Essen. Claudia Anders hat unter dem Eindruck der Übergriffe der Silvesternacht in Köln das Fotoprojekt „Wir haben eine Stimme“ konzipiert. Ausstellung im Rathaus.

Die Ereignisse der Silvesternacht von Köln, die Belästigungen und Übergriffe auf Frauen haben für viel Empörung gesorgt. Auch die Essenerin Claudia Anders war geschockt und bestürzt. Als das Thema nach einigen Tagen kein Thema mehr in der Öffentlichkeit war, behielt es die Hobbyfotografin trotzdem im Fokus. Sie konzipierte ein Fotoprojekt und lichtete über 50 Frauen ab. Eine Auswahl der beeindruckenden Schwarz-Weiß-Aufnahmen ist ab Montag unter dem Titel „Wir haben eine Stimme“ im Rathausfoyer zu sehen.

Claudia Anders hat sich intensiv mit den Ereignissen der Silvesternacht beschäftigt. Sie sammelte Zahlen und Urteile zu den Themen häusliche Gewalt und sexueller Belästigung und erfuhr: Laut übereinstimmenden Studien haben 25 Prozent der Frauen im Alter von 16 bis 85 Jahren in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren. „Gewalt gegen Frauen ist ein Thema, das mich aufwühlt“, sagt Claudia Anders und spricht auch aus eigener Erfahrung: „Ich habe mal einen vor die Nase bekommen. Und den Mund gehalten.“ Das sollte nicht wieder passieren, dieses Mal wollte sie Frauen mit ihrer Kamera eine Stimme verleihen. „Wir haben eine Stimme“, wurde zum Titel des Projekts.

Die 41-Jährige aus Stadtwald bastelte Plakate mit prägnanten Botschaften. Und suchte, auch über unsere Zeitung, Freiwillige für ihre Kampagne. „Mit unglaublichem Erfolg. 54 Frauen meldeten sich als Modelle. Aus allen Altersgruppen. Mit unterschiedlichsten Berufen und Nationalitäten. Ich glaube, ich habe mit meiner Idee in dem Moment einen Nerv getroffen“, sagt Claudia Anders, die hauptberuflich bei der Essener Wirtschaftsförderung arbeitet.

Bundesliga-Fußballerinnen im Bild

An mehreren Wochenenden wurden die Frauen in einem kleinen Studio in Szene gesetzt. Sie entschieden selbst, welche Botschaft sie auf dem Foto zeigen.

Außerdem besuchte die Fotografin die Bundesliga-Frauen der SG Essen-Schönebeck und fotografierte die komplette Mannschaft. Tausende Bilder kamen so zusammen, von denen ausgewählte aufwändig nachbearbeitet wurden. Entstanden sind dabei auf den ersten Blick einfache Motive, die durch Reduzierung auf das Wesentliche ihre deutliche Botschaft beim Betrachter entfalten: Man sieht starke und emanzipierte Frauen mit Meinung. Schlagwörter wie „Gleichberechtigt“, „Würde“, „Stolz“, „Benehmen“, die im Umgang eigentlich selbstverständlich sein sollten, verfehlen ihre Wirkung nicht. „Das ist nicht nur mein erstes großes Werk. Es ist das Eindrucksvollste, das ich bislang gemacht habe“, sagt Claudia Anders. Die Aufnahmen der Fotomotiv-Kampagne präsentierte sie auf ihrer Internetseite. Dann reifte die Idee, die Motive im Rahmen einer kleinen Ausstellung zu präsentieren. Sie suchte Sponsoren, kontaktierte die Stadt und fand bei Sozialdezernent Peter Renzel ein offenes Ohr. „Die Auseinandersetzung mit diesem Thema ist sehr wichtig. Es wird aktuell bleiben und braucht die Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit. Diese Wanderausstellung aus 18 Einzelmotiven und einem Sammelchart kann dazu beitragen“, erklärt Renzel.