Essen. Holger Krüssmann hat Plakatfetzen von Essens Straßen aufgelesen und daraus völlig neue Kunstwerke geschaffen. Schau in der VHS am Burgplatz.

„Jedes Plakat schreit für sich allein, doch singen sie alle denselben Kanon“, beschreibt Holger Krüssmann den Tenor seiner ersten Einzelausstellung in der Neuen Galerie der VHS. Intensiv hat sich der Essener Autor und Fotograf mit Überresten der schnelllebigen Werbewelt auseinandergesetzt. Den Fundus für seine Collagen und Decollagen fand er auf der Straße: Plakatschnipsel als Relikte unserer Überflussgesellschaft

„Das erste Plakat flatterte mir am Wattenscheider Hellweg entgegen“, so Krüssmann. Aus der Begegnung entstand sein Erstlingwerk „Very first piece“. Papierschicht für Papierschicht trug er ab und schuf so eine Decollage, die geradezu surrealistisch anmutet: Da sind glattrasierte Männerbäuche neben einem in schwarzer Spitze gehülltem Frauenbein im Zentrum schaut ein geschminktes Auge den Betrachter an.

"Natur kontra Zivilisation"

Fast zynisch wirkt die Botschaft eines weiteren Werks: Ein traurig blickender Junge – Fragment aus einer Kampagne der Kindernothilfe – ist teils überklebt mit Plakatfetzen einer Fast-Food-Kette. „Oft korrespondieren Text- und Bildfragmente auf besondere Art und Weise miteinander“, so Krüssmann, der sich als Kind der Pop-Art versteht und von seiner kürzlich verstorbenen Freundin und Künstlerin Doris Schöttler-Boll zu ersten eigenen Arbeiten inspiriert wurde.

Fünf davon sind in der VHS zu sehen, darunter die begehbare Installation „Kyrill“: Die abgeschälten Überreste einer Litfaßsäule stehen zweigeteilt auf einem Feld aus Rindenmulch. „Natur kontra Zivilisation - diese Metapher habe ich Schritt für Schritt entdeckt.“ Um die Aussage zu verstärken, hat Krüssmann ins Innere der Installation einen Baumstumpf platziert, der dem Sturm Kyrill zum Opfer gefallen ist. Damit wird seine Installation quasi zum Mahnmal, denn Kyrill war nachweislich der erste Sturm, der durch den Klimawandel verursacht wurde.

Collage­_Decollage, Neue Galerie in der VHS, Burgplatz. Öffnungszeiten Mo. – Fr. 9-22 Uhr