten: Weniger Freiwillige würden gleichzeitig den Bedarf an Kräften der Berufsfeuerwehr steigern.Die Freiwillige Feuerwehr Stoppenberg verfügt über 32 aktive Männer und Frauen. In der Jugendfeuerwehr sind 28 Jungen und Mädchen aktiv.
Der eigentliche Eingang und die Parkmöglichkeiten für die 32 Feuerwehrmänner und -frauen in Stoppenberg befinden sich hinter der Wache, von dort geht es dann in die Umkleiden und dann in die Fahrzeughalle. Direkt neben den automatisch sich öffnenden Türen, die in die Halle führen, wird ein großer roter Buzzer-Knopf montiert, „damit die Rolltore sich schnell öffnen lassen“, erklärt Tim Stempel. Beim Gang in die Halle werden die Feuerwehrleute zukünftig immer über eine im Boden eingelassene Zeitkapsel laufen: „Das haben wir uns ausgedacht. Hier werden wir unsere Chronik, Fotos und einen Stein aus der alten Wache für die Feuerwehrleute der Zukunft aufbewahren.“
Raum für die Jugendfeuerwehr und eine Werkstatt
Neben den Umkleideräumen mit Toiletten und Duschen gibt es im Erdgeschoss noch einen Raum für die Jugendfeuerwehr und eine kleine Werkstatt. „In der ersten Etage haben wir dann Lagerräume und Büros und einen großen Aufenthaltsraum“, erläutert Tim Stempel, „dort können nicht nur Fortbildungen stattfinden, der Raum kann auch zum Beispiel bei Evakuierungen nach Bombenfunden als Aufenthalt für die Stoppenberger Bürger genutzt werden“. Außerdem werde hier nach dem Dienst gemeinsam gekocht und gegessen. Denn die Förderung des Zusammenhalts sei enorm wichtig, „als Team müssen wir funktionieren, man muss sich auf jeden blind verlassen können“.
Der 38-Jährige weiß, wovon er spricht: Seit seinem zehnten Lebensjahr ist er Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Stoppenberg, „und fast genauso lange warten wir schon auf eine neue Wache“, sagt er. Die ersten Pläne dafür habe er in einer Chronik aus dem Jahr 1990 gefunden, doch es mussten noch einmal drei Jahrzehnte vergehen, bevor sie in die Tat umgesetzt wurden. Das geschah und geschieht nicht ohne die betroffenen Feuerwehrleute, „wir wurden von Anfang an in die Planung mit eingebunden“, sagt Patrick Wegmüller.
Mehr Nachrichten aus Essen lesen Sie hier.