Essen-Rüttenscheid. Leitsystem, Anwohnerparken, neue Parkhäuser – in Rüttenscheid will die Stadt das Thema Parken angehen. Warum Patentlösungen nicht in Sicht sind.
Parken in Rüttenscheid – das ist für Anwohner wie für Besucher oft ein Geduldsspiel, das Zeit und Nerven kostet. Mit einem neuen Parkleitsystem und der Idee von Quartiersparkhäusern will die Stadtverwaltung auf Beschluss des Stadtrates und der Bezirksvertretung II in den nächsten Jahren versuchen, den Autofahrern mehr Service zu bieten und den boomenden Stadtteil von unnützen Suchfahrten so weit wie möglich zu entlasten. Auch das sehr umstrittene Anwohnerparken will Baudezernentin Simone Raskob noch einmal auf die Tagesordnung setzen. All diese Ideen und Pläne stehen allerdings noch ganz am Anfang.
Auslastung des Parkraums in Rüttenscheid will die Stadt noch genauer ermitteln
Vorausgehen soll eine Dokumentation dessen, was überhaupt vorhanden ist an öffentlichem Parkraum. Was Parkhäuser anbelangt ist das schnell aufgezählt: Das dem Büro- und Geschäftshaus Rü 62 angeschlossene Parkhaus an der Bertholdstraße bietet rund 100 öffentliche Plätze an, der große Rest ist fest vermietet. Das Hotel Arosa besitzt eine relativ kleine öffentliche Tiefgarage, auch im Girardethaus gibt es 395 Stellplätze, ungefähr je zur Hälfte fest vermietet und frei verfügbar.
„Wir müssen die Auslastung des Parkraums in Rüttenscheid noch genauer ermitteln“, sagt Simone Raskob. Erst danach könne man abschätzen, ob die von Rüttenscheider Stadtteilpolitikern forcierte Idee von Bezirksparkhäusern überhaupt eine Chance hat. „Die Frage ist, ob die Menschen bereits sind, dafür zu zahlen“, so Raskob. Nur dann könne man mit Aussicht auf Erfolg Investoren finden. Ganz billig, davon darf man ausgehen, wird ein solcher Stellplatz nicht, wenn schon Rüttenscheider Wohnungsbaugesellschaften ihren eigenen Mietern in der hauseigenen Tiefgarage 100 Euro und mehr pro Monat abverlangen.
Interessengemeinschaft sieht drei mögliche Flächen für ein neues Parkhaus
Alles andere als trivial ist auch die Grundstücksfrage. „Wir haben in Rüttenscheid nicht viele Standorte, an denen neue Parkhäuser möglich wären“, sagt Rolf Krane, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR). Er sehe nur drei potenzielle Flächen, alle im Abstand von hundert Metern rund um die Martinstraße: Auf dem Gelände von Westnetz, wo gerade Abrissarbeiten laufen; auf der Mittelinsel der Martinstraße, wo es noch die Fundamente der früheren Straßenrampe gibt und wo eine Art Paternoster-Parkhaus wie einst für die Smarts möglich wäre; schließlich ließe sich eventuell im Hinterhof des Sparkassen-Gebäudes, jetzt ein Parkplatz, ein Parkhaus errichten.
An größeren und teilweise gebührenpflichtigen Parkplätzen zählt die IGR elf auf, vom großen Rüttenscheider Platz, der an Markttagen allerdings nicht zur Verfügung steht, bis zu kleineren an Wehmenkamp, Goethestraße oder Annastraße – alles in allem um die 500 Plätze. Für einige von ihnen hatten die Grünen jüngst vorgeschlagen, sie lieber in Spielplätze für Kinder umzuwandeln.
Weiterhin schwach genutzt wird der große Messeparkplatz P2 (ehemaliger Güterbahnhof), bei dem Autofahrer oft nicht genau wüssten, ob er nun zur Verfügung steht oder nicht. Auch Krane meint, die entsprechenden Informationen an den Zufahrtsstraßen müssten dringend verbessert werden. „Sonst fahren viele da gar nicht erst runter.“
Baudezernentin Raskob favorisiert das Anwohnerparken auch für Rüttenscheid
Auf der Rüttenscheider Straße gibt es 376 Parkplätze, alle bewirtschaftet. Die Zahl der kostenfreien Parkplätze in den Neben- und Wohnstraßen dürfte in die Tausende gehen, wie viele es genau sind, soll ebenfalls noch ermittelt werden. Die spannende Frage ist: Bleibt es mittelfristig bei den kostenfreien Plätzen für jedermann, egal ob Anwohner oder Pendler? Wenn es nach Baudezernentin Simone Raskob geht, eher nicht. Sie lässt durchblicken, dass sie gerne das Anwohnerparken auch in Rüttenscheider Quartieren einführen würde.
„Im Folkwangviertel haben wir mit dem Anwohnerparken gute Erfahrungen gemacht“, sagt Raskob, die allerdings einschränkt, bei Anwohnern würden mit diesem Instrument mitunter Erwartungen geweckt, die nicht alle erfüllbar seien. Die Privilegierung mit einer kostenpflichtigen Parkkarte bedeute nicht, dass jeder Anwohner einen garantierten Platz erhalte, auch gebe es Verdrängungseffekte in Vierteln mit kostenfreiem Parkraum, die dann umso mehr Druck ausgesetzt sind.
Die Interessengemeinschaft Rüttenscheid hält absolut gar nichts vom Anwohnerparken und hat dazu eine umfangreiche Dokumentation mit klarer Meinung auf ihre Webseite gestellt. Im Mittelpunkt steht die Sorge, dass die Kunden von Geschäften und Gastronomie es dann noch schwerer hätten als jetzt, einen Parkplatz zu bekommen. Außerdem sei das Instrument nicht effektiv bei der Nutzung des knappen Parkraums. Viele Anwohner führen morgens mit ihrem Auto weg, es spräche nichts dagegen, wenn dann Pendler den Parkplatz besetzen. Im Idealfall spiele sich der Tausch dann abends umgekehrt ab.
Erst wenn sich die Restaurants spätabends leeren, gibt es wieder bessere Parkplatz-Chancen
Manchmal mag dies so klappen, aber bestimmt nicht immer. Denn am frühen Abend kommen die motorisierten Gastronomiebesucher, mit denen Anwohner dann konkurrieren. Und erst wenn sich die Restaurants am späteren Abend leeren, ist oft plötzlich wieder Platz, wo man vorher ergebnislos um den Block fuhr. Für den Erhalt der Rüttenscheider Mischung seien aber nun einmal alle Gruppen wichtig: Anwohner, Pendler und Kunden.
Die IGR hat deshalb die Sorge, dass sich Politik und Stadtverwaltung übernehmen könnten, wenn sie in einem so dynamischen Stadtteil mit seinen vielen Interessen eine rigidere Park-Ordnung schaffen wollten, zumal eine Patentlösung unmöglich scheint. Einiges zu tun also für Oberbürgermeister Thomas Kufen, der sich vorbehalten hat, selbst zu moderieren, wenn es um das verminte Thema „Verkehr in Rüttenscheid“ geht.