Essen-Borbeck. Schausteller und Anlieferer dürfen nicht mehr das Borbecker Schlosstor passieren, sondern müssen Umwege fahren. Das nervt auch die Anwohner.

„Nur die Feuerwehr darf ab sofort noch das historische Tor zum Borbecker Schlosspark passieren“, sagt die Stadt. Allen anderen bleibt künftig nur der Umweg über die Straßen Schloßwiese, Schloßgarten und einen noch schmaleren Waldweg. Die Anwohner sind empört.

Die schmiedeeiserne Toranlage, zwischen den Jahren 1680 und 1690 erbaut, stand schon häufiger im Fokus. Bedauerlicherweise deshalb, weil das Kunstwerk schon mehrmals durch rangierende Lkw beschädigt wurde; zuletzt im Jahr 2017 bei den Aufbauarbeiten rund um die Osterkirmes. Im Nachgang musste das Tor aufwendig von einer Fachfirma aus Kupferdreh repariert und gerichtet werden.

Stadt Essen hat 150.000 Euro in die Sanierung der Toranlage investiert

Restaurator-Meister Björn Zywicke hat die Pfeiler am historischen Schlosstor in Borbeck restauriert und mit Naturstein verkleidet.
Restaurator-Meister Björn Zywicke hat die Pfeiler am historischen Schlosstor in Borbeck restauriert und mit Naturstein verkleidet. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Insgesamt 150.000 Euro, so erklärt Stadtsprecherin Jacqueline Schröder, habe die Stadt zuletzt in die Instandsetzung investieren müssen. Auch deshalb, weil unter der Last schwerer Fahrzeuge der Untergrund der Toreinfahrt nachgab, die Fundamente der mit Naturstein gestalteten mächtigen Torpfeiler beschädigt wurden und diese in Schieflage gerieten.

Erst seit Ende Dezember 2021 dreht das denkmalgeschützte Schlosstor wieder perfekt in den Angeln. Und dies soll auch so bleiben. Deshalb hat die Stadt nun beschlossen, dass das Tor von Anlieferern nicht mehr durchfahren werden darf. Einzig und allein der Feuerwehr sei es vorbehalten, im Notfall diese Regel zu brechen.

Testfahrt mit einem Schausteller über die neue Route

Richard Müller, 2. Vorsitzender des Schaustellerverbands, ist von der neuen Route nicht sonderlich begeistert. „Aber es ist auch nicht unsere Entscheidung. Wir wollen die Leute hier nicht verärgern, sondern mit ihnen gemeinsam feiern.“ Bezirksbürgermeisterin Margarete Rodering hört aufmerksam zu.
Richard Müller, 2. Vorsitzender des Schaustellerverbands, ist von der neuen Route nicht sonderlich begeistert. „Aber es ist auch nicht unsere Entscheidung. Wir wollen die Leute hier nicht verärgern, sondern mit ihnen gemeinsam feiern.“ Bezirksbürgermeisterin Margarete Rodering hört aufmerksam zu. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Am vergangenen Mittwoch startete die Stadt unter Beteiligung von Feuerwehr, Straßenverkehrsbehörde, Grün und Gruga, Immobilienwirtschaft, Ortspolitikern und Nachbarn eine Testfahrt über die neue Route. Schausteller Richard Müller klemmte sich hinter das Lenkrad seines riesigen Transporters eines seiner Fahrgeschäfte. Im Vorfeld waren deshalb Sträucher und sogar Äste einzelner Bäume beschnitten worden, damit der hohe Truck unbeschadet passieren kann.

Dennoch musste der Schausteller sein gesamtes fahrerisches Können aufbieten, um das Gespann durch den schmalen Waldweg zu manövrieren. Besonders der Übergang von der Straße Schloßgarten in den Park bereitete sichtlich Mühe. „Dort muss wohl noch etwas begradigt werden“, sagt Ulrich Schulte-Wieschen. Der SPD-Fraktionschef in der Bezirksvertretung IV ist selbst skeptisch ob der gefundenen Lösung. „Die Durchfahrt durchs Schlosstor ist breiter als der Waldweg“, gibt er zu bedenken.

Anwohner formulieren Fragenkatalog in der Bezirksvertretung

Abnehmbare Poller trennen die Schloßwiese und die Schloßstraße. Es gibt nur wenig Verkehr. Dies dürfte sich künftig ändern.
Abnehmbare Poller trennen die Schloßwiese und die Schloßstraße. Es gibt nur wenig Verkehr. Dies dürfte sich künftig ändern. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Proteste gab es schon am Tag zuvor. Vier Anwohner legten der Bezirksvertretung Borbeck einen umfangreichen Fragenkatalog vor. Cornelia Kapteina-Frank (68) wohnt an der Straße Schloßgarten. Sie und ihre Nachbarn führen ein ruhiges Leben im Schatten des Schlosses.

Westerberg istkeine Alternative

Die Frage der Anwohner, warum generell der extra angelegte Kirmesplatz am Westerberg (Frintroper Straße)nicht genutzt werde, beantwortet sich für Ulrich Schulte-Wieschen (SPD) wie folgt: „Das Schlossparkfest wird an zwei Orten parallel gefeiert. Im Park am neuen Biergarten und auf der Schloßstraße, die dazu extra gesperrt wird.“ Für beide Aktivitäten wäre der KIrmesplatz zu klein. Eine Teilverlagerung würde das Fest zu weit auseinanderreißen.Die Anwohner wollen nun prüfenlassen, ob das Tempo für den Verkehr auf der Straße Schloßgarten weiter gesenkt werden könnte. Bislang gilt dort Tempo 30, „doch selbst das sei wegen der Unübersichtlichkeit der Einmündungen noch zu schnell“, sagen sie.

„Die Schloßwiese ist schon seit 40 Jahren eine Sackgasse, seit sich dort ein tödlicher Unfall ereignet hatte“, erklärt die Seniorin. Nun bangt sie wegen des zu erwartenden stärkeren Verkehrs um das Wohl der Nachbarskinder, aber auch um das der älteren Menschen, die dort mit Rollator unterwegs sind. „Immerhin gibt es ja nicht nur die Osterkirmes, sondern auch das Schlossparkfest sowie kulturelle Veranstaltungen im Park, die den Aufbau einer Bühne notwendig machen. Da kommt einiges zusammen.“

Eine weitere Frage war, wie diese Maßnahmen im Einklang mit dem 2016 begonnenen Parkpflegewerk stehen, für das Fördermittel des Landes geflossen sind. „Hier wurde sogar eine in diesem Zusammenhang aufgestellte Metalltafel, die später Informationen zu historischen Plätzen des Parks zeigen sollte, noch vor Inbetriebnahme wieder entfernt, um die Durchfahrtsbreite für die großen Lkw zu erhöhen“, sagt sie.

Frage nach dem gültigen Denkmalschutz

Cornelia Kapteina-Frank verweist zudem auf den Denkmalschutz, der seit 2012 für den Schlosspark gilt. Im Vorfeld zur Testfahrt seien auch zwei dekorative Findlinge nahe der Realschule entfernt worden. „Wurde das geprüft und abgesegnet? Bei Ortstermin jedenfalls war das Amt für Denkmalschutz nicht vertreten.

Cornelia Kapteina-Frank (68) wohnt an der Straße Schloßgarten. Sie sorgt sich um das Wohl der Nachbarskinder und der Senioren, die dort mit dem Rollator unterwegs sind.
Cornelia Kapteina-Frank (68) wohnt an der Straße Schloßgarten. Sie sorgt sich um das Wohl der Nachbarskinder und der Senioren, die dort mit dem Rollator unterwegs sind. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Was sie wundert: „Die Feuerwehr würde bei einer Tordurchfahrt den Untergrund genauso belasten, wie es zuletzt noch die Fahrzeuge der Schausteller der Osterkirmes taten.“ Die seien nämlich noch durchs Tor in den Park gelangt. „Doch dafür gab es eine Ausnahmegenehmigung“, erklärt Bezirksbürgermeisterin Margarete Roderig.

Und noch eine Frage brannte den Anwohnern unter den Nägeln: „Werden die Schloßwiese und der Schloßgarten während des Schloßparkfestes Ende Juli und anderer Aktivitäten für den Zulieferverkehr auch mit einem Halteverbot belegt, wie es vor der Testfahrt der Fall war? Oder wird der Parkraum künftig gar für die Wohnwagen der Schausteller frei gehalten? Die anwesenden Fachleute machten deutlich: Die Straßen müssen für die Anlieferer frei bleiben, es gilt also Halteverbot für alle während der Dauer der Events.

Aber was passiert eigentlich, wenn die geplante Sanierung von Schloss Borbeck beginnt? „Fahren dann alle Bauwagen, Maschinen und Lkw über die neue Route in den Park, fragen sich die besorgten Anwohner. Darauf hat bislang auch Bezirksbürgermeisterin Roderig keine Antwort, da das Thema beim Ortstermin von der Verwaltung unbeantwortet blieb. Dies sei zu diesem frühen Zeitpunkt nicht das Thema. Roderig indes monierte, dass die Anwohner nicht, wie geplant, über die Testfahrt informiert worden seien. „Es wurde Halteverbotsschilder aufgestellt, doch den versprochenen Flyer zur Aktion hat es nicht gegeben.“

Verkehrsregelung während der Sanierung von Schloss Borbeck noch ungeklärt

Ein weiterer Aspekt hat sich mittlerweile geklärt: Die Anwohner hatten in der BV auch die Hüpfburg am neuen Biergarten im Schlosspark zur Sprache gebracht, weil sie eine „Salami-Taktik“ befürchten, die Event-Aktivitäten im Park Stück für Stück auszuweiten. Dazu Florian Hecker von der Essener Marketing (EMG): „Es gibt eine genehmigte Veranstaltungsanmeldung für die Biergartenfläche im Schlosspark, in deren Rahmen eine Hüpfburg rechtens ist.“

Schlussendlich ist auch Schausteller Richard Müller mit der neuen Route nicht sonderlich glücklich: „Wir wollen die Menschen hier nicht verärgern, sondern gemeinsam mit ihnen feiern.“ Die Entscheidung, so sagt er, haben nicht wir, sondern andere getroffen.