Essen. Der Verein „Paten für Arbeit“ sucht Essener, die Schüler in die Ausbildung begleiten. Sie sollten auch Frustrationstoleranz mitbringen.
Von der Schule ins Berufsleben – das ist vor allem für Jugendliche im Essener Norden oft nicht bloß ein Schritt, sondern ein Marathon. Seit mehr als zwei Jahrzehnten helfen die „Paten für Arbeit“ jungen Menschen, diese Distanz zu bewältigen. Seit gut fünf Jahren arbeiten sie auch mit dem Sozialdienst Katholischer Frauen (SKF) zusammen, der junge Flüchtlinge betreut. Beide Vereine suchen nun Ehrenamtliche, „die einen gesunden Menschenverstand mitbringen und eine hohe Frustrationstoleranz“.
So formuliert es Anne Koch von den „Paten für Arbeit“, die betont, dass die Jugendlichen in der Regel von der neunten Klasse bis zum Ausbildungsende begleitet werden. Paten und Patinnen legen sich also für einige Jahre fest und erleben in dieser Zeit mit ihren Schützlingen auch Rückschläge vom Scheitern in der Berufsschule bis zum Hinschmeißen der Ausbildung. Mitunter sind dafür auch die Familien mitverantwortlich: Die einen setzen lieber auf Sozialleistungen als auf Ausbildungsvergütung, andere möchten den Sohn nicht im „Frauenberuf“ Erzieher sehen oder verheiraten die Tochter lieber, als sie arbeiten gehen zu lassen.
60 Prozent der Teilnehmer schließen die Ausbildung ab
Das sei zwar bitter, doch auch in solchen Fällen sei der Einsatz nicht vergeblich gewesen, versichert Anne Koch. „Jede Patenschaft, und sei sie noch so kurz, hinterlässt etwas.“ So habe der Jugendliche mit dem Wunschberuf Erzieher die Ausbildung doch noch begonnen, sobald er 18 war. Andere schaffen das Abi und immerhin 60 Prozent der Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Paten-Programms schließen ihre Ausbildung ab; angesichts der schwierigen Startbedingungen sei das eine gute Quote.
Um Jugendliche auszuwählen, die eine Grundmotivation mitbringen, arbeiten die Paten für Arbeit eng mit festen Partnerschulen im Essener Norden zusammen. Die Lehrer wissen, wer ernste Drogenprobleme hat, straffällig ist oder aus anderen Gründen nicht einem Ehrenamtlichen anvertraut werden sollte. Außerdem nehmen die Schüler und Schülerinnen freiwillig und mit dem Okay ihrer Eltern an dem Projekt teil.
Patin nahm den Jugendlichen zum RWE-Spiel mit – und ins Aalto-Theater
„Die Ehrenamtlichen können die Patenschaften so gestalten, wie sie das gerne möchten und wie es für die Jugendlichen passt“, sagt Anne Koch. Da gehe es nicht nur um Organisation von Förderunterricht oder Hilfe bei Berufswahl und Bewerbung, sondern auch um Freizeitgestaltung. Ein libanesischer Jugendlicher, den sie selbst betreut hat, wollte gern das machen, „was die Deutschen so machen“. Anne Koch ging mit ihm zum Rot-Weiss-Spiel ebenso wie ins Aalto-Theater.
Aktuell kümmern sich rund 40 Paten und Patinnen zwischen 25 und 70 Jahren um rund 50 junge Menschen. „Manche kommen rasch alleine klar, andere begleitet man länger“, sagt Anne Koch. „Auch mal bis zur Familiengründung“, ergänzt Christian Weiß. Er gehört zu jenen Paten, die auch junge Flüchtlinge betreuen und damit ein Projekt des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SKF) unterstützen. Auch Weiß erlebt, dass manches nicht nach Plan läuft, doch die lange, intensive Begleitung könne für Ehrenamtliche sehr beglückend sein – und für die Patenkinder Weichen stellen. „Manchmal erkennt ein Pate auch ein Potenzial, das die Lehrer nicht sehen, und ermöglicht einem jungen Menschen so eine unverhoffte Entwicklung.“
Jugendlicher mit Behinderung sucht einen Mentor
Barbara Naguib, die beim SKF die Paten für junge Flüchtlinge vermittelt und betreut, sucht aktuell einen Ehrenamtlichen, der Zeit und möglichst medizinische Vorkenntnisse mitbringt. Er könnte einem jungen Mann aus Syrien helfen, der aufgrund einer fortschreitenden Parese (Lähmungserscheinung) in den Beinen schon jetzt mit einem Rollator unterwegs sei. „Er wird absehbar in einem Rollstuhl landen.“ Der gerade 18-Jährige wohne im SOS-Kinderdorf im Parterre, sei also im Alltag gut versorgt. Er brauche aber jemanden, der ihn langfristig bei Krankenhausterminen begleite, im Gespräch mit den Ärzten vermittle und anstehende Therapien erkläre.
Der junge Syrer habe schnell Deutsch gelernt und bereits den Hauptschulabschluss nach Klasse 10 gemacht. Er suche nun eine Ausbildung, die er trotz seiner Behinderung absolvieren könne; auch dabei könnte ein Pate helfen. Der Jugendliche selbst, ziehe sicher mit, verspricht Naguib: „Er ist nett, höflich und hat eine tolle Persönlichkeit.“