Essen. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen einen Essener wegen des Verdachts der Mitgliedschaft zur Terrormiliz Islamischer Staat: Durchsuchung
Der lange Arm der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) reicht bekanntermaßen bis ins Ruhrgebiet. Aktuell hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe nach Informationen dieser Zeitung einen 34 Jahren alten Essener im Visier, der offenbar libanesische Wurzeln hat. Ein Sprecher des Generalbundesanwaltes bestätigte auf Anfrage, dass die Wohnung des Mannes vor wenigen Tagen Ziel einer polizeilichen Durchsuchungsaktion war. Der Terrorverdächtige befinde sich aber auf freiem Fuß.
Nach Informationen dieser Zeitung besteht der Verdacht „mitgliedschaftlicher Beteiligung in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“. Ausdrücklich erwähnt wird die Terrormiliz „Islamischer Staat“. Wie die Bundesanwaltschaft weiter mitteilt, wird gegen den Essener auch im Zusammenhang mit Kriegsverbrechen ermittelt. Die Ermittler in Karlsruhe sprechen von einem Anfangsverdacht. Der mögliche Tatzeitraum liegt offenbar schon eine Weile zurück. Es ist die Rede von den Jahren zwischen 2012 und 2015.
LKA leitet die Ermittlungen - drei Durchsuchungsbeschlüsse in NRW
Die polizeiliche Federführung liege beim Landeskriminalamt (LKA) in Düsseldorf. Am selben Tag, als die Wohnung in Essen durchsucht wurde, seien in NRW zwei weitere Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt worden. Während Durchsuchungen normalerweise der Beschluss eines Amtsrichters zugrunde liege, handele es sich im Fall des mutmaßlichen Gotteskriegers um den Beschluss eines Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe.
Zum Essener Tatverdächtigen S. liegen den Ermittlern offenbar verschiedene Personenangaben vor. Offiziell soll sein Geburtsort die nordlibanesische Hafenstadt Tripoli sein, nach der Hauptstadt Beirut die zweitgrößte Stadt des Landes. Anscheinend besitzt S. aber auch mindestens zwei Alias-Namen. Beim ersten Alias-Namen sind dem Vernehmen nach der Vorname und der Geburtsort geändert, beim zweiten Alias-Namen liegt sein Geburtsort in Ägypten und als Geburtsjahr wird nicht 1987 angegeben, sondern 1992.
Die Terrormiliz IS hat 2014 das sogenannte Kalifat ausgerufen. Zu diesem Zeitpunkt war der Nordwesten des Irak in den Händen des IS, später kontrollierte die Terrormiliz auch Regionen im Osten Syriens. Obwohl der IS ein zusammenhängendes Herrschaftsgebiet beanspruchte, war der IS nie ein anerkannter Staat. Die Bundesregierung stuft ihn als terroristische Vereinigung ein.
Unter IS-Verdacht: Generalbundesanwalt lässt Haftbefehle in Essen vollstrecken
Verbindungen zwischen Essen und dem IS gibt es seit längerem. Im Juli 2020 etwa vollstreckten schwer bewaffnete Einsatzkräfte in der Straße Schonnebeckhöfe im Auftrag der Bundesanwaltschaft einen Haftbefehl gegen die Deutsch-Libanesin S.. Die mehrfache Mutter und ihr Mann sollen sich dem IS angeschlossen und in seinem Herrschaftsgebiet aufgehalten haben.
Vierzehn Tage zuvor hatte der Generalbundesanwalt mit Unterstützung einer Spezialeinheit einen mutmaßlichen syrischen Terroristen und Kriegsverbrecher in Frohnhausen festnehmen lassen. Er soll 2012 an der Ermordung eines Oberleutnants der Regierungsarmee beteiligt gewesen sein. Die sogenannten „Tempelbomber“, die 2016 einen Sprengsatz in den Sikh-Tempel auf der Bersonstraße (Nordviertel) schleuderten und dabei einen Priester schwer verletzten, sollen Kontakt zu heimgekehrten Syrien-Kämpfern gehabt haben, jedoch keinen unmittelbaren Kontakt zum IS.
Nach Informationen dieser Zeitung soll der 34 Jahre alten Essener S., gegen die Bundesanwaltschaft aktuell ermittelt, regelmäßiger Besucher einer Moschee im Essener Nordviertel sein.